Klinische und genomische Merkmale der nichttuberkulösen Mykobakterien in Europa entschlüsselt26. Juli 2024 Foto: © Yurii Kibalnik – stock.adobe.com Eine multinationale europäische Studie liefert erstmals umfassende klinische und genomische Daten des Mycobacterium-avium-Komplexes aus Kontinentaleuropa. Die Daten schlüsseln die Populationsstruktur dieser Erregergruppe auf und zeigen, dass Plasmide eine wichtige Rolle bei der Evolution und möglicherweise auch bei der Resistenz und Virulenz dieser Bakterien spielen. Wenn von Mykobakterien die Rede ist, denkt man in der Regel an Mycobacterium tuberculosis. In der Natur kommen jedoch mehr als 200 verschiedene Bakterien dieser Gattung vor. Um sie von den Tuberkuloseerregern zu unterscheiden, werden sie als nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) bezeichnet. Die häufigste Gruppe von NTM, die in Europa klinisch relevante Krankheiten verursacht, ist der M.-avium-Komplex (MAC). Bei den meisten Menschen verursachen diese Bakterien keine Krankheiten, bei immungeschwächten oder älteren Menschen, aber auch bei Kindern, können die NTM zu schweren Lungeninfektionen und Lymphknotenentzündungen führen. Im Gegensatz zu der Tuberkulose, bei der die Zahlen in Deutschland in den vergangenen Jahren rückläufig sind, nimmt die Zahl der durch NTM hervorgerufenen Erkrankungen seit den letzten zwei Jahrzehnten stetig zu. Besonders in den Fokus gelangt sind diese Erreger durch ein Ausbruchsgeschehen im Zusammenhang mit Geräten, die bei Herz-Operationen eingesetzt wurden. Durch verunreinigte Geräte kam es so zu einer Übertragung der Mykobakterien, die zu lebensbedrohlichen Entzündungen führten. Bisher ist nur wenig über die genetische Zusammensetzung, die krankheitsauslösende Wirkung und die Übertragungswege bei den Erregern des M.-avium-Komplexes bekannt. In dieser Studie, die nun in der Fachzeitschrift „Genome Medicine” veröffentlicht wurde, liefern die Forschenden nun erstmals eine umfassende genomische und klinsche Daten für den M.-avium-Komplex aus Deutschland und Kontinentaleuropa. Mittels Sequenzierung des gesamten Genoms, dem sogenannten Whole Genome Sequencing (WGS), wurden insgesamt 610 Isolate von 465 Patienten aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich untersucht. Die Forschenden konnten zeigen, dass M. avium in diesen Ländern die an der häufigsten isolierten Art aus dem MAC-Komplex ist, gefolgt von M. intracellulare subsp. chimaera und M. intracellulare subsp. intracellulare. Darüber hinaus wurden auf der Grundlage von Sequenzierungsdaten potenziell neue Arten identifiziert. Im Gegensatz zum Ausbruchsstamm aus den Herzoperationsgeräten war die Isolierung von M. intracellulare subsp. chimaera aus dieser Studienpopulation weniger wahrscheinlich mit einer klinisch relevanten Erkrankung verbunden. „Die Strukturanalyse der Populationen ergab viele Cluster eng verwandter Isolate, was auf Übertragungsereignisse hinweist. Wir glauben jedoch, dass eine Ausbreitung von Mensch zu Mensch recht unwahrscheinlich ist und dass der Kontakt mit Umweltquellen der wahrscheinlichere Übertragungsweg ist”, sagen Dr. Margo Diricks und PD Dr. Nils Wetzstein, Autoren der Studie aus dem Forschungszentrum Borstel, dem Leibniz-Lungenzentrum und dem Universitätsklinikum Frankfurt. Die Studie zeigt auch das Vorhandensein von Plasmiden bei einem großen Teil der MAC-Isolate in Europa, insbesondere bei M. intracellulare subsp. chimaera, was auf eine bedeutende Evolutionsgeschichte und Bedeutung bei diesen Bakterien hinweist. Plasmide sind ringförmige DNA-Strukturen, die in vielen Bakterien vorkommen, bei M. tuberculosis jedoch nicht vorhanden sind. Sie können sich unabhängig voneinander in der Zelle vermehren und können eine Rolle bei der Übertragung von Virulenzfaktoren und Resistenzgenen spielen. Die Autoren schlagen vor, dass künftige Studien vorrangig die vorherrschenden Übertragungswege für MAC untersuchen und die mögliche Rolle von NTM-Plasmiden bei der Verbreitung von Virulenz und Resistenz erforschen sollten.
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