Knieprothesen für Kinder aus dem 3-D-Drucker24. August 2021 Maschinenbaustudent Lars Thalmann und Nicole Lefort, die seine Masterarbeit an der THGA betreut. Foto: Volker Wiciok/THGA/ In seiner Masterarbeit entwickelt Lars Thalmann 3-D-gedruckte Knieprothesen für Kinder in Kolumbien weiter. Dabei nimmt er das künstliche Gelenk genau unter die Lupe. Über verschiedene Druck- und Zugtests konzipiert der Maschinenbaustudent die Knieprothese so, dass Kinder bis zehn Jahren sie problemlos nutzen können. Seine Ergebnisse fasst er nun in Anleitungen zusammen, damit die Menschen in Kolumbien die Prothesen nachdrucken können. Thalmann hat eine Mission: Er möchte Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Beeinträchtigung durch funktionale Produkte aus dem 3-D-Drucker noch mehr Lebensfreude schenken. Dafür engagiert er sich bei e-Nable, einem in über 120 Ländern tätigen Netzwerk, das mechanische Hände und Arme für diese Menschen druckt. In seiner Masterarbeit an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, hat der 39-Jährige sein Herzensprojekt nun konsequent weitergedacht: In Zusammenarbeit mit der kolumbianischen Organisation GiveMe5, einem Partner von e-Nable, entwickelt der Maschinenbaustudent 3-D-gedruckte Knieprothesen für Kinder in Kolumbien weiter, die dadurch den Spaß am Spielen und Toben neu entdecken. Verlängert um einen Unterschenkel funktionieren diese Prothesen rein über die Schwerkraft – wenn der Träger den noch vorhandenen Oberschenkel bewegt, richtet sich die Beinprothese ideal zum Boden aus. „Unsere Produkte können damit auf keinen Fall das leisten, was elektrisch gesteuerte Modelle für mehrere tausend Euro können“, betont Thalmann. „Es geht uns einfach darum, dass Eltern sich zum Beispiel keinen Kopf mehr machen müssen, wenn ihre Kinder im Sand spielen wollen – da überlegt man sich ja schon, ob das 7000 Euro teure Hightech-Gerät dafür herhalten soll.“ Im Falle der Kinder in Kolumbien sei es außerdem wichtig, eine praktikable und gleichzeitig kostengünstige Variante bereitzustellen.Mit seiner Entwicklung führt Thalmann die Arbeit von Christian Silva, Gründer von GiveMe5, fort. Silva stellte 3-D-gedruckte Beinprothesen zusammen und unterzog diese einer Ganganalyse, um zu schauen, ob das Zusammenspiel aus Knie- und Fußgelenk gut funktioniert und Kinder damit laufen können. Thalmann hat das Kniegelenk, das beim Laufen einer großen Belastung ausgesetzt ist, in seiner Masterthesis noch einmal genauer betrachtet: Wo wirken welche Kräfte? Was muss das Gelenk aushalten? Wie dick sollten die einzelnen Kunststoffteile gedruckt werden? Geprüft auf Herz und Nieren: Welcher Belastung hält die Knieprothese aus dem 3D-Drucker stand? Foto: Volker Wiciok/THGA Über diese wissenschaftliche Annäherung, verschiedene Druck- und Zugtests optimierte er das künstliche Kniegelenk immer weiter und konzipierte es am Ende so, dass Kinder bis zehn Jahren die Prothese problemlos nutzen können. Für die Fertigung wird biologisch abbaubarer Kunststoff (PLA) verwendet, der nicht nur den Nachhaltigkeitsgedanken fördert, sondern die Belastungstests auch bei über 40 Grad besteht. Betreut wurde Thalmanns Arbeit an der THGA von Dr. Nicole Lefort; zudem wurden Third-Mission-Gelder der Hochschule für das Projekt bewilligt, um weiteres Druckmaterial und -zubehör kaufen zu können. Seine Ergebnisse stellt der Student nun in Anleitungen zusammen, damit die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von GiveMe5 die Prothesen vor Ort nachdrucken können. „Ich bin der Meinung, dass Maschinen dem Menschen dienen, ihn nach vorne bringen sollen. Und wenn man als Experte in 3-D-Druck und Maschinenbau anderen Menschen helfen kann, ist das für mich eine super Sache“, so Thalmann. Hintergrund: Seit Ende 2015 beschäftigt sich Thalmann mit dem 3-D-Druck, ist so auf e-Nable aufmerksam geworden. Da es in Deutschland damals noch keine Gruppe gab, baute er hier ein sogenanntes „Chapter“ auf, realisiert seitdem eigene Projekte. Die 3-D-Drucker stehen bei ihm zuhause, haben schon etliche Hände und Arme für Kinder mit Beeinträchtigung, aber auch Beinprothesen für Vögel – etwa für den Afrikanischen Sekretär Söckchen aus dem Weltvogelpark Walsrode – gedruckt. Materialkosten für eine Kinderhand: 20 Euro, das Drucken dauert 24 Stunden. Anschließend müssen die Teile noch gesäubert und zusammengebaut werden. Die fertigen Modelle zeigen die e-Nable-Mitglieder auf Messen, damit sich interessierte Familien informieren und zu Workshops anmelden können, in denen sie unter Anleitung und auf den Druckern des Teams ihre eigenen Produkte drucken können. Diese dürfen die Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer kostenlos behalten.
Mehr erfahren zu: "Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen" Zwei große Schritte zum aufrechten Gang des Menschen Eine neue internationale Studie konnte nun die Schritte entschlüsseln, die das menschliche Becken im Laufe von Millionen von Jahren so veränderten, dass zweibeiniges Gehen möglich wurde.
Mehr erfahren zu: "Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt" Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz eines kleinen Moleküls als Blocker zur Hemmung des SUMO2-Proteins eine erfolgreiche Strategie gegen Synovialsarkome sein könnte.
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]