Können Hörgerät und Cochlea-Implantat vor Demenz schützen?1. März 2019 Foto: © freshidea – Fotolia.com Seit längerem beobachten Forscher, dass Menschen mit Hörstörungen im Alter überproportional häufig an einer Demenz erkranken. Noch ist unklar, welchen Anteil eine Hörstörung für sich allein an kognitiven Einbußen im Alter hat. Sollte dies der Fall sein, dann könnten ein Hörgerät oder ein Cochlea-Implantat einen wichtigen Beitrag zum „gesunden Altern“ leisten, so eine Expertin der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO KHC) anlässlich des Welttags des Hörens am 3. März. Mit 65 Jahren ist jeder dritte Mensch auf beiden Ohren schwerhörig. Diese Hörstörung führt dazu, dass ältere Menschen im Radio und Fernsehen nicht mehr alles mitbekommen, im Gespräch weniger gut folgen können und daher die Gesellschaft anderer meiden. „Die soziale Isolierung und die fehlenden Anregungen durch die Umwelt könnten langfristig dazu führen, dass Menschen mit Hörstörungen sich geistig nicht mehr so gut entfalten können und deshalb schneller abbauen“, berichtet Privatdozentin Dr. Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum. Dafür gebe es Hinweise aus Kohortenstudien, in denen schwerhörige Menschen über längere Zeit beobachtet wurden. In einer Studie zeigte sich, dass das Risiko, langfristig an einer Demenz zu erkranken, bei mittelgradigen Hörstörungen um das dreifache und bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit sogar um das fünffache erhöht war. „Obwohl es hierzu in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen gab, ist ein abschließendes Urteil derzeit noch nicht möglich, schränkt Völter ein. Wenn sich die Vermutung allerdings bestätigen sollte, dann könnte die Behandlung von Hörstörungen einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung einer Demenz im Alter leisten. „Das Hörvermögen wäre dann einer der wenigen heute bekannten Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz, die sich auch behandeln ließe“, sagt Völter. Und weil Hörstörungen häufig sind, könnte dies auch gesellschaftspolitisch eine Relevanz haben. Eine Hörrehabilitation ist durch Hörgeräte und seit einigen Jahren auch durch Cochlea-Implantate möglich. Völter dazu: „Auch Menschen, deren Schwerhörigkeit weit fortgeschritten ist, können mit einem Cochlea-Implantat wieder hören.“ Erste prospektive Studien deuten darauf hin, dass sich bei einem Teil der älteren Patienten einzelne neurokognitive Fähigkeiten bereits sechs Monate nach der Versorgung mit einem solchen Hörimplantat verbessern. „Für eine abschließende Beurteilung ist es jedoch noch zu früh“, sagt die Expertin: „Die bisherigen Untersuchungen wurden nur an wenigen Patienten durchgeführt. Auch fehlten bislang noch Langzeitergebnisse. Hier gelte es, die Auswertung der derzeit laufenden internationalen Studien abzuwarten.“ Unabhängig davon, ob eine Hörrehabilitation die Entwicklung von Demenzerkrankungen beeinflussen kann, wirken sich Hörgeräte und Cochlea-Implantate jedoch überaus positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus. Dies belegen Studien, aber auch die Erfahrung im klinischen Alltag, so Völter: „Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Menschen mit einem guten Hörvermögen auch länger geistig fit bleiben“. Literatur: Lin FR et al. Hearing Loss and Incident Dementia. Arch Neurol. 2011; 68(2): 214-220 Loughrey DG et al. Association of Age-Related Hearing Loss With Cognitive Function, Cognitive Impairment, and Dementia. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2018; 144(2): 115-126 Livingston G et al. Dementia prevention, intervention, and care. Lancet. 2017; 390: 2673-2734 Hughes ME et al.Hearing Aid Use in Older Adults With Postlingual Sensorineural Hearing Loss: Protocol for a Prospective Cohort Study. JMIR Res Protoc. 2018; 7(10):e174
Mehr erfahren zu: "Untersuchung am Saltonsee: Schädlicher Staub beeinträchtigt das Lungenmikrobiom" Untersuchung am Saltonsee: Schädlicher Staub beeinträchtigt das Lungenmikrobiom Wissenschaftler in den USA haben an Mäusen Untersuchungen zu lungentoxischem Staub vom Saltonsee durchgeführt. In der Studie kam es schon nach einer einwöchigen Exposition zu einer Veränderung im Mikrobiom der […]
Mehr erfahren zu: "Kritik an Apothekenreform: ALM sieht Gesundheitsversorgung gefährdet" Kritik an Apothekenreform: ALM sieht Gesundheitsversorgung gefährdet Die geplante Apothekenreform des Bundesgesundheitsministeriums greift nach Ansicht des Verbandes Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) unnötig in bewährte Versorgungsstrukturen ein. Patientenzentrierte und qualitätsorientierte Labordiagnostik sei integraler Bestandteil guter Medizin […]
Mehr erfahren zu: "Evaluierung von Cochlea-Implantaten jenseits der Spracherkennung" Weiterlesen nach Anmeldung Evaluierung von Cochlea-Implantaten jenseits der Spracherkennung Die Klangqualität spielt eine viel größere Rolle für die Alltagsfunktionen und das Wohlbefinden als gedacht, so das Ergebnis einer aktuellen Studie zur Evaluierung von Cochlea-Implantaten. Wenig Einfluss hatte die Spracherkennung.