Komplex und sehr individuell: Wie sich das Gehirn mit rhythmischen Reizen synchronisiert

Transkranielle Wechselstromstimulation (tACS): Jede Person reagierte auf eine andere Stimulationsfrequenz am stärksten. Bild: MPI für empirische Ästhetik / F. Bernoully

Wie elektrische Stimulation das Hören beeinflussen kann: Das Gehirn synchronisiert sich mit rhythmischen Geräuschen und kann so Geräusche besser erkennen und verarbeiten. Transkranielle Wechselstromstimulation (tACS) kann diese Fähigkeit beeinflussen.

Die aktuelle Studie eines Teams unter Führung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main Studie baut auf früheren Arbeiten auf, die zeigen, dass tACS je nach zeitlicher Abstimmung mit eintreffenden Geräuschen Gehirnrhythmen entweder verstärken oder unterdrücken kann: Um das Zusammenspiel von elektrischer Stimulation und Hirnrhythmen zu untersuchen, hörten sich 50 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer in drei Sitzungen verrauschte Klänge an und sollten dabei kurze, kaum wahrnehmbare Pausen erkennen. Einige Male leiteten die Forschenden gleichzeitig elektrische Rhythmen mittels Elektroden über die Kopfhaut ins Gehirn, um zu prüfen, wie diese die Hirnaktivität beeinflussen.

Das Ergebnis: Wenn natürliche, rhythmische Geräusche vorhanden waren, folgte das Gehirn vor allem diesen Reizen mit deutlichen Konsequenzen für das Verhalten. Die Synchronisation des Gehirns variierte dabei, je nachdem, wie stark die Rhythmen das Geräusch dominierten. Der elektrische Strom jedoch hatte kaum Einfluss darauf. Erst, als die Geräusche kaum Rhythmen aufwiesen oder kaum wahrnehmbar waren, war ein Einfluss der elektrischen Stimulation deutlich erkennbar. Bemerkenswerterweise war die Wirkung von Person zu Person sehr unterschiedlich, jede reagierte auf eine andere Stimulationsfrequenz am stärksten.

„Die Studie zeigt, wie individuell das Gehirn auf Stimulationsfrequenzen reagiert. Schwacher Strom kann das Hören beeinflussen, aber nur wenn keine starken rhythmischen akustischen Reize stören. Und: Damit sie wirksam ist, muss die Stromfrequenz individuell angepasst werden“, erklärt Erstautorin Yuranny Cabral-Calderin vom MPIEA.

Die Forschung eröffnet neue Möglichkeiten für personalisierte Techniken zur Hirnstimulation. Diese zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung zu verbessern und möglicherweise die Rehabilitation zu unterstützen. Erstens zeigt sich, dass eine rhythmische auditive Stimulation die Gehirnaktivität zuverlässig modulieren und das Verhalten beeinflussen kann – was ihr Potenzial als kostengünstiger, nichtinvasiver Ansatz zur Neuromodulation unterstreicht. Zweitens legen die Ergebnisse nahe, dass therapeutische Anwendungen der elektrischen Hirnstimulation zur Unterstützung der auditiven Verarbeitung individuell angepasst werden sollten. Dazu müssen die Stimulationsparameter auf die endogenen Gehirnrhythmen der jeweiligen Person abgestimmt werden, um eine maximale Wirksamkeit zu erzielen.