Kongress für Kinder in O & U: Kindliches Knie und wachsender Knochen im Fokus  

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Der zweitägige Kongress in Münster steht kurz bevor. Wissenschaftliche Schwerpunkte sind das wachsende Kniegelenk und Verfahren zur inneren Schienung des wachsenden Knochens.

„Verletzungen oder Fehlbildungen am Bewegungsapparat von Kindern haben entscheidenden Einfluss auf ihre Mobilität und auf die Lebensqualität. Deshalb sind wir dabei um Behandlungen auf höchstem medizinischen Standard bemüht“, sagt Prof. Andreas Seekamp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).

Die auf dem Kongress thematisierten intramedullären Verfahren beziehen sich auf die langen Röhrenknochen, so die DGOU und erläutert: Der röhrenartige Hohlraum im Knochen wird schon seit Jahrzehnten bei Erwachsenen benutzt, um Knochen zu stabilisieren. Dabei werden über kleine Schnitte Marknägel in den Hohlraum eingebracht. Diese Technik ist in Bezug auf die Stabilität hocheffektiv – bei kleinstmöglicher Eröffnung von Haut und Weichteilen. Bei Kindern sind diese Techniken auch anwendbar, jedoch ergeben sich aufgrund der Wachstumszonen an den Enden der Knochen technische Probleme. Werden diese verletzt, kann der Knochen nicht mehr wachsen. „Daher kann man nicht wie beim Erwachsenen den kindlichen Knochen mit dem Marknagel gewissermaßen auffädeln. Hier haben sich in den letzten Jahren neue Techniken etabliert, um diese Stabilisierungstechniken auch für die kleinen Patienten nutzbar zu machen“, sagt Prof. Robert Rödl, Kongresspräsident und Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster.

Nach Angaben der DGOU sind von besonderer Bedeutung auch die mitwachsenden Nägel (Teleskopnägel), die über lange Zeit den wachsenden Knochen stabilisieren können. Die Fachgesellschaft erläutert: Bei Patienten mit brüchigen Knochen, wie der Glasknochenkrankheit oder Krankheiten, die den Knochen in Bindegewebe umwandeln, ermöglichen diese Verfahren den Patienten, auf den eigenen Beinen zu stehen und zu gehen. Neben diesen passiv mit dem Knochen mitwachsenden Nägeln wurden zuletzt auch Nägel entwickelt, die den Knochen aktiv verlängern. So kann man Knochen 10 cm und mehr künstlich wachsen lassen. Früher konnte dieses künstliche Wachstum nur durch Fixateur externe erzeugt werden. Die jetzt entwickelten Verlängerungsmarknägel sind so dünn und klein geworden, dass sie auch in den Markraum der Kinderknochen passen und die äußeren Knochenspanner mehr und mehr der Vergangenheit angehören. „So werden auf dem Kongress faszinierende Techniken vorgestellt und wir diskutieren ihre Anwendungsmöglichkeiten. Auch künstliche Intelligenz und Virtual Reality halten mehr und mehr Einzug in der Diagnostik und Therapieplanung. Die Ultraschalldiagnostik wird weiter standardisiert, um die Strahlenbelastung durch das konventionelle Röntgen weiter zu reduzieren“, sagt Kongressvizepräsidentin Prof. Dorien Schneidmüller, Leitende Oberärztin der Kindertraumatologie, BGU Murnau. 

Weiterer Kongressschwerpunkt ist das kindliche Kniegelenk: Im Bereich des Kniegelenkes verläuft die Wachstumszone des Oberschenkelknochens, die am stärksten zum Beinwachstum beiträgt. Eine Verletzung in diesem Wachstumsbereich und auch Operationen in der Nähe dieses Wachstumsbereichs haben laut DGOU immer das Potenzial, erhebliche Schäden zu hinterlassen. „Ein dadurch deformiertes oder nicht ausreichend bewegliches Kniegelenk kann für die kleinen Patienten zu einem lebenslangen Handicap führen, das wollen wir verhindern“, sagt Prof. Anna K. Hell, Präsidentin der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und Leiterin des Schwerpunktes Kinderorthopädie der Universitätsmedizin Göttingen. Im Rahmen des Kongresses tauschen sich die Kinderorthopäden und -traumatologen über hochspezialisierte OP-Techniken aus, um eine Verletzung dieser Zone zu vermeiden und damit die Beeinflussung des Wachstums und eine damit verbundene drohende Behinderung abzuwehren.

Ein weiteres großes Thema der Kinderorthopäden und -traumatologen ist die Prävention. Es geht darum, Unfälle von Kindern zu verhindern. „Besondere Unfallrisiken finden sich beim Trampolin, auf dem Schulweg, beim Fahrradfahren ohne Helm und nicht zuletzt beim Sport. Einfache Regeln und niederschwellige Maßnahmen können hier viel bewirken“, sagt der Leiter der DGU-Sektion Kindertraumatologie Prof. Peter Strohm, er arbeitet an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Sozialstiftung Bamberg. Aber nicht nur das Verhindern von Unfällen, auch das frühe Erkennen von Fehlentwicklungen im Rahmen der Wachstumsschübe kann laut DGOU über den kindlichen Lebensweg entscheiden. Dabei geht es um Hüftfehlstellungen, Beinfehlstellungen, Rückenverbiegungen und Bewegungsmangel. Auch hier könne mit wenig belastenden Eingriffen viel erreicht werden.

Der Kongress, der vom 7. bis 8. März in Münster stattfindet, wird initiiert von der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und der Sektion Kindertraumatologie (SKT) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU).