Kopf-Hals-Tumoren: Bis zu 21 Prozent höhere Überlebenschancen durch Behandlung in zertifizierten Zentren23. Mai 2022 Foto: wladimir1804/stock.adobe.com Wenn Kopf-Hals-Krebs-Patienten sich in zertifizierten Zentren behandeln lassen, steigt ihre Überlebenschance massiv: Bei Kopf-Hals-Tumoren der Stadien I bis III um 21 Prozent im Vergleich zur Behandlung in Einrichtungen ohne Zertifikat. Die DGMKG empfiehlt Patienten daher Therapie und Beratung in zertifizierten Zentren. Das zeigt eine vom Innovationsfond des G-BA geförderte großangelegte Untersuchung, die unter anderem vom Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der TU Dresden und von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) für elf onkologische Erkrankungen aus rund einer Millionen Behandlungsfällen mit Patienten unterschiedlicher Krebserkrankungen durchgeführt wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) empfiehlt daher Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, sich in zertifizierten Kliniken beraten und therapieren zu lassen. Hier behandeln fachübergreifende, erfahrene und spezialisierte Teams und ermöglichen Betroffenen eine optimale, direkt auf ihren Tumor zugeschnittene Behandlung aus Chemo- und Strahlentherapie. „Bei einer Krebserkrankung ist eine frühe und sichere Diagnose sowie eine auf den Tumor optimal ausgerichtete Therapie ausschlaggebend für die Heilungs- und Überlebenschance“, erklärt Prof. Torsten Reichert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Regensburg. Dass dies in zertifizierten Kliniken besonders gut und effektiv gelingt, zeigt nun das vom G-BA geförderte Innovationsfond-Projekt „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen). „Wie erwartet zeigte sich, dass die Behandlungsergebnisse mit der Spezialisierung steigen – das gilt auch für unseren Bereich der Kopf-Hals-Tumore“, resümiert Reichert das Studienergebnis. „Interessant sind die Zahlen zur Überlebensrate: Die allgemeine Sterblichkeit bei Kopf-Hals-Krebs sinkt in zertifizierten Zentren um elf Prozent und bei Kopf-Hals-Tumoren der Tumorstadien I bis III sogar um 21 Prozent im Vergleich zu nicht-zertifizierten Einrichtungen. In diesen Tumorstadien besitzt die chirurgische Therapie einen besonders hohen Stellenwert. Zu den häufigsten Risiken für Kopf-Hals-Tumoren gehören Rauchen, regelmäßiger hoher Alkoholkonsum, virale Infektionen durch das humane Papillomvirus (HPV) und der regelmäßige Umgang mit Schadstoffen wie Asbest oder chrom- und nickelhaltigen Farben und Lacken. Ein Hinweis auf eine Krebserkrankung im Mund- und Halsbereich können Schwellungen, Verfärbungen, Geschwüre, Schluckbeschwerden oder eingeschränkte Beweglichkeit der Zunge sein. „Eine geringere Rolle spielen UV- und radioaktive Strahlung, schlechte Mundhygiene, ein schwer geschwächtes Immunsystem und chronische Verletzungen der Schleimhaut“, ergänzt Reichert. Therapeutisch hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Ein aktuelles Forschungsgebiet ist die Immunonkologie, bei der der Körper angeregt wird, mithilfe seines Immunsystems auf Tumorzellen zu reagieren. Sie verspricht relativ wenig Nebenwirkungen, eine besondere Wirksamkeit und ist nicht nur auf Lebensverlängerung, sondern auch auf mehr Lebensqualität ausgerichtet. „In spezialisierten Zentren arbeiten Experten mit diesen und anderen aktuellen diagnostischen und therapeutischen Erkenntnissen und können ihre Patienten von den neuesten Entwicklungen profitieren lassen“, erklärt Reichert, der in Regensburg ein zertifiziertes onkologisches Kopf-Hals-Tumorzentrum leitet. „Ein Kerninstrument dafür sind aktuelle wissenschaftliche Leitlinien, in denen erfolgsversprechende diagnostische und therapeutische Standards empfohlen werden“, führt Reichert aus. Er verweist auf die jüngst aktualisierte und unter Federführung der DGMKG erschienene S3-Leitlinie zum Mundhöhlenkarzinom. Die nun in der Studie sehr deutlich dargelegten Vorteile einer spezialisierten Krebsbehandlung sollten zur Diskussion anregen, ob nicht jeder Patient mit einem Kopf-Hals-Tumor in einem zertifizierten Zentrum versorgt werden sollte, so Reichert. „Es wäre außerdem fatal, wenn diese wertvollen Ergebnisse nicht in die weiteren Aktivitäten des Nationalen Krebsplans mit einfließen würden.“ Der DGMKG-Experte fordert in diesem Zusammenhang auch, dass dann die Vergütungssituation entsprechend angepasst werden müsse, denn noch seien spezialisierte und zertifizierte Zentren unterfinanziert.
Mehr erfahren zu: "Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen" Weiterlesen nach Anmeldung Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen Ein Forschungsteam der Johns Hopkins University (USA) hat herausgefunden, dass sequenzierte Tumorproben deutlich weniger mikrobielles Erbgut aufweisen, das tatsächlich mit einer bestimmten Krebsart assoziiert ist, als bisher angenommen. Bisherige Ergebnisse […]
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]
Mehr erfahren zu: "Lassen sich Depressionen und Schmerzen über das Ohr bekämpfen?" Lassen sich Depressionen und Schmerzen über das Ohr bekämpfen? Depressionen, Schlafstörungen, Schmerzen – Millionen Menschen leiden unter langwierigen medizinischen Problemen. Forschende der Hochschule Fresenius und der Universität Düsseldorf arbeiten an einer ungewöhnlichen Lösung. Ausgerechnet das Ohr wird dabei wichtig.