Kopfschmerztherapie gehört in fachärztliche Hände5. September 2024 Die Zahl der Krankschreibungen aufgrund von Kopfschmerzen ist seit 2003 stark gestiegen. (Foto: © Krakenimages.com – stock.adobe.com) Kopfschmerzerkrankungen sind keine Bagatelle, ihre Behandlung gehört vielmehr in fachärztliche Hände. Darauf weisen die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Hirnstiftung anlässlich des Kopfschmerz- und Migräne-Tages am 5. September hin. Die Zahl der Menschen, die sich wegen Kopfschmerzen krankschreiben lassen, hat sich seit 2003 insgesamt vervierfacht, auch jüngere Menschen sind häufig betroffen.1 Gerade eine Migräne, die neben Schmerzen oft auch mit Übelkeit und Erbrechen einhergeht, beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen stark. Die Daten einer repräsentativen bevölkerungsbezogenen Studie in Deutschland des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 20202 zeigten allerdings, dass lediglich 7,3 Prozent der betroffenen Migräne-Patientinnen und -Patienten zur Therapie akuter Kopfschmerzattacken Triptane einnahmen. Die Mehrheit der Betroffenen verwendete freiverkäufliche Schmerzmittel, die nicht speziell gegen Kopfschmerzen entwickelt wurden: 46 Prozent behandelten ihre Migräneattacken mit Ibuprofen, 17 Prozent mit Paracetamol und zehn Prozent mit Acetylsalicylsäure. Das deutet darauf, dass viele Menschen mit Migräne keinen ärztlichen Rat einholen, denn viele der Triptane müssen ärztlich verschrieben werden. „Das ist schade, denn vielen Betroffenen könnten Schmerzen erspart werden. Es wird unterschätzt, dass die Migräne eine neurologische Krankheit ist, bei der eine neurologische Betreuung angeraten ist. Beispielsweise wissen wir, dass eine Migräne zu einem höheren Schlaganfallrisiko bei jüngeren Menschen führt3“, erklärt Prof. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. Eine langfristige Einnahme von freiverkäuflichen Schmerzmitteln kann der Gesundheit schadenDer Experte weist darauf hin, dass die Einnahme von freiverkäuflichen Schmerzmitteln ohne Rücksprache mit der Ärztin/dem Arzt meistens nicht nur weniger effektiv, sondern langfristig auch gefährlich sein kann. So können beispielsweise Medikamente der Wirkstoffklasse der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSRA) bei häufigem und mehrjährigem Gebrauch so die Nieren schädigen, dass eine Dialyse erforderlich wird. „Hinzu kommt das Risiko eines Medikamentenübergebrauchskopfschmerzes, denn Schmerzmittel können bei zu häufiger Anwendung Kopfschmerzen auslösen. Das Risiko besteht grundsätzlich auch bei Triptanen, aber die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt hat im Blick, wie viel verschrieben wird und kann bei Bedarf andere moderne Präparate kombinieren, sodass die maximale Triptan-Dosis nicht überschritten wird“. Nichtmedikamentöse Maßnahmen sind wichtig Die Deutsche Hirnstiftung weist auf Möglichkeiten der Vorbeugung hin: „Wer unter Migräne leidet, sollte regelmäßig Ausdauersport treiben, das senkt die Anfallshäufigkeit und die Stärke des Schmerzes.“ Auch sollten die bekannten Auslöser einer Attacke, die individuell ganz unterschiedlich sein können, vermieden werden. „Bei einem Patienten ist es grelles Licht, bei einer anderen Patientin Lärm. Auch Übermüdung und Stress spielen eine Rolle. Außerdem ist bekannt, dass Alkohol die Entstehung von Migräneattacken begünstigt“, erklärt Erbguth. Zwei neue Migräne-Risikofaktoren identifiziert Im Sommer sind zwei Studien publiziert worden, die auf neue Migräne-Risikofaktoren hindeuten. Die eine zeigte eine Assoziation zwischen der Einnahme von säurebindenden Medikamenten gegen Sodbrennen auf4: Unter Therapie mit Protonenpumpenhemmer, kurz PPI, war das Migräne-Risiko 70 Prozent, unter H2-Hemmern 40 Prozent und unter generischen Antazida 30 Prozent höher. „Viele Menschen nehmen unbedacht derartige ‚Magenschutz-Medikamente‘ ein, zum Teil auch dauerhaft oder prophylaktisch, insbesondere, wenn bei Kopfschmerzen häufig nichtspezifische Schmerzmittel benötigt werden. Dieses Problem haben Triptane nicht. Sie wirken besser und machen kein Sodbrennen“, erklärt DGN-Generalsekretär Prof. Peter Berlit. Eine weitere Studie5 zeigte, dass hohe diastolische Blutdruckwerte (≥90 mm Hg) bei Frauen mit einer höheren Migräne-Prävalenz vergesellschaftet sind. „Warum hohe diastolische Blutdruckwerte bei Frauen in einem höheren Maße als bei Männern mit Migräne korreliert sind, bleibt zu untersuchen. Da aber bekannt ist, dass regelmäßiger Sport zu einer Senkung insbesondere der diastolischen Blutdruckwerte führt, gibt es einen zusätzlichen Grund. bei Migräne körperlich aktiv zu sein“, betont Berlit.
Mehr erfahren zu: "DMKG: Moderne Migränetherapien werden zu wenig genutzt" DMKG: Moderne Migränetherapien werden zu wenig genutzt Seit Jahren sind wirksame und gut verträgliche Migräneprophylaktika verfügbar, deren Anwendung auch von der aktuellen S1-Leitlinie empfohlen wird. Doch viele Menschen mit schwerer Migräne erhalten diese Medikamente erst spät. Das […]
Mehr erfahren zu: "Experte für Gedächtnisforschung zum Honorarprofessor der Universität Magdeburg ernannt" Experte für Gedächtnisforschung zum Honorarprofessor der Universität Magdeburg ernannt Als Honorarprofessor stärkt Dr. Michael Kreutz die Lehre und Forschung im Bereich der Neurowissenschaften an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Mehr erfahren zu: "Streeck warnt vor leichter Zugänglichkeit von Drogen" Streeck warnt vor leichter Zugänglichkeit von Drogen „Per Taxi ins Jugendzimmer“: Der Bundesdrogenbeauftragte sieht die leichte Verfügbarkeit von Rauschgift als große Gefahr. Eine Droge bereitet ihm besonders große Sorgen.