Kostendruck gefährdet endoprothetische Versorgung

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Ein sinkende Vergütung der Sachkosten bei Implantaten durch gesetzliche und private Kassen gefährdet der Deutschen Gesell­schaft für Endoprothetik – AE zufolge die Therapie.

Wer ein Ersatzgelenk von Hüfte oder Knie benötigt, sollte das auf sein Alter, seine Gesundheit und Lebensumstände zugeschnittene Implantat erhalten, fordert die AE. Denn je nach individueller Ausgangssituation sind unterschiedliche Modelle und Materialien geeignet. Doch insbesondere Fachkliniken, die sich auf die Versorgung mit Endoprothesen spezialisiert haben, geraten laut AE mit einem patientenbezogenen und auf Langfristigkeit angelegten Ansatz zunehmend unter Kostendruck. Der Grund sei die sinkende Vergütung der Sachkosten im Rahmen der Fallpauschalen.

Dies gelte inbesondere für Implantate bei Jüngeren und Aktiven – aber auch in der Spezialversorgung, so die Fachgesellschaft im Vorfeld des 21. AE-Jahreskongresses vom 6. bis 7. Dezember 2019 in Düsseldorf.

Von den knapp 240.000 Patienten, die im Jahr 2018 eine Hüftprothese erhalten haben, war etwa jeder sechste jünger als 60, was 38.500 Patienten entspricht. Zu den Ursachen gehörten Verschleiß durch Leistungssport, starkes Übergewicht, Rheuma oder eine Fehlbildung des Gelenks. „Benötigt ein jüngerer, mobiler Patient eine künstliche Hüfte, ist vor allem die lange Haltbarkeit wichtig“, sagt Prof. Karl-Dieter Heller, Chefarzt der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig.

Keine Unterschiede in der Bezahlung

„Von besonderer Bedeutung ist hier die sogenannte Gleitpaarung aus der künstlichen Gelenkpfanne und der Gelenkkugel. Die verwendeten Materialien sollten möglichst reibungsarm sein. Dann nämlich erzeugen sie weniger Abrieb und halten länger.“ Für diese Patienten sei deshalb die Kombination Keramik-Keramik beziehungsweise modernes hochvernetzes Polyethylen mit Keramik am besten, so Heller, der Vizepräsident der AE ist.

Demgegenüber reiche für Ältere meist die Standardversorgung. Gemessen an ihrer statistisch gesehenen Restlebenserwartung kommen bei ihnen eventuelle Nachteile einer preiswerteren Kombination nicht mehr zum Tragen. Der Preisunterschied zwischen der Standardversorgung und der abriebfesteren Lösung kann bis zu 1000 Euro betragen.

„Entscheiden wir uns zum Wohl des Patienten für eine teurere Lösung, zahlen wir drauf“, sagt Heller. Denn die erstatteten Sachkosten für Prothesen seien auf einem Tiefpunkt angelangt. „Die DRGs für Hüft- und Knieprothesen unterscheiden nicht nach hochwertigen oder weniger hochwertigen Materialien, modernen oder länger auf dem Markt befindlichen Implantaten, ebenso wenig wie nach jungen und alten Patienten“, so der Orthopäde und Unfallchirurg.

“Gefährlicher Kellertreppeneffekt”

Vielmehr orientiere sich der Erstattungsbetrag am Mittelwert der Kosten aller einkaufenden Kliniken. Kliniken, die nicht in einem Klinikverbund sind oder hochwertig einkaufen hätten Nachteile, da ihre Sachkosten höher sind, als im Mittelwert veranschlagt. „Dies führt langfristig dazu, dass man eine schwarze Null nur erwirtschaften kann, wenn man weniger Sachkosten einsetzt als im Durchschnitt. Ein gefährlicher Kellertreppeneffekt“, warnt der Experte.

Besonders betroffen von der Unterfinanzierung seien Fachkliniken und Zentren, die die Verluste nicht durch anderweitige Leistungen abfedern könnten.

Heller spricht sich deshalb für einen Zentrums- und Qualitätszuschlag aus: „Es darf nicht darum gehen, bei der Erstoperation durch eine günstige Standardversorgung vermeintlich zu sparen. Das Ziel sollte vielmehr sein, von vorneherein eine langfristig gute Qualität zu liefern. So vermeiden wir auch die Folgekosten durch zweitbeste Lösungen. Das ist auch volkswirtschaftlich gesehen besser.“