Krankenhausreform gefährdet Schmerzmedizin – Fachgesellschaft fordert Nachbesserung

Die deutschen Schmerzmediziner warnen im Zuge der Krankenhausreform vor schweren Versorgungseinschränkungen für Patienten mit chronischen Schmerzen. (Symbolfoto: ©Andrii Yalanskyi/stock.adobe.com)

Anlässlich der heutigen Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) appelliert die Deutsche Schmerzgesellschaft erneut, den Gesetzentwurf dringend nachzubessern.

„Die Zahlen sprechen für sich: Ohne eine Änderung sind bundesweit 22 Prozent der Standorte, die insgesamt 44 Prozent der Behandlungen der interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie (OPS-Klasse 8-918) ausmachen, akut von einem Abrechnungsausschluss gefährdet“, verdeutlicht Prof. Frank Petzke, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft. „Um den Kollaps der Versorgung zu verhindern, ist eine Gesetzesänderung möglich und dringend nötig.“

Eigene Leistungsgruppe zur Sicherung von Klinikstandorten

Mit Nachdruck appelliert Petzke daher erneut, dass die spezielle Schmertherapie als eigenständige Leistungsgruppe verankert werden soll. Nur so könne eine wohnortnahe schmerzmedizinische Behandlung in hoher, angemessener Qualität sichergestellt werden.

Bleibe das KHAG unverändert, würden Behandlungsfälle spezialisierter Schmerzstationen künftig fachfremden Leistungsgruppen zugeordnet. Dazu zählen die „Allgemeine Innere Medizin“ oder „Allgemeine Chirurgie“ , wie die Fachgesellschaft erläutert. Diese Gruppen hätten jedoch andere qualitative Mindestanforderungen – zum Beispiel in Personal- oder Geräteausstattung – die mit schmerzmedizinischen Strukturen wenig zu tun haben. Die Folge: Schmerztherapeutische Einrichtungen können die für sie unpassenden Auflagen nicht erfüllen und verlieren ihre Abrechnungsgrundlage und somit für die betroffenen Klinikstandorte wirtschaftliche untragbar.

Dominoeffekt verhindern

Ohne gesetzliche Nachbesserungen droht laut Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft, ein Dominoeffekt: „Einrichtungen schließen, Fachpersonal wandert ab, auch Aus- und Weiterbildung fällt weg und Patientinnen und Patienten bleiben dauerhaft unterversorgt“, hebt Isenberg hervor. Die Politik müsse deshalb in den kommenden Abstimmungen im Deutschen Bundestag handeln und den besonderen Versorgungsbedarf von Menschen mit chronischen Schmerzen anerkennen.

Laut Deutscher Schmerzgesellschaft leiden rund 23 Millionen Menschen in Deutschland an chronischen Schmerzen. Etwa vier Millionen von ihnen sind so schwer betroffen, dass sie kaum am Arbeits- und sozialen Leben teilnehmen können und eine verminderte Lebensqualität aufweisen. Die Forderung nach einer eigenen Leistungsgruppe wird ebenfalls von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und dem Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten unterstützt (wir berichteten). Auch der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland äußerte bereits früh Kritik an einer Krankenhausreform, die die Schmerzmedizin als eigene Leistungsgruppe nicht berücksichtigt (wir berichteten).

(ah/BIERMANN)