Krebs und Gehör: Tinnitus und Schwerhörigkeit häufig bei Überlebenden

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Eine aktuelle Studie der Universität von Kalifornien San Francisco (UCSF), USA, legt nahe, dass erwachsene Überlebende der häufigsten Krebsformen oft unter signifikanten Beeinträchtigungen ihres Gehörs leiden.

Mehr als die Hälfte der ehemaligen Krebs-Patienten, die an der Studie teilnahmen und mittels Chemotherapie behandelt wurden, hatten signifikante Probleme mit ihrem Gehör. Bislang war nicht bekannt, wie häufig Überlebende von Brust-, Gastrointestinal- und Lungenkrebs oder gynäkologischen Tumoren klinisch bedeutsame Level von Hörverlust und Tinnitus hatten.

„Während über Schwerhörigkeit bei der Anwendung von Platin-Chemotherapeutika bei Erwachsenen mit Hoden- und Kopf-Hals-Krebs bereits berichtet wurde, war unsere Studie die erste, die zeigen konnte, dass Tinnitus und Schwerhörigkeit Probleme mit hoher Prävalenz unter Überlebenden der häufigsten Krebsarten sind“, so Erstautor Steven W. Cheung, MD, Professor für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde – Kopf-Hals-Chirurgie an der UCSF. Ein weiteres wichtiges und bislang unbekanntes Ergebnis der Studie sei die Tatsache, dass Hörverlust und Tinnitus nicht nur bei platinbasierten Medikamenten auftreten, sondern auch bei der Klasse der Taxan-Chemotherapeutika, so Cheung weiter. „Angesichts der Tatsache, dass platin- und taxanhaltige Chemotherapie-Regime zu den am häufigsten zur Behandlung der Mehrheit der Krebsarten eingesetzten gehören, haben diese Ergebnisse wichtige Implikationen – sowohl für Kliniker, die Krebspatienten therapieren, als auch für diese selbst“, betont Cheung.

Die Studie schloss 273 Krebsüberlebende ein, die durchschnittlich 61 Jahre alt waren und ihre Therapie etwa fünf Jahr zuvor abgeschlossen hatten. Wie die Studie zeigte, hatten mehr als 50 Prozent einen signifikanten Hörverlust, bestätigt durch ein Audiogramm. Teilnehmer mit Hörverlust berichteten mittlere bis schwerwiegende Grade von Beeinträchtigung bei Alltagsaktivitäten, beispielsweise Fernsehen oder Radiohören, Gespräche mit Familienmitgliedern und Freunden oder Unterhaltungen in Restaurants. Das spiegelt nach Ansicht der Autoren die die negativen Auswirkungen, die Hörverlust und Tinnitus auf Stimmung und soziale Interaktionen haben können, wider. Betroffene mit Tinnitus berichteten davon, sich schwerer konzentrieren oder entspannen zu können sowie von Beeinträchtigung von Stimmung, Lebensfreude und Schlaf.

Die Autoren betonen die wichtigen Auswirkungen ihrer Ergebnisse auf die Versorgung von Krebspatienten und -überlebenden. Sie schlagen vor, das Gehör von Patienten, die Chemotherapie wegen Brust-, Gastrointestinal- und Lungenkrebs oder gynäkologischen Tumoren bekommen, regelmäßig zu evaluieren – vor, während und nach der Chemotherapie. Routine-Screening und Follow-up sollten dabei von Fachärzten durchgeführt werden, da Hörverlust oft unterschätzt werde, so die Autoren. So hatten 31 Prozent der Studienteilnehmer, bei denen später eine Beeinträchtigung per Audiometrie bestätig wurde angeben, keine Hörprobleme zu haben. Auch das individuelle Management von Tinnitus brauch Spezialisten. (ja)