Krebstherapie: DDG und DGE fordern regelmäßige Stoffwechselkontrollen

Foto: © vitalis83/stock.adobe.com

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) fordern im Rahmen einer Krebstherapie regelmäßige Stoffwechselkontrollen sowie den Ausbau endokrinologisch-diabetologischer Strukturen in Kliniken.

Der Checkpoint-Inhibitor-assoziierte Diabetes mellitus, kurz CIADM, tritt meist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Immuntherapie auf. Er ähnelt dem klassischen Typ-1-Diabetes, geht aber immer mit einem völligen Insulinmangel einher. Häufig kommt es zu einer Ketoazidose, einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes. In 40 Prozent der Fälle sind Autoantikörper nachweisbar, wie sie auch bei Typ-1-Diabetes vorkommen.

„CIADM darf keinesfalls mit einem vorbestehenden Typ-2-Diabetes verwechselt werden“, warnt Prof. Andreas Fritsche, Past-Präsident der DDG. „Nur eine intensive Insulintherapie mit Schulung und Begleitung kann hier Leben retten.“ Genau wie beim Typ-1-Diabetes erfordert die Behandlung eine Basal-Bolus-Insulintherapie: Es müssen sowohl das Grundbedürfnis an Insulin als auch die Insulinspitzen zu den Mahlzeiten abgedeckt werden. Diese komplexe Therapieform setzt voraus, dass Betroffene umfassend geschult und engmaschig begleitet werden.

Endokrinologie-/Diabetes-Units gefordert

Trotz der Schwere der Erkrankung fehlen in Deutschland laut DDG und DGE bislang verlässliche Daten zur Häufigkeit der Checkpoint-Inhibitor-assoziierten endokrinen Nebenwirkungen. Denn es existiert kein zentrales, vollständiges Register zu Zahlen und Behandlungsdetails der mit Checkpoint-Inhibitoren behandelten Patienten. Schätzungen zufolge entwickeln bis zu 17 Prozent eine potenziell lebensbedrohliche Hypophysitis und etwa ein bis zwei Prozent der Behandelten einen CIADM. Bei einem angenommenen Behandlungskollektiv von 100.000 Personen würde das 17.000 Personen mit Hypophysitis und 1000 bis 2000 Betroffene mit Autoimmun Diabetes CIDAM bedeuten. Hinzu kommt eine noch größere Zahl an Patienten, die Schilddrüsenüber- oder -unterfunktionen entwickeln. „Gerade in Krebszentren, wo Immuntherapien häufig eingesetzt werden, sehen wir daher zunehmend Patienten mit dieser Form an Nebenwirkungen“, so Fritsche.

DDG und DGE fordern daher, an allen onkologischen Zentren Endokrinologie-/Diabetes-Units einzurichten. Hormonelle Fehlfunktionen, etwa der Schilddrüse, der Nebennieren, der Hirnanhangsdrüse oder des Pankreas treten auch in Kombination auf. Diese Kombination verschiedener hormoneller Störungen erschwert die Stoffwechselkontrolle und macht eine individuelle, engmaschige Betreuung erforderlich. „Gerade bei älteren Krebspatienten mit mehreren Erkrankungen kann die Behandlung dadurch besonders anspruchsvoll werden“, erklärt der Experte aus Tübingen. „Deshalb brauchen wir in Krebszentren spezialisierte Teams, die diese komplexen Krankheitsbilder sicher versorgen können.“

Zugang zur richtigen Behandlung kann Leben retten

Wie wichtig spezialisierte Versorgung ist, zeigen laut DDG und DGE aktuelle Auswertungen: Kliniken mit einer Zertifizierung der DDG weisen bei Patienten mit Diabetes als Hauptdiagnose eine geringere Krankenhaussterblichkeit auf – und dass, obwohl sie häufig Menschen mit einer höheren Krankheitslast behandeln. Diese Ergebnisse unterstreichen laut DDG und DGE den Nutzen fachlich spezialisierter Versorgungseinheiten. „Deshalb fordern wir, in der anstehenden Krankenhausreform die Leistungsgruppe ‚komplexe Endokrinologie und Diabetologie‘ flächendeckend zu verankern, um solche Versorgungsstrukturen dauerhaft und breit verfügbar zu machen“, betont Fritsche.

Interessenkonflikte: Prof. Andreas Fritsche gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.