Krebstherapien: DGE weist auf vermehrte endokrinologische Nebenwirkungen hin

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Mit der zunehmenden Anwendung moderner Krebstherapien brauche es mehr Bewusstsein für das Auftreten und die Früherkennung ernsthafter Nebenwirkungen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hin.

„Aktuelle Auswertungen zeigen, dass 86 bis 96 Prozent der Patienten, die eine Immuntherapie zur Krebsbehandlung erhalten, autoimmune Nebenwirkungen von unterschiedlichem Schweregrad entwickeln“, so Dr. Birgit Harbeck, Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Mediensprecherin der DGE.

Besonders häufig treten Immunreaktionen an Haut und im gastrointestinalen Bereich auf, informiert die DGE. Zu den endokrinen unerwünschten Ereignissen gehören unter anderem das Neuauftreten einer Schilddrüsenentzündungen (bis zu 20 %), die Entzündung der Hirnanhangdrüse (bis zu 17 %) und selten ein neu auftretender Diabetes Typ 1 (1-2 Prozent). Diese Komplikationen können das Leben der Patienten erheblich beeinträchtigen, und in seltenen Fällen sogar irreversible und lebensbedrohliche Folgeschäden wie eine Nebenniereninsuffizenz nach sich ziehen. Das Risiko für letzteres steigt bei Kombination mehrerer Checkpoint-Inhibitoren, heißt es weiter.

Nebenwirkungen auch bei zielgerichteten Therapien

Eine weitere neuere Behandlungsoption bei Krebs sind Therapien, die sich präzise gegen bestimmte Eigenschaften von Tumorzellen richten. Hierbei kommen Tyrokinase-Inhibitoren zum Einsatz. „Mit dem vermehrten Einsatz dieser Therapien sehen wir auch hier immer häufiger endokrinologische Nebenwirkungen – unter anderem Störungen des Glukosestoffwechsels oder Schilddrüsenunterfunktionen. Bildet sich unter der Therapie mit Tyrokinase-Hemmern ein Diabetes mellitus aus, kann er einen schweren und mitunter sogar tödlichen Verlauf nehmen“, warnt Harbeck.

„Nebenwirkungen in Folge der Anwendung von Checkpoint- und Tyrokinase-Hemmern treten meist in den ersten Wochen oder Monaten nach Beginn der Therapie auf“, erläutert er. „Symptome wie starke Müdigkeit oder vermehrter Durst und Wasserlassen können beispielsweise Anzeichen für eine Nebenniereninsuffizienz oder einen entgleisten Diabetes mellitus sei, die unmittelbar behandelt werden sollten“, fügt er hinzu.

Patienten müssten über die Symptome ernsthafter Nebenwirkungen, die bei ihrer jeweiligen Erkrankung und Therapieart auftreten könnten, sowie über die notwendige frühzeitige Abklärung gut aufgeklärt werden. Zudem sei seitens der behandelnden onkologischen Fachärztinnen und Fachärzte eine engmaschige Überwachung von Patienten durch regelmäßige laborchemische Screening-Untersuchungen unerlässlich.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend

„Moderne Krebstherapien haben die Prognose vieler Krebsarten erfreulicherweise deutlich verbessert. Um die optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen und schwere Begleiterscheinung möglichst frühzeitig in den Griff zu bekommen, ist eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Fachärztinnen und Fachärzten, etwa der Endokrinologie, jedoch ganz essenziell“, betont Harbeck abschließend.