Kritik an Personalmangel auf Kinderintensivstationen: DIVI fordert sofortigen Notfallplan

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Auf deutschen Kinderintensivstationen herrscht ein gravierender Mangel an Pflegepersonal. Zuletzt mussten deshalb Betten der Kinderintensivstation an der Medizinischen Hochschule Hannover gesperrt werden. Als Dachgesellschaft bündelt die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) das Engagement von rund 30 medizinischen Fachgesellschaften und fordert die Politik jetzt auf, die Rahmenbedingungen für die Kinderintensivpflege mittels eines sofortigen Notfallplans zu retten.

„Wir steuern seit Jahren offenen Auges auf dieses Problem zu und können nun in einem der reichsten Länder der Welt die flächendeckende Versorgung von kritisch kranken oder schwer verletzten Kindern nicht mehr sicher gewährleisten“, so Dr. Florian Hoffmann, Sprecher der Sektion „Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin“ der DIVI und Oberarzt auf der Interdisziplinären Kinderintensivstation am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Privatdozent Florian Hoffmann. Foto: Klinikum der Universität München

„Das gefährdet die Patientensicherheit und Versorgungsqualität kritisch kranker und verletzter Kinder, insbesondere in den großen Ballungsräumen, wo Sperrungen von Betten aufgrund eines Mangels von Pflegenden an der Tagesordnung sind“, sagt Hoffmann. Allen voran müssten Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie die Bezahlung der Pflegekräfte deutlich verbessert werden. „Wenn auch in Ballungsräumen weiterhin kranke Kinder versorgt werden sollen, dann müssen sich die Pflegenden dieser Kinder auch das Leben in den Ballungsräumen leisten können. Vermeintlich ‚billige‘ Arbeitskräfte aus dem Ausland können kein ernst gemeinter Lösungsansatz sein“.

Bis zu 100 Kinder im Jahr pro Intensivstation abgelehnt
Nach Angaben der DIVI zeigt eine aktuelle Umfrage der DIVI-Sektion „Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin“ unter Kinderintensivstationen in Deutschland, dass im Mittel rund 20 Prozent der möglichen Intensivbetten wegen fehlender Pflegekräfte gesperrt seien. 25 Prozent der befragten Stationen gaben demnach an, im vergangenen Jahr 25 bis 50 Patienten wegen fehlender Bettenkapazitäten nicht aufgenommen zu haben. Weitere 25 Prozent hätten sogar 50 bis 100 Kinder ablehnen müssen. Zusätzlich hätten 72 Prozent der befragten Stationsleiter angegeben, dass in ihrer Region ein Defizit an Intensivbetten für Säuglinge und Kinder herrsche. “Nur durch ein umfassendes und konsequent umgesetztes gesundheitspolitisches Gesamtkonzept kann erreicht werden, wieder mehr qualifizierte Pflegende zur Tätigkeit auf den Kinderintensivstationen zu motivieren”, fordert die DIVI daher. Dazu müsse zusammen mit Vertretern der Gesundheitspolitik auf Landes- und Bundesebene sofort ein Notfallplan erarbeitet werden, um die intensivmedizinische Versorgungsqualität kritisch kranker Kinder zu garantieren. „Das Gestern können wir nicht ändern, das Morgen schon, aber wir müssen heute damit anfangen“, resümiert Hoffmann.