Künstliche Intelligenz für ein verbessertes Blutzuckermanagement nach Herzoperationen

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Nach einer Herzoperation erweist sich die Kontrolle des Blutzuckerspiegels auf der Intensivstation mitunter als tückisch. Um das postoperative Glukosemanagement zu optimieren, entwickelten US-Forscher ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiertes Tool.

Nach einer Herzoperation besteht für Patienten das Risiko von starken Blutzuckerschwankungen, die mitunter schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen können. Zur Kontrolle dieser Schwankungen ist eine sorgsam abgestimmte Insulindosierung nötig, was aufgrund der Unvorhersagbarkeit der intensivmedizinischen Versorgung und der Unterschiede zwischen den Patienten dennoch nicht immer ausreichend ist, um Hypo- und Hyperglykämien zu vermeiden.

Individuelle Insulindosierung durch Reinforcement Learning

Um dieser Herausforderung zu begegnen, entwickelte ein Forschungsteam der Icahn School of Medicine am Mount Sinai, New York, USA, das KI-Modell GLUCOSE. Es basiert auf dem sogenannten Reinforcement Learning (verstärkendes Lernen) – einer Form des maschinellen Lernens, bei der ein Modell durch „Belohnungen“ aus vergangenen Entscheidungen lernt.

Um sicherzustellen, dass das Modell vorsichtige, zuverlässige Empfehlungen ausspricht, setzten die Entwickler zusätzlich auf konservatives und verteilungsorientiertes Verstärkungslernen (engl. distributional Reinforcement Learning) – zwei spezielle Varianten dieses Lernverfahrens. In einer aktuellen Publikation in der Fachzeitschrift „NPJ Digital Medicine“ zeigen die US-Wissenschaftler auf, dass GLUCOSE Ärzten helfen kann, den Blutzuckerspiegel bei Patienten nach Herzoperationen auf der Intensivstation effektiv zu kontrollieren.

GLUCOSE empfiehlt auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten zugeschnittene Insulindosen. Trainiert wurde das Modell anhand von Daten von 5228 Patienten und getestet an 920 weiteren. Eine externe Validierung erfolgte mit 649 Patienten. In den Tests mit realen Daten von Intensivpatienten konnte GLUCOSE den Blutzuckerspiegel ebenso gut oder sogar besser als erfahrene Ärzte in einem sicheren Bereich halten – obwohl das Modell nur auf aktuelle Patientendaten zugreifen konnte, während die Ärzte die vollständige Krankengeschichte der Patienten nutzten, wie das Mount Sinai in einer Mitteilung zur Studie betont.

Unterstützung statt Ersatz für Ärzte

„Unsere Studie zeigt, dass KI durchdacht und verantwortungsbewusst entwickelt werden kann, um das klinische Urteilsvermögen von medizinischem Fachpersonal zu unterstützen, anstatt es zu ersetzen“, sagt der Co-Senior-Korrespondenzautor Ankit Sakhuja. „In komplexen und stressigen Umgebungen wie der Intensivstation können Tools wie GLUCOSE in Echtzeit datengestützte Empfehlungen liefern, die auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Diese Art der Entscheidungsunterstützung kann die Sicherheit erhöhen, das Risiko von Komplikationen verringern und es Ärzten letztendlich ermöglichen, sich stärker auf kritische Aspekte der Patientenversorgung zu konzentrieren.“

Das Modell könnte schließlich in elektronische Gesundheitsakten integriert werden, um in der Intensivstation Echtzeit-Anleitungen zur Insulindosierung zu geben, wodurch Komplikationen reduziert und die Ergebnisse verbessert werden könnten. Zukünftige Schritte umfassen die Anpassung des Tools für den Einsatz in anderen Krankenhausumgebungen, die Durchführung klinischer Studien und die Erforschung von Möglichkeiten zur Integration in die Routineversorgung.

Eine derzeitige Einschränkung besteht darin, dass das Modell noch keine Ernährungsdaten berücksichtigt, die sich auf die längerfristige Blutzuckerkontrolle auswirken können. Dennoch unterstreiche die Fähigkeit von GLUCOSE, auf der Grundlage begrenzter Echtzeitdaten genaue Empfehlungen abzugeben, sein Potenzial zur Verbesserung der Sicherheit und Effizienz in der postoperativen Versorgung, hebt das Mount Sinai in seiner Mitteilung hervor.