Künstliche Intelligenz in der Urologie – Status quo und Perspektiven25. September 2024 Anwendungsmöglichkeiten von KI in der medizinischen Diagnostik und Therapie. Grafik: © Dr. Dominique Mercier, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Kaiserslautern Künstliche Intelligenz (KI) bietet die Chance, nahezu alle Bereiche der Medizin zu revolutionieren. Diese Entwicklung zeigt sich in einer zunehmenden Anzahl wissenschaftlicher Publikationen sowie Forschungsprojekten, sowohl universitär/öffentlich, als auch von und aus der Industrie heraus finanziert. Von Gregor Duwe Gregor Duwe. Foto: Duwe Das Fach der Urologie ermöglicht in besonderem Maße eine große Vielzahl an KI-Anwendungsbereichen und zeichnet sich durch die hohe Interdisziplinarität aus, vor allem mit den Disziplinen der Radiologie, Pathologie oder Strahlentherapie. KI-Systeme bieten in der Urologie damit vielversprechende Möglichkeiten unter anderem zur Verbesserung der radiologischen und pathologischen Diagnostik, zur roboterassistierten intraoperativen Unterstützung sowie zur Vorhersage von Therapieverläufen oder Therapieempfehlungen. Der größte Anwendungsbereich bezieht sich bisher auf urologisch-onkologische Erkrankungen. Die angewendeten KI-Technologien reichen von maschinellem Lernen, Deep Learning bis hin zu Sprachverarbeitungs- und Bilderkennungsalgorithmen. Die bisher erfolgreichsten Anwendungsbereiche von KI in der Urologie stellen die radiologische sowie pathologische Diagnostik dar. Hier sind KI-Routinen auch in der Urologie bereits erfolgreich implementiert und Zulassungsstudien für die klinische Anwendung ausstehend2–4. Ein weiterer Bereich, in dem sich die KI jedoch noch in der Grundlagenforschung befindet und klinisch sehr vielversprechend ist, stellt die roboterassistierte Chirurgie dar. KI-Algorithmen könnten dabei helfen, die Bewegungen des roboterassistierten Systems zu steuern und zu optimieren, wodurch die Genauigkeit und Sicherheit der Eingriffe weiter verbessert werden. Darüber hinaus könnten KI-Systeme während der Operation Echtzeitdaten analysieren und Chirurgen unterstützen, indem sie Vorschläge zur optimalen Vorgehensweise machen oder auch anhand intraoperativer Bilder klinische und onkologische Verläufe prognostizieren könnten5-8. In diesem KI-Anwendungsbereich ist ebenso die Industrie mit großen Finanzvolumina intensiv in der Entwicklung neuer Innovationen involviert, sodass in den kommenden Jahren spannende Ergebnisse zu erwarten sind. Des Weiteren hat KI das Potenzial, die personalisierte Medizin in der Urologie und insbesondere in der urologischen Onkologie erheblich zu verbessern. Durch die Analyse großer Mengen an Patientendaten könnten KI-Systeme Muster und Zusammenhänge erkennen, die individuelle Behandlungsempfehlungen9 oder auch Therapieansprechen und Vorhersagen ermöglichen10,11. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass die Patientendaten digital und vor allem maschinell auslesbar zur Verfügung stehen. Dieser zentrale Aspekt stellt aufgrund mangelnder und unstrukturierter Digitalisierungsstandards im Gesundheitswesen einer der größten bisherigen Limitationen in der Entwicklung von KI-Anwendungen dar. Eine weitere Limitation und Herausforderung liegt im Datenschutz, da es sich durchweg um hoch sensible Daten handelt, die einem maximalen gesetzlichen Schutz unterliegen. Aufgrund dessen ist sowohl in der konkreten Entwicklung als auch übergeordnet (berufs-)politisch eine enge Zusammenarbeit mit den Datenschutzbeauftragten und dem Gesetzesgeber von entscheidender Bedeutung für den weiteren Erfolg in der KI-Entwicklung mit Anwendung personalisierter Gesundheitsdaten. In diesem Bereich stellen auch KI-Systeme der natürlichen Sprachverarbeitung (Natural Language Processing) sehr interessante und vielversprechende technische Ansätze dar, um die großen, heterogenen und individuell dokumentierten Daten besser zu analysieren. Es ist davon auszugehen, dass langfristig KI-Routinen das medizinische Personal in ihrer Arbeit unterstützen, um damit die Behandlungsqualität auf allen Ebenen zu verbessern. Eine primäre bzw. alleinige Entscheidung durch eine KI wäre ethisch ohnehin nicht vertretbar und würde auch von Patienten keine bis wenig Akzeptanz finden12. Das Vertrauen und die damit einhergehende Akzeptanz der Anwender ist von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Erfolg von KI in der Medizin, weshalb neben der Datensicherheit auch die Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen hoch relevant ist. Die Entscheidungen der KI sollten transparent nachvollziehbar und idealerweise begründet sein, zum Beispiel auf Grundlage von Studienergebnissen oder Leitlinien. Darüber hinaus müssen ethische und juristische Fragen, wie die Verantwortlichkeit bei Fehlentscheidungen und die Wahrung der Patientensouveränität, sorgfältig abgewogen werden. Eine solche hinsichtlich Datensicherheit und Erklärbarkeit vertrauenswürdige KI stellt daher ein aktuelles, relevantes Forschungsfeld in der KI-Entwicklung dar (siehe auch: https://mission-ki.de/). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KI die Chance hat, die Medizin und Urologie zu revolutionieren, wenn die notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Dies bezieht sich vor allem im Bereich Datenschutz, IT-Sicherheit und der klinischen IT-Infrastruktur auf einen sicheren Zugang zu großen und strukturierten Patientendatensätzen. Wenn dies gelingt, könnten KI-Anwendungen unter anderem zu einer Optimierung in der diagnostischen Genauigkeit, der Effizienz des Durchsatzes von Untersuchungen/Daten, der Verbesserung klinischer Arbeitsabläufe sowie der Verbesserung von Behandlungsmöglichkeiten führen. Dabei wird jegliche KI stets nur das ärztliche Personal unterstützen. Die Verantwortung bleibt jederzeit beim behandelnden Arzt. Abschließend ist eine Erklärbarkeit der KI-Entscheidung langfristig obligat, denn nur diese schafft Transparenz, Vertrauen und damit eine wirkliche Qualitätsverbesserung in der Behandlung der Patienten. Für dieses Ziel ist die interdisziplinäre fachliche Zusammenarbeit (Medizin, Informatik, Ethik u.v.m.) auf allen Ebenen der Entwicklung und praktischen Umsetzung unabdingbar. Dieser Bedeutung ist sich auch die Deutsche Gesellschaft für Urologie bewusst, weshalb das Themenfeld der KI berufspolitisch in Zukunft fokussiert und strukturiert auf allen Ebenen implementiert werden soll. Es sind dringend berufspolitische und wissenschaftlich-technische Maßnahmen erforderlich, um die derart schnell voranschreitenden Entwicklungen der KI in einer solchen Form anwenden zu können, dass wir ihren Nutzen und die dazugehörigen Gefahren ausreichend reflektieren können. Literatur auf Anfrage. Autor:Dr. med. Gregor DuweKlinik und Poliklinik für Urologie und KinderurologieUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzE-Mail: [email protected] Anmerkung: Dank an Dr. Dominique Mercier (DFKI Kaiserslautern) für die Bereitstellung der Abbildung in Zusammenarbeit mit dem KITTU-Projekt (https://kittu.org/). AF19: Neues zur Digitalisierung in der Urologie, 25.09.2025, 13:30–15:00 Uhr, Raum 6/7 / Ebene 2
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