Künstliches Kniegelenk: Erwartungen abklären – Risiken abwägen

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Bis zu 20 Prozent der Patienten sind mit ihrer Knie-Prothese nicht zufrieden1. Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. (AE) fordert eine bessere Aufklärung der Patienten vor der Entscheidung für ein künstliches Kniegelenk.

Im Jahr 2016 haben etwa 187.000 Patienten ein künstliches Kniegelenk erhalten2. Über 96 Prozent der Implantate leisten ihren Dienst länger als 15 Jahre. Sie ermöglichen Aktivität auch in höherem Alter. So haben sie entscheidenden Einfluss auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Patienten. „Eine gute Funktion und ein natürliches Gelenksgefühl, das sogenannte „forgotten knee“, sind deshalb unser erklärtes Ziel bei einer Knieprothese“, so Prof. Henning Windhagen, AE-Präsident.  Dennoch könne ein Implantat den natürlichen Knochen nie vollständig ersetzen. „Darüber sollten sich die Patienten vorher im Klaren sein“, so Windhagen, der Direktor der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im DIAKOVERE Annastift ist.

Entscheidung für künstliches Kniegelenk sorgfältig abwägen

Vielmehr gelte es, sich vor der Entscheidung mit den individuellen Risiken und Erwartungen auseinanderzusetzen. Im ausführlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient sollten Pro und Contra einer Knieprothese besprochen werden. Gegebenenfalls sollte der Patient auch eine Zweitmeinung einholen: „Die moderne Indikationsstellung zur Knieprothese bedeutet eine gemeinsame Entscheidung, bei der auch die Alternativen zur Operation genannt werden“, betont Windhagen.

So stellen etwa starkes Übergewicht und Begleiterkrankungen wie Gicht, Diabetes, Rheuma und neurologische Erkrankungen wie Parkinson ein erhöhtes Risiko für ein Implantatversagen dar. Auch chronische Entzündungen, etwa der Blase, sollten vorher ausheilen. „Ebenso hat die psychische Verfassung einen starken Einfluss auf die Zufriedenheit mit einer Prothese“, so Windhagen. Depressionen etwa hätten mitunter zur Folge, dass ein Patient per se unzufrieden sei. Er könne dann auch leichte Beschwerden nicht tolerieren.

Künstliches Kniegelenk – Funktion und Haltbarkeit

Zu einer guten Prothesenfunktion gehört auch ein verantwortungsvolles Verhalten der Patienten. „Extremsport sollte vermieden werden“, nennt Windhagen ein Beispiel. Sonst könne sich das künstliches Kniegelenk frühzeitig abnutzen oder lockern. „Zudem ist erhöhte Wachsamkeit bei Infekten wie Wunden, Abszessen oder Zahnentzündungen wesentlich für die Haltbarkeit der Prothese“, betont der Orthopäde. Bakterien könnten im Körper streuen, das Implantat besiedeln und damit infizieren.

Auch der körperliche Ausgangszustand der Patienten hat Auswirkungen: „Je besser die Beweglichkeit und Funktion vor der OP waren, desto besser sind sie in der Regel auch nach der OP“, sagt Prof. Karl-Dieter Heller, Generalsekretär der AE aus Braunschweig.

Heller, der Chefarzt der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig ist, rät seinen Patienten zudem zu Geduld: „Die vollständige Rehabilitation zieht sich etwa zwei Jahre hin. So lange verbessert sich die Funktion von Gelenk und Muskelapparat.“ Es gilt also, sich Schritt für Schritt ein gutes Bewegungsspektrum zurückzuerobern.

Literatur:

1. Gunaratne R, Pratt DN, Banda J, Fick DP, Khan RJK, Robertson BW: Patient Dissatisfaction Following Total Knee Arthroplasty: A Systematic Review of the Literature, J Arthroplasty. 2017 Jul 21. pii: S0883-5403(17)30619-8. doi: 10.1016/j.arth.2017.07.021
2. Statistisches Bundesamt: Die 20 häufigsten Operationen insgesamt – Vollstationär behandelte Patientinnen und Patienten in Krankenhäuser 2016.