Laborstudie: Alter des Vaters kann Lebensdauer der Nachkommen beeinflussen23. Februar 2018 DZNE-Wissenschaftler Dan Ehninger und Kollegen haben generationsübergreifende Einflüsse auf das Altern untersucht. (Quelle: DZNE/Daniel Bayer) Wie wirkt sich das Alter des Vaters zum Zeitpunkt der Zeugung auf dessen Kinder aus? Forscher des DZNE haben gemeinsam mit Fachkollegen diese Frage am Beispiel von Mäusen untersucht. Wie sie nun berichten, lebten die Nachkommen betagter Mäuse-Väter kürzer und zeigten stärker ausgeprägte Alterungserscheinungen als jene junger Väter. Der Zeitpunkt, Eltern zu werden, hat sich in den westlichen Gesellschaften immer weiter nach hinten verschoben. Das ist nicht unproblematisch, denn ein hohes Alter der Mutter gilt schon lange als Risikofaktor für die Gesundheit der Kinder. Und inzwischen hat sich herausgestellt: Ein fortgeschrittenes Alter des Vaters bei der Zeugung kann sich ebenfalls ungünstig auswirken. „Statistisch gesehen treten manche Erkrankungen bei Kindern älterer Väter häufiger auf als unter den Nachkommen junger Männer. Das gilt zum Beispiel für psychiatrische Störungen wie Autismus oder Schizophrenie“, erklärte PD Dr. Dan Ehninger, Arbeitsgruppenleiter am DZNE in Bonn. Sein Team war an der aktuellen Studie federführend beteiligt und kooperierte dabei mit der German Mouse Clinic, München, und weiteren Partnern. Studie an Mäusen Die Wissenschaftler untersuchten zwei Gruppen von Mäusen. Diese umfassten jeweils Nachkommen junger beziehungsweise alter Männchen. Die jungen Mäuse-Väter waren bei der Paarung vier Monate alt und somit junge Erwachsene. Die alten Väter mit einem Alter von mindestens 21 Monaten waren hingegen schon recht betagt. Die Mäuse-Mütter waren durchgängig vier Monate alt. Die Nachkommen aus beiden Gruppen wurden im Alter von sechs beziehungsweise 19 Monaten untersucht. „Wir haben uns 13 biologische Parameter angeschaut, die sich bei Mäusen bekanntermaßen mit dem Alter verändern. Dabei ging es unter anderem um Ablagerungen in den Nieren, Gewebeveränderungen in der Lunge und Veränderungen an Proteinen, die auf oxidativen Stress hinweisen“, sagte Prof. Martin Hrabĕ de Angelis, Direktor der German Mouse Clinic, München. Kürzere Lebensdauer der Nachkommen Fazit der Analysen: Bei den 19-monatigen Nachkommen alter Männchen waren die altersassoziierten Merkmale stärker ausgeprägt als beim gleichaltrigen Nachwuchs junger Männchen. „In Bezug auf unsere Messparameter kann man durchaus sagen, dass die Nachkommen der betagten Mäuse-Väter schneller alterten“, so Dr. Kan Xie, Wissenschaftler im Team von Ehninger. Unterschiede zeigten sich auch in der Lebensdauer: Die Nachkommen junger Männchen lebten im Durchschnitt länger als Artgenossen mit alten Vätern. Der sogenannte Median der Altersverteilung war um rund zwei Monate nach hinten verschoben. Steuerungselemente des Erbguts Die Wissenschaftler gehen nicht davon aus, dass die unterschiedliche Entwicklung durch Fehler im Erbgut der Nachkommen hervorgerufen wurde. „Im Vergleich der beiden Mäusegruppen haben wir keine messbaren Unterschiede in den Mutationsraten feststellen können. Jedenfalls nicht mit unserer Methodik“, sagte Ehninger. Auffälligkeiten entdeckten die Forscher jedoch in den Spermien der Mäuse-Väter – und zwar an den „epigenetischen Markierungen“ der in den Spermien enthaltenen Erbsubstanz. Hierbei handelt es sich um an der DNA haftende Methyl-Gruppen. Diese chemischen Anhängsel tragen dazu bei, Regionen des Erbguts an- beziehungsweise abzuschalten und dadurch die Genaktivität zu regulieren. „Im Methylierungsmuster der Spermien haben wir deutliche Unterschiede zwischen jungen und alten Mäuse-Vätern festgestellt. Diese Differenzen waren offensichtlich altersbedingt. Was nicht überraschend ist, denn es ist schon länger bekannt, dass sich die Methylierung mit Alter und Lebensumständen verändern kann“, erklärte Ehninger. Allerdings fanden die Wissenschaftler bei den Nachkommen ähnliche Unterschiede in der Methylierung der DNA. „Da gab es einen Überlapp zwischen Vätern und Nachwuchs. Demnach könnten diese Merkmale von den Vätern an die nächste Generation weitergegeben worden sein.“ Lange habe man angenommen, dass vom Vater stammende epigenetische Markierungen bei der Verschmelzung von Samen- und Eizelle gelöscht werden, so Ehninger weiter. „Man weiß mittlerweile jedoch, dass Methylierungen diesen Prozess teilweise überstehen können.“ In der aktuellen Studie wirkte sich das unter anderem auf Gene aus, die mit der Regulation der Lebensspanne und alternsassoziierten Veränderungen in Zusammenhang gebracht werden. „Wir konnten nachweisen, dass die Nachkommen alter Väter unter anderem einen erhöhten Aktivitätsstatus im sogenannten mTORC1-Signalweg aufwiesen. Dieser molekulare Signalweg beeinflusst bekanntermaßen das Wachstum und viele Stoffwechselprozesse“, erläuterte Ehninger. Und beim Menschen? Was bedeuten diese Ergebnisse für den Menschen? „Was wir beobachtet haben, sind grundlegende Mechanismen. Diese könnten auch beim Menschen relevant sein. Doch ob das zutrifft und in welchem Umfang, wissen wir derzeit nicht. Darüber gibt unsere Studie keine Auskunft. Insofern lassen sich unsere Ergebnisse nicht unmittelbar auf den Menschen übertragen“, sagte Ehninger. So gebe es bislang nur begrenzte Daten darüber, inwiefern sich die epigenetischen Markierungen menschlicher Spermien mit dem Alter verändern. „Unsere Ergebnisse sind aber sicher ein Anlass, sich das eingehender anzuschauen.“ Originalveröffentlichung: Kan Xie et al.: PNAS, 21. Februar 2018
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