„Länder müssen bei Klinikreform Verantwortung übernehmen“

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Zur Eröffnungspressekonferenz des Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf, der vom 11. bis 14. November im Rahmen der Medizinmesse Medica in Düsseldorf stattfindet, forderten Vertreter von Kliniken, Ärzten und Pflege, die Krankenhausreform grundlegend zu überarbeiten.

„Vor drei Wochen hat der Bundestag die Krankenhausreform verabschiedet. Es sollten entscheidende Weichen gestellt werden, die im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger die Krankenhausversorgung verbessern würden – doch dies ist in der aktuellen Form des Gesetzes leider nicht erkennbar“, erklärte die Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger, zugleich Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost (DBfK), bei der Eröffnungspressekonferenz des Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf, der vom 11. bis14. November im Rahmen der Medizinmesse Medica in Düsseldorf stattfindet.

Trotz der vielen politischen Fragezeichen durch das Koalitions-Aus müsse die Krankenhausreform vorangetrieben werden. Durch die Finanzierungsreform sei weiterhin keine Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Kliniken absehbar. Die Kongresspräsidentin mahnte Korrekturen an, sonst werde es weiter zu unkontrollierten Klinikschließungen und Versorgungsengpässen in Deutschland kommen.

Darüber hinaus machte Berninger auf die Situation in der Pflege aufmerksam. „Einerseits befinden wir uns in einer alternden Gesellschaft, in der die Pflegebedürftigkeit in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird. Andererseits wird zu dem schon jetzt vorherrschenden Fachkräftemangel eine zusätzliche Herausforderung entstehen, wenn weiterhin Pflegefachpersonen den Beruf verlassen und die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Deshalb ist es für die Politik und uns alle alternativlos, jetzt nach guten Lösungen zu suchen, um den Pflegeberuf zukunftsfest aufzustellen. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Pflegereform bietet uns die Chance, Pflege neu zu denken“, so die Kongresspräsidentin.

„Gesetz in den Vermittlungsausschuss, Inflationsausgleich sofort umsetzen“

Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), forderte die Bundesländer auf, die Klinikreform am 22. November im Bundesrat in den Vermittlungsausschuss zu verweisen. „Schicken Sie dieses Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Und dies gilt auch in der von den Ampelfraktionen verursachten Regierungskrise. Denn für die stationäre Versorgung in Deutschland tragen die Länder auch in den kommenden Jahren die Verantwortung“, machte Gaß deutlich. Mit kleinen Stellschrauben sei dieses Gesetz nicht mehr zu retten. Retten könne man es nur, wenn der Vermittlungsausschuss dieses Gesetz auf gemeinsame Grundvereinbarungen zurückführe.

„Wir schlagen als erste Schritte zur Rettung der Krankenhausreform vor, den notwendigen Inflationsausgleich sofort umzusetzen, um die flächendeckende Defizitlage der Kliniken zu entschärfen. Gleichzeitig müssen die Leistungsgruppen nach dem NRW-Modell bundesweit angewendet und schon bestehende Instrumente wie Sicherstellungszuschläge zur Vorhaltefinanzierung ausgeweitet werden, bis ein tauglicheres Modell erarbeitet ist. Und die Krankenhäuser müssen endlich konsequent von überflüssiger Bürokratie und Überregulierung befreit werden. Auch wenn wir in einer politisch turbulenten und fragilen Situation sind, ohne Änderungen darf diese Reform nicht kommen. Sollte die Krankenhausreform den Bundesrat passieren, tritt ein an vielen Stellen schlecht gemachtes Gesetz in Kraft, dass die Patientenversorgung in Deutschland nicht verbessern, sondern erschweren wird. Niemand kann heute sagen, wer nach einer Neuwahl das Gesundheitsressort führt und ob es dann zu schnellen, notwendigen Korrekturen käme“, so Gaß.

„Gesetz nicht komplett zu Fall bringen, sondern nachschärfen“

PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), machte deutlich, dass es nicht darum gehe, das Gesetz komplett zu Fall zu bringen, sondern es in essenziellen Punkten nachzuschärfen. Es sei weiter nicht abzuschätzen, ob die zu erwartenden Krankenhaus- und Abteilungsschließungen gut kompensierbar sind oder zu Engpässen in der Notfallversorgung und Wartelisten bei elektiven Eingriffen führen. Deshalb brauche es dauerhafte Ausnahmegenehmigungen für die Länder, die für die Erfüllung der Bedarfe vor Ort die Möglichkeit von Ausnahmen bei zu stringenten Strukturvorgaben haben müssen. Nur so könne die Versorgung in strukturschwachen Gebieten bzw. auf dem Land auch auf Dauer gesichert werden. „Die Knackpunkte sind klar benannt, die Fakten sprechen für sich. Der Vermittlungsausschuss muss endlich den Weg für eine Lösung der offenen Finanzierungsfragen für Betriebskosten, Vorhaltung und Transformation ebnen und die weiteren Schwachstellen des Gesetzes beheben. Das Prinzip der Strukturbereinigung durch maximalen finanziellen Druck muss durch belastbare finanzielle Zusagen ein Ende haben, sonst frisst die Lauterbachsche Revolution unsere Krankenhäuser“, so der VLK-Präsident.

„Kaum ein Träger wird die wirtschaftliche Schieflage der Kliniken ausgleichen können“

Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) betonte, dass es nicht um Probleme einzelner Krankenhäuser ginge, sondern dass eine ganze für die Menschen elementar wichtige Branche wirtschaftlich extrem angeschlagen sei. Und dies nicht durch eigene Schuld oder Missmanagement. Die überwiegende Mehrzahl der 1700 Krankenhäuser in Deutschland stecke in noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. „Als Vertretung der kaufmännischen Leitungen der Krankenhäuser in Deutschland sehen wir mit sehr großen Sorgen auf diese Entwicklung. Auffallend ist, dass der Kanzler und der damalige Finanzminister separate Wirtschaftsgipfel einberufen, wenn ein großer Autobauer seine Gewinnerwartung auf einen mittleren einstelligen Prozentsatz korrigiert. Dass Krankenhäuser derzeit regelhaft negative Ergebnisse  schreiben, interessiert in der politischen oder der allgemeinen Öffentlichkeit anscheinend nur wenige“, erklärte der Präsident. Kaum ein Träger werde kurz- wie mittelfristig mehr in der Lage sein, diese sich nunmehr im dritten Jahr hintereinander verschärfende wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auszugleichen.