Langzeitdaten der TARGIT-A-Studie veröffentlicht

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Eine Brustkrebstherapie, die nur eine einzige gezielte Strahlenbehandlung direkt im Anschluss an die chirurgische Entfernung eines Tumors erfordert, hat sich bei den meisten Frauen als ebenso wirksam erwiesen wie das herkömmliche Verfahren. Zudem liegt die Zahl der Todesfälle aus anderen Ursachen als Brustkrebs mit der Einmalbestrahlung deutlich unter jener der konventionell behandelten Gruppe.


Das sind die positiven Ergebnisse der langfristigen Nachbeobachtung von Patientinnen über einen Zeitraum von im Median 8,6 bis maximal 19 Jahren, die im Rahmen der großen internationalen randomisierten TARGIT-Studie A (TARGeted Intraoperative Radiation Therapy) behandelt worden sind. Sie sind aktuell im “British Medical Journal” veröffentlicht worden. Die Universitätsmedizin Mannheim (UMM) ist neben dem University College London als eines von zwei Pionier- und Leitzentren maßgeblich an der Studie beteiligt.

Die TARGIT A-Studie überprüft, ob eine einmalige Strahlenbehandlung direkt am Tumorbett ebenso wirksam einen Rückfall in der betroffenen Brust verhindert wie die mehrwöchige Bestrahlung von außen. Sie vergleicht dazu zwei strahlentherapeutische Verfahren, die die operative Entfernung des Tumors bei der brusterhaltenden Krebstherapie ergänzen: die Intraoperative Radiotherapie (IORT) und die klassische Bestrahlung der Brust von außen (external beam radiotherapy, EBRT). Dabei legten die Wissenschaftler schon zu Beginn der Studie fest, dass beide Methoden dann als gleichwertig betrachtet werden, wenn die Ergebnisse innerhalb von fünf Jahren nach der jeweiligen Behandlung um nicht mehr als 2,5 Prozent abweichen.

Das Studienzentrum der TARGIT-Studie hat seinen Sitz am University College London, wo die Studie im März 2000 startete. Die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMM, unter der damaligen Leitung von Prof. Frederik Wenz, gemeinsam mit der Universitäts-Frauenklinik unter der Leitung von Prof. Marc Sütterlin war von Beginn an in die Konzeption der Studie involviert.

Als zweites Studienzentrum weltweit hat das Mannheimer Brustzentrum seit Februar 2002 Patientinnen im Rahmen der Studie, an der sich insgesamt 32 Kliniken und medizinische Zentren in zehn Ländern beteiligt haben, mit der innovativen und schonenden Methode behandelt. Darüber hinaus koordiniert die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie die sieben deutschen, an der Studie beteiligten Zentren.

Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitbeobachtung unterstützen die Anwendung der IORT direkt nach der Entfernung des Tumors und bestätigen damit auch die positiven Ergebnisse einer früheren Erhebung im Jahr 2013, mit einem damals noch deutlich kleineren Kollektiv an Patientinnen im 5-Jahres-Verlauf. Rückfallquote und Sterberate aufgrund von Brustkrebs sind in beiden Gruppen (IORT und EBRT) nahezu gleich.

Mit einem um 1,16 % höherem Risiko, einen Rückfall zu erleiden, liegt die IORT deutlich unter der zuvor festgelegten Grenze von 2,5 %, um als gleichwertige Therapie angesehen zu werden. Die Sterberate liegt bei der IORT sogar deutlich niedriger.

Dabei fällt auf, dass Sterbefälle aus anderen Gründen, beispielsweise Ereignisse, die mit dem Herz-Kreislaufsystem zusammenhängen, bei der mittels IORT behandelten Gruppe deutlich seltener vorkommen als bei Patientinnen, die mittels EBRT behandelt wurden.

„Wir freuen uns, dass die 5-Jahres-Ergebnisse und die Langzeitergebnisse bis zu 19 Jahre nach dem Eingriff noch einmal die hervorragenden Ergebnisse der Intraoperativen Strahlentherapie bestätigen, die denen der ‘Standardtherapie’ nicht nachstehen. Das ist vor allem auch eine gute Nachricht für viele betroffene Patientinnen, da die Intraoperative Strahlentherapie die Frauen deutlich weniger belastet. Sie können nach dem Eingriff – Operation und Strahlenbehandlung – schnell wieder in ihr Leben zurückkehren und werden nicht zusätzlich durch die ansonsten täglichen Bestrahlungen mit ihrer Erkrankung konfrontiert“, erläutert Sütterlin.

„Dass die Lebensqualität nach der IORT besser ist als nach der regelmäßigen Bestrahlung der Brust von außen, ist ebenfalls durch Studiendaten belegt“, ergänzt Dr. Elena Sperk, Leiterin des Studienzentrums an der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. „Und letztlich spricht dafür auch die deutlich geringere Sterblichkeit der Patientinnen an anderen Ursachen als dem überwundenen Brustkrebs.“

Die Intraoperative Radiotherapie kommt allerdings nur für ausgewählte Patientinnen infrage, mit einzelnen Tumorherden in frühen Stadien. Mit einem solchen Kollektiv von Patientinnen ist die TARGIT-Studie durchgeführt worden.

Zahlen
Insgesamt wurden in die Studie 2298 Patientinnen eingeschlossen, davon wurden 1140 mit IORT und 1158 mit EBRT behandelt.

Rückfallquote 5 Jahre nach der Behandlung:
2,11 % nach IORT
0,95 % nach EBRT
Differenz: 1,16 %

Sterberate nach der Behandlung:
IORT: 42 / 1140
EBRT: 56 / 1158

An der Universitätsmedizin Mannheim wurden 184 dieser Patientinnen zu gleichen Teilen mit IORT und EBRT behandelt.

Rückfallquote im Mannheimer Kollektiv 5 Jahre nach der Behandlung:
0 % nach IORT
1,1 % nach EBRT

Insgesamt wurden in Deutschland 725 Patientinnen in 7 Zentren in die Studie eingeschlossen.

Publikation: Long term survival and local control outcomes from single dose targeted intraoperative radiotherapy during lumpectomy (TARGIT-IORT) for early breast cancer: TARGIT-A randomised clinical trial
Jayant S. Vaidya, Max Bulsara, Michael Baum, Frederik Wenz, Jeffrey S. Tobias, et al. British Medical Journal BMJ 2020; 370:m2836
https://doi.org/10.1136/bmj.m2836 (Published 19 August 2020)