Laryngeale Dystonie: Medikamentöse Therapie mit Natriumoxybat9. Dezember 2024 Foto: megaflopp/stock.adobe.com Wie eine aktuelle Studie zeigt, konnte Natriumoxybat bei Patienten mit laryngealer Dystonie eine – allerdings vorübergehende – Linderung der Symptome bewirken, welche die Sprachfunktion beeinträchtigen. Laryngeale Dystonie (LD) ist eine seltene neurologische Erkrankung, die aufgrund unkontrollierbarer Stimmbandkrämpfe die Sprechfunktion erheblich beeinträchtigt. Das kann das soziale Leben, den Beruf und die psychische Gesundheit der Betroffenen – und damit deren Lebensqualität stark einschränken. Derzeit wird LD meist mit Botulinum-Neurotoxin (Botox)-Injektionen behandelt. Aber die Therapie wirkt bei bis zu 40 Prozent der Patienten nicht. Eine Studie unter der Leitung von Forschern von Mass Eye and Ear, Boston (USA), zeigt nun, dass oral verabreichtes Natriumoxybat, bei Patienten, deren Symptome sich durch Alkoholkonsum verbessern, wirksamer ist als ein Placebo. Die Ergebnisse der randomisierten klinischen Phase-IIb-Studie stützen sich auf mehr als ein Jahrzehnt der Forschung, die durch anekdotische Berichte von Patienten mit LD angeregt wurde. Diese gaben an, dass sich ihre Symptome nach dem Konsum einiger alkoholischer Getränke verbesserten. Natriumoxybat wirkt auf das zentrale Nervensystem und ist in den USA zur Behandlung von Patienten mit Narkolepsie zugelassen, in Deutschland ebenfalls. Der Wirkstoff ahmt bestimmte Auswirkungen von Alkohol nach. In der Studie mit mehr als 100 Patienten verbesserte eine Einzeldosis Natriumoxybat die Symptome von Patienten mit alkoholbedingter Lethargie erheblich, ohne schwerwiegende Nebenwirkungen zu verursachen. Die Mindestwirksamkeit des Medikaments lag bei 16 Prozent Stimmverbesserung, der Durchschnitt bei 41 Prozent bei Patienten mit alkoholbedingter Lethargie. Bei LD-Patienten, deren Symptome sich durch Alkohol nicht verbessern, zeigte Natriumoxybat keine signifikanten Veränderungen gegenüber Placebo. „Unsere Studie gibt uns Hoffnung auf eine neue, wirksame Behandlung, die einigen dieser Patienten angeboten werden kann“, erklärte Hauptautorin Dr. Kristina Simonyan, stellvertretende Vorsitzende für klinische Forschung in der Abteilung für Otolaryngologie-Kopf- und Halschirurgie am Mass Eye and Ear und Professorin für Otolaryngologie-Kopf- und Halschirurgie an der Harvard Medical School. Das Team konnte bereits in früheren offenen Studien konnte das Team zeigen, dass Natriumoxybat die Stimmsymptome bei 82 Prozent der Patienten mit LD, die auf Alkohol anspricht, verbessert. In ihrer neuen Studie wollten die Autoren die Wirksamkeit des Medikaments in einem strengeren Vergleich mit einem Placebo unter Verwendung eines doppelblinden, randomisierten klinischen Studiendesigns bestätigen. Die Forschenden nahmen 106 Teilnehmer mit LD auf, von denen 50 auf Alkohol reagierende Symptome aufwiesen. Die Alkoholempfindlichkeit wurde durch einen standardisierten Alkoholtest mit einer kontrollierten Menge Wodka ermittelt. Im Laufe von zwei Tagen erhielt jeder Patient eine Einzeldosis von 1,5 g Natriumoxybat oder ein Placebo, das in Geschmack, Geruch, Farbe und Aussehen mit dem Medikament identisch war. Die Studie wurde doppelblind durchgeführt. Um die Wirksamkeit der Behandlung zu testen, bewertete das Team die Stimmsymptome der Patienten vor der Behandlung und in verschiedenen Abständen nach der Behandlung. Natriumoxybat war bei Patienten mit alkoholresponsiver LD signifikant wirksamer bei der Verringerung der Symptome als Placebo, nicht jedoch bei Patienten, deren Symptome sich durch Alkohol nicht verbessern. Die Wirksamkeit von Natriumoxybat bei auf Alkohol ansprechender LD unterschied sich nicht zwischen Patienten mit unterschiedlichem Schweregrad der Symptome (leicht bis schwer) oder solchen, die zusätzliche Stimmsymptome wie zum Beispiel Stimmtremor hatten. Die Stimmsymptome bei Patienten mit alkoholresponsiver LD verbesserten sich etwa 40 Minuten nach der Einnahme des Medikaments signifikant, wobei die Wirkung bis zu fünf Stunden anhielt. Obwohl bei einigen Patienten leichte und vorübergehende Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel und Tagesmüdigkeit auftraten, gab es keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Natriumoxybat je nach Bedarf eingenommen werden kann, beispielsweise vor der Arbeit oder einer gesellschaftlichen Veranstaltung, sodass die Patienten die Behandlung auf ihre eigenen täglichen Bedürfnisse abstimmen und ihre Symptome in den Griff bekommen können“, hofft Simonyan. Für die Zukunft plant das Team eine randomisierte klinische Phase-III-Studie an mehreren Standorten, um die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments bei LD-Patienten weiter zu untersuchen. In Simonyans Labor werden zudem Studien durchgeführt, bei denen mithilfe Künstlicher Intelligenz ermittelt werden soll, welche Patienten von der Behandlung profitieren könnten. Das Team forscht auch an alternativen Therapien für LD-Patienten, deren Symptome nicht auf Alkohol ansprechen.
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