Lebenslange Exposition gegenüber Pestiziden am Arbeitsplatz stehen mit erhöhtem COPD-Risiko in Zusammenhang26. Januar 2022 Foto: © Dusko/stock.adobe.com Die lebenslange Exposition gegenüber Pestiziden am Arbeitsplatz ist mit einem erhöhten Risiko für eine Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) verbunden. Das geht aus einer großen bevölkerungsbezogenen Studie hervor. Die Ergebnisse erwiesen sich dabei als unabhängig von den wichtigsten Risikofaktoren für eine COPD: Rauchen und Asthma. Jüngste Schätzungen gehen den Studienautorinnen und -autoren zufolge davon aus, dass etwa 14 Prozent aller COPD-Fälle mit Tätigkeiten und Expositionen am Arbeitsplatz zusammenhängen. Genau zu bestimmen, welche beruflichen Tätigkeiten und Expositionsniveaus die größten Auswirkungen haben können, kann schwierig sein: Dafür bedarf es Untersuchungen, in die eine ausreichende Anzahl von Personen mit vollständiger Erwerbshistorie einbezogen sind, die über einen ausreichend langen Zeitraum beobachtet werden. Den Verfasserinnen und Verfassern der gerade in „Thorax“ publizierten Studie ist es gelungen, diese Schwierigkeiten zu umgehen, indem sie sich auf Daten der UK Biobank stützten. Dabei handelt es sich um eine große bevölkerungsbezogene Studie mit mehr als einer halben Million Männern und Frauen (Alter zwischen 40 und 69 Jahren), die zwischen 2006 und 2010 in ganz Großbritannien rekrutiert wurden. Bei Aufnahme der Probandinnen und Probanden in die UK Biobank wurden persönliche Daten (u.a. Alter, Geschlecht, lebenslange Historie des Tabakkonsums, aktuelle berufliche Tätigkeit und ärztlich diagnostiziertes Asthma) gesammelt und Untersuchungen zur körperlichen Gesundheit (u.a. Spirometrie, Lungenfuntkionstest) durchgeführt. Von den 502.649 Teilnehmenden, für die alle personenbezogenen Daten zur Verfügung standen, unterzogen sich 457.282 (91%) auch einer spirometrischen Untersuchung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sammelten Informationen zum beruflichen Werdegang der Personen und kodierten sie mit OSCAR: einem validierten webbasierten Tool, das zur Kategorisierung bezahlter Beschäftigungen für einen Mindestzeitraum von 6 Monaten verwendet wird. Zudem kam eine Matrix für die Exposition gegenüber Schadstoffen am Arbeitsplatz zum Einsatz. In drei Expositionsstufen von 0 (keine) über 1 (niedrig) bis 2 (hoch) beurteilte man zehn Kategorien von Stoffen, mit denen Berufstätige an ihrem Arbeitsplatz in Kontakt kommen. Dazu gehörten biologische Stäube, mineralische Stäube, Gase und Dämpfe, Herbizide, Insektizide, Fungizide, aromatische Lösungsmittel, chlorierte Lösungsmittel, andere Lösungsmittel und Metalle – plus zwei Gemische der oben genannten, um alle Pestizide und Dämpfe, Gase, Stäube und Dämpfe einzuschließen. Die endgültige Analyse basierte auf 94.514 Personen, für die vollständige Daten, qualitativ hochwertige Lungenfunktionstests und vollständige Historien bezüglich der beruflichen Tätigkeit und des Tabakkonsums verfügbar waren. Die meisten in die Analyse eingeschlossenen Personen hatten noch nie geraucht (55.574; 59%) und nur wenige waren aktuelle Raucher (5.298; 5,5 %). Bei etwa elf Prozent der Teilnehmenden wurde Asthma diagnostiziert. Die Prävalenz der durch Spirometrie festgestellten COPD betrug acht Prozent, was 7603 Fällen entspricht. Wenig überraschend war die COPD-Prävalenz bei aktuellen Rauchern (17%) höher als bei ehemaligen Rauchern (9%) und Niemalsrauchern (7%). Relativ wenige Personen waren im Rahmen ihrer Arbeit ausschließlich Pestiziden ausgesetzt: etwas mehr als vier Prozent der COPD-Patientinnen und -Patienten und 3,5 Prozent der Personen ohne COPD. Allerdings erwies sich fast die Hälfte der Probandinnen und Probanden mit (48%) und ohne (47%) COPD als gegenüber einem Gemisch aus mehreren Stoffen exponiert. Bemerkenswerterweise, so berichten die Forschenden, seien die meisten der in die Studie eingeschlossenen Personen während ihrer beruflichen Tätigkeit nur geringen Konzentrationen von Schadstoffen ausgesetzt gewesen. Nach Berücksichtigung potenzieller Einflussfaktoren war die Exposition gegenüber Pestiziden am Arbeitsplatz zu jedem Zeitpunkt mit einem um 13 Prozent erhöhten COPD-Risiko verbunden, während eine hohe kumulative Exposition (Kombination aus Intensität und Dauer der Exposition) mit einer um 32 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine COPD assoziiert war. Dies wurde weiter bestätigt, nachdem die gleichzeitige Exposition gegenüber anderen Schadstoffen berücksichtigt wurde, sowie in zusätzlichen Analysen. Letztere waren auf die Personen beschränkt, bei denen nie Asthma diagnostiziert worden war, sowie auf solche, die niemals geraucht hatten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler merken außerdem an, dass positive lineare Assoziationen für alle Expositionsindizes (Intensität, kumulativ und Dauer) beobachtet wurden. Bei keinem der anderen Stoffe in der Arbeitsplatz-Expositionsmatrix, einschließlich Stäuben und Metallen, wurde ein signifikant erhöhtes COPD-Risiko festgestellt. Die Forschenden weisen darauf hin, dass es sich hier um eine Beobachtungsstudie handelt, in der keine kausalen Zusammenhänge beobachtet werden können. Ebenso war es nicht möglich, die Auswirkungen bestimmter Pestizide genau zu bestimmen. Die Studienautorinnen und -autoren kommen dennoch zu dem Schluss, dass die berufliche Exposition gegenüber Pestiziden mit einem COPD-Risiko in Verbindung gebracht könne. „Fokussierte Präventionsstrategien für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pestiziden ausgesetzt sind, können die damit verbundene COPD-Last verhindern“, formulieren sie. Originalarbeit: De Matteis S et al. Lifetime occupational exposures and chronic obstructive pulmonary disease risk in the UK Biobank cohort. Thorax 25.01.2022
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