Lebensverlängernd oder palliativ? Diskrepanz zwischen Zielen der Patienten und Behandlungsabsichten

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Einer neuen Studie zufolge berichten viele Patienten mit fortgeschrittenem Krebs, dass bei ihrer Behandlung anstelle einer möglichst guten Lebensqualität das Überleben im Vordergrund steht – selbst wenn ihr eigenes Ziel das Gegenteil ist.

Die Behandlung schwerer Erkrankungen zielt in der Regel darauf ab, das Überleben und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Doch in manchen Fällen lassen sich diese Ziele nicht miteinander vereinen. Damit Patienten keine zusätzliche Belastung durch Behandlungen erfahren, die ihren Wünschen widersprechen, müssen Ärzte die individuellen Anliegen ihrer Patienten erkennen und verstehen.

„Bei der Behandlung von fortgeschrittenem Krebs besteht das Ziel darin, den Patienten zu ermöglichen, so lange und so gut wie möglich zu leben. Doch manchmal stehen Patienten und Onkologen vor schwierigen Entscheidungen, insbesondere wenn die Ziele, länger zu leben und sich wohlzufühlen, anfangen miteinander zu konkurrieren“, erklärt Erstautor Dr. Manan P. Shah von der University of California (USA).

Krebspatienten berichten häufiger von diskordanter Behandlung

Um den Zusammenhang zwischen den Präferenzen der Patienten und ihrer Behandlung zu untersuchen, analysierten Shah et al. die Umfrageergebnisse von Erwachsenen mit fortgeschrittenem Krebs und anderen schweren Erkrankungen, die an einer multizentrischen Studie zur vorausschauenden Versorgungsplanung (Advance Care Planning) teilnahmen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Cancer“ veröffentlicht.

Von 1.099 Teilnehmenden bevorzugten 49 Prozent der 231 Patienten mit fortgeschrittenem Krebs eine palliativmedizinische, auf die Lebensqualität abzielende Therapie, und 16 Prozent der 231 Patienten verstarben innerhalb von zwei Jahren. Diese Anteile ähnelten denen der 868 Patienten mit anderen schweren Erkrankungen (48 Prozent bzw. 13 Prozent). Unter den Patienten, die eine auf die Lebensqualität abzielende Therapie bevorzugten, berichteten Krebspatienten häufiger über eine nicht übereinstimmende lebensverlängernde Behandlung als Patienten mit anderen Erkrankungen (37 Prozent gegenüber 19 Prozent).

Ziele und Absichten klar kommunizieren

Darüber hinaus schien eine lebensverlängernde Behandlung das Leben von Patienten, die dies nicht wünschten, nicht wirklich zu verlängern. Denn bei Krebspatienten, die eine auf die Lebensqualität abzielende Behandlung bevorzugten, gab es keinen signifikanten Unterschied in der Zweijahresmortalität zwischen denen, die eine diskordante lebensverlängernde Behandlung angaben, und denen, die eine konkordante auf die Lebensqualität abzielende Therapie erhielten.

„Diese Diskrepanz zwischen dem, was Patienten wollen und dem, was sie ihrer Meinung nach erhalten, ist ein wichtiges Thema“, kommentiert Shah. „Eine wichtige Erkenntnis ist, dass Ärzte offen mit ihren Patienten über deren Ziele sprechen müssen. Sie müssen die Absicht ihrer Behandlung klar verständlich machen und versuchen, tatsächliche oder vermeintliche Diskrepanzen zwischen diesen Behandlungsabsichten und den persönlichen Präferenzen der Patienten zu beseitigen.“

(mkl/BIERMANN)