Lieferengpass stört Nervenfunktion9. März 2018 Lokalisation der 7SK-RNA in Motoneuronen, deren Form durch das Strukturprotein Tubulin dargestellt wurde. (Foto: Hanaa Ghanawi) Bei Krankheiten wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) sind wichtige Transportprozesse in den Nervenzellen gestört. Würzburger Forscher haben jetzt zentrale Akteure in diesem Geschehen identifiziert. Zwei Partner müssen zueinander finden, damit sie in speziellen Nervenfasern Stoffe bis an die entlegenen Enden dieser Fasern transportieren und damit deren Funktion sichern können. Ist diese Partnerbildung gestört, gehen die Zellen im schlimmsten Fall zugrunde; die Betroffenen entwickeln neurodegenerative Krankheiten wie die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) oder die Spinale Muskelatrophie. Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie, die Wissenschaftler vom Institut für Klinische Neurobiologie am Universitätsklinikum Würzburg um Prof. Michael Sendtner und seinen Mitarbeiter Dr. Michael Briese durchgeführt haben. „Aus früheren Studien ist bekannt, dass bei Krankheiten wie der Amyotrophen Lateralsklerose und der Spinalen Muskelatrophie Defekte in der Signalübertragung von Motoneuronen zum Muskel eine zentrale Rolle spielen“, erklärte Briese. Auslöser dieser Defekte sind Störungen beim Transport von Messenger-RNAs (mRNAs) bis in die Axone der Motoneurone. Mangel in den Axonen „Fehlen die mRNAs, können die entsprechenden Proteine in diesem für die Funktion der Nervenzellen wichtigen Zellkompartiment nicht mehr synthetisiert werden“, erklärte Briese. Die Zusammensetzung der für den Transport dieser mRNAs notwendigen Partikel ist bisher unbekannt. Die Arbeitsgruppe um Briese, Lena Saal-Bauernschubert und Sendtner konnte jedoch zeigen, dass auch eine nicht kodierende RNA maßgeblich an diesen Transportkomplexen beteiligt ist. Ihr Name: 7SK. Die Forscher haben dafür neue Zellkultursysteme entwickelt, mit denen es möglich ist, die Funktion solcher mRNA-Partikel für den Transport von mRNAs ins Axon zu untersuchen. Damit konnten sie zeigen, dass 7SK zusammen mit dem RNA-bindenden Protein hnRNP R an Transportkomplexen für funktionell wichtige mRNAs beteiligt ist. Fehlt einer der beiden Partner, werden diese Transportkomplexe gestört mit den bereits beschriebenen Folgen: ein verminderter Transport der assoziierten mRNAs und dadurch ein reduziertes Axonwachstum. Neue Möglichkeiten für die Pharma-Forschung Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnen ihre Ergebnisse neue Möglichkeiten für die Pharma-Forschung. „Damit können möglicherweise neue Therapien, die bereits jetzt mit großem Erfolg in der Klinik bei der Behandlung der Spinalen Muskelatrophie eingesetzt werden, noch weiter verbessert werden, indem Optionen geschaffen werden, mit denen die Zusammensetzung und die Regulation solcher RNA-Transportkomplexe in Axonen von Motoneuronen beeinflusst werden kann“, hofft Briese. Gleichzeitig wünschen sich die Wissenschaftler, dass durch die neuen Ergebnisse die Rolle des mRNA-Transports für die Funktion von Motoneuronen und dessen Störungen bei neurodegenerativen Erkrankungen vermehrt in den Blickpunkt der Forschung rücken. Briese und Sendtner wollen auf alle Fälle in einem nächsten Schritt untersuchen, inwiefern die neu identifizierten Transportpartikel bei Motoneuron-Erkrankungen gestört sind und dadurch zu der Degeneration der Motoneurone beitragen. Originalpublikation: Briese M et al.: PNAS, 5. März 2018
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