Life Sciences Bridge Award für Judith Feucht: CAR-T-Zellen besser munitionieren29. September 2025 Prof. Judith Feucht vom Universitätsklinikum Tübingen wird von der Aventis Foundation mit einem Life Sciences Bridge Award ausgezeichnet. Quelle: Uwe Dettmar/©Aventis Foundation Dr. Judith Feucht (41), W2-Professorin an der Universität Tübingen, hat während ihrer Postdoktorandenzeit am Memorial Sloan Kettering Cancer Center eine modifizierte Form von CAR-T-Zellen erfunden. Um ihr den Weg zu einer unbefristeten Professur zu ebnen, hat ihr die Aventis Foundation am 26.09.2025 einen Life Sciences Bridge Award verliehen. Die zytotoxischen CD8-T-Zellen des adaptiven Immunsystems können alle Zellen abtöten, die sie als Krebszellen erkennen. Das gelingt ihnen aber nur dann, wenn ihnen eine Krebszelle Bruchstücke ihrer Proteine in speziellen Bilderrahmen, den MHC-I-Molekülen, als Antigene präsentiert. Dieser fatalen Detektion versuchen Krebszellen unter anderem dadurch zu entgehen, dass sie die Zahl der auf ihrer Oberfläche ausgestellten Antigene drastisch senken. Damit lassen sie die Killerzellen ins Leere laufen, denn deren Rezeptoren erkennen Antigene außerhalb von MHC-I-Molekülen nicht. CAR-T-Zellen bieten einen Ausweg aus diesem Dilemma. Sie nutzen die Fähigkeit von Antikörpern, an MHC-I-unabhängige Krebsantigene anzudocken. Die Rezeptoren von CAR-T-Zellen sind deshalb Chimären aus einem antikörperartigen Kopf und einem T-Zell-aktivierenden Körper. Diese CARs werden gentechnisch hergestellt. Dann werden sie in die T-Zellen eines Patienten verpflanzt, dem diese vorher entnommen worden waren. Die so entstandenen CAR-T-Zellen werden demselben Patienten anschließend wieder verabreicht. Verbesserte CAR-Variante in klinischer Prüfung Die ersten wirksamen CARs konstruierte Prof. Michel Sadelain 2003. Von 2015 bis 2020 arbeitete Feucht als Postdoktorandin in dessen Labor am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. Dabei erfand sie eine CAR-Variante, die die Wirksamkeit und Verträglichkeit von CAR-T-Zelltherapien präklinisch deutlich verbesserte. Auch an Patienten werden Therapien mit dieser Variante bereits geprüft. Klinisch wurden CAR-T-Zelltherapien zur Behandlung fortgeschrittener Leukämien bei Kindern 2012 von Prof. Carl June an der Universität von Pennsylvania erstmals im Rahmen einer klinischen Studie geprüft – mit erstaunlichem Erfolg. In dieser Indikation wurde 2017 die erste CAR-T-Zelltherapie zugelassen. Auch alle weiteren zugelassenen CAR-T-Zelltherapien führen bei bestimmten Blutkrebsarten nach einmaliger Gabe zu bemerkenswerten Remissionsraten. Während sie ihre Arbeit anfangs gründlich verrichten, verlieren sie aber später allmählich ihre Wirksamkeit. Offenbar ermüden sie schnell, weil sie auf das Signal „Krebszelle entdeckt!“ zu heftig reagieren und ihre Munition voreilig verschießen. Feucht fahndete nach einem Ansatzpunkt zur Reduktion dieser Überreaktion. CAR-T-Zellen mit nur einem ITAM wirken meist besser Sie fand ihn im aktivierenden Signaldomänen-Anteil herkömmlicher CARs. Dort bilden Immunoreceptor Tyrosine-based Activation Motifs (ITAMs) drei Schnittstellen, die die Signalstärke modulieren. Warum drei? fragte sich Feucht. In aufwändigen Experimenten erzeugte sie zusammen mit ihrer Gruppe CARs, denen ein oder zwei ITAMs fehlten – mit dem überraschenden Ergebnis, dass CAR-T-Zellen, deren zweites und drittes ITAM sie entfernt hatte, im Tiermodell meist besser wirkten als das Original. Diese 1XX-CAR-T-Zellen ermüdeten nicht nur langsamer, sondern bildeten auch häufiger langlebige Gedächtniszellen. Dadurch eignen sie sich eventuell auch zur Behandlung solider Tumore. Klinische Studien in den Indikationen Mesotheliom und Brustkrebs haben begonnen. Eine klinische Phase-I-Studie an erwachsenen Blutkrebs-Patienten, die jüngst publiziert wurde, ergab, dass eine 1XX-CAR-T-Zelltherapie schon in relativ geringer Dosierung gut wirkt. Das senkt auch das Risiko lebensbedrohlicher Nebenwirkungen. Feucht hat auch modifizierte CARs für die T-Zelltherapie altersbedingter Krankheiten miterfunden. Für deren Entwicklung stattete sie das European Research Council 2022 mit einem Starting Grant aus. Seit ihrer Rückkehr nach Tübingen forscht Feucht, die auch als Ärztin in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Tübingen praktiziert, dort im Verbund von iFIT, dem einzigen onkologischen Exzellenzcluster Deutschlands. Preisträgerin setzt sich für Vereinbarkeit von Familie und Karriere ein Zusammen mit ihrem Mann Juniorprofessor Josef Leibold führt sie ein Gemeinschaftslabor. Engagiert setzt sich die Mutter einer dreijährigen Tochter als Mentorin junger Wissenschaftlerinnen dafür ein, die Vereinbarkeit von Familie und Karriere zu fördern. „Judith Feucht arbeitet mit enormem Erfolg an der Front der CAR-T-Zellforschung. Als Designerin optimierter Krebskillerzellen hat sie bereits Erhebliches geleistet“, sagt Prof. Werner Müller-Esterl, Vorsitzender der Jury des Life Sciences Bridge Award. „Wir möchten ihr mit diesem Preis über die Brücke zu einer unbefristeten Professur helfen.“ Der Life Sciences Bridge Award ist einer der höchstdotierten Nachwuchspreise Deutschlands. Er wird jährlich an drei Preisträger vergeben, die an deutschen Universitäten forschen.Sie erhalten jeweils 100.000 Euro. Zehn Prozent davon dürfen sie für persönliche Zwecke nutzen, der Rest ist der Finanzierung ihrer Forschung vorbehalten. Die Aventis Foundation ist eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie dient der Förderung von Kunst und Kultur sowie von Wissenschaft, Forschung und Lehre.
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