Lipidsenker kein Risikofaktor bei COVID-19

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Cholesterinsenkende Medikamente begünstigen eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 nicht. Das ist das Ergebnis einer deutsch-schwedischen In-vitro-Studie, die aktuell im Fachjournal „iScience“ veröffentlicht wurde.

Menschen, die Statine einnehmen, gehören zur besonders gefährdeten Risikogruppe für schwere Verläufe einer COVID-19-Infektion. Frühere Studien haben zwar bereits gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Statinen und einer geringeren Sterblichkeit bei COVID-19 gibt. Es wird jedoch auch vermutet, dass Statine die Expression des ACE2-Rezeptors von SARS-CoV-2 verstärken, mit dem das Virus an die Zellmembran andockt. Welchen Einfluss das auf den Zelleintritt und die Replikation des Virus hat, war bisher nicht bekannt.

Ein Forscherteam vom TWINCORE – Zentrum für experimentelle und klinische Infektionsforschung und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover unter der Leitung von Prof. Gisa Gerold hat nun gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und der Umea Universität in Schweden mehrere Lipidsenker aus der Gruppe der Statine im Zellkulturmodell untersucht.

Zunächst hat Gerolds Team analysiert, wie gut mit verschiedenen Lipidsenkern vorbehandelte Zellen im Labor mit dem Coronavirus 229E infiziert werden können. Dieses harmlose Erkältungsvirus ist eng mit SARS-CoV-2 verwandt. „Zellen, die mit Statinen behandelt waren, wurden in geringerem Maße mit dem Coronavirus 229E infiziert“, sagt die Virologin. „Diesen Effekt haben wir am deutlichsten für das Mittel Fluvastatin beobachtet.“

Diese Beobachtungen überprüften die Forscher anschließend in Versuchen mit dem „echten“ SARS-CoV-2 im Hochsicherheitslabor. „Vor allem in der Kulturflüssigkeit der mit Fluvastatin vorbehandelten Zellen haben wir niedrigere Konzentrationen des Virus gemessen“, erläutert Gerold. Dies deute darauf hin, dass Fluvastatin keinen verstärkenden Effekt auf die Empfänglichkeit von Zellen für das Virus habe. Diese Befunde wurden in Atemwegsepithelkulturen von drei Spendern bestätigt. Da Statine aber auch Immunantworten modulieren können, will das Team in Folgestudien komplexere SARS-CoV-2 Infektionsmodelle auf den Effekt von Statinen testen.

„Wir konnten zeigen, dass die Statin-Therapie keine nachteiligen Auswirkungen auf eine mögliche Infektion von Lungenepithelzellen mit dem neuen SARS-Coronavirus hat“, fasst die Studienleiterin zusammen. Ihr zufolge kann die Einnahme von Statinen daher gefahrlos fortgesetzt werden – auch wenn die Forschenden nur einen milden positiven Effekt beobachten konnten.