Lokaltherapie bei entzündlichen Gelenkerkrankungen

Regelmäßige orhtopädisch-rheumatologische Kontrollunterssuchungen, mindestens einmal im Jahr werden empfohlen. (Foto: 상은-신 – stock.adobe.com)

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind ein wichtiger Baustein bei der individuellen Therapie entzündlich rheumatischer Gelenkerkrankungen. Doch wann hilft nur noch eine Operation?

Durch die Einführung der Biologikatherapie ist es zu einer deutlichen Reduktion der Krankheitsaktivität von entzündlichen Synovialerkrankungen gekommen, sagte Prof. Sebastian Seitz, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), auf der Pressekonferenz zum Deutschen Rheumatologenkongress in Leipzig. „Man sieht schwere Verläufe mit grotesken Fehlstellungen vieler Gelenke eigentlich nicht mehr, sie gehören der Vergangenheit an“, so der Chefarzt der Orthopädie am Klinikum Hochsauerland, Arnsberg. Dennoch könne das Gelenk auch bei niedriger Krankheitsaktivität weiter geschädigt werden. Einerseits habe sich das therapeutische Fenster für gelenkerhaltenende Eingriffe eröffnet, andererseits aber auch die Zahl der Eingriffe abgenommen.

Füße und Hüfte beachten

„Unter immunmodulierender Therapie beobachten wir vor allem schmerzlose Gelenkschwellungen einzelner weniger Gelenke bei niedriger Krankheitsaktivität“, berichtete Seitz. Die Motivation der Patienten, sich mit dieser subklinischen Synovialitis, dem rebellischen Gelenk, beim orthopädischen Rheumatologen vorzustellen, sei gering und erfolge oft auch zu spät, wenn bereits Gelenk- oder Sehnen­destruktionen eingetreten seien1, so Seitz. Gängige Scores wie der DAS 28 (Disease Activity Score) vernachlässigten zudem häufig die Füße und die Hüfte. Es könne nämlich eine scheinbar niedrige Krankheitsaktivität bei hoher entzündlicher Aktivität dieser Gelenke vorliegen.

Routine: Gelenke ­kontrollieren

„Wir empfehlen daher, routinemäßig mindestens eine orthopädisch-rheumatologische Jahreskontrolluntersuchung, am besten an einem Rheumatologischen Zentrum, durchzuführen2, um die Stabilität und Funktion der Gelenke zu testen“, so der Experte. In der Folge könne so ein gezielt durchgeführter gelenkerhaltender Eingriff im besten Fall eine weitere Schädigung des Gelenkes vermeiden. Während vor dem Biologikazeitalter Konsens bestand, erst sechs Monate nach ausbleibendem Erfolg einer eingeleiteten Basistherapie operativ tätig zu werden, habe sich das Zeitintervall heute nach dem „Hit hard und early“-Konzept auf sechs Wochen verkürzt3–5, so der DGORh-Kongresspräsident.

Synovektomie durchführen

„Abhängig vom Entzündungsgrad der betroffenen Gelenkschleimhaut, den man gut durch eine klinische Unter­suchung und sonographische Techniken beurteilen kann, kann vor einem operativen Eingriff und bei niedriger Entzündungsaktivität zunächst eine Injektion mit Kortison erfolgen“, sagte Seitz. Bei hoher Entzündungsaktivität der Synovialitis oder Versagen der Kortisoninfiltration sollte die Gelenkschleimhaut zeitnah komplett operativ entfernt werden, erläuterte Seitz weiter. Während früher dabei offene Verfahren mit Weichteilverletzungen zur Anwendung kamen, erfolge dies heute zunehmend arthroskopisch, wobei auch schwer zugängliche Areale adressiert werden könnten. „Je früher und schonender die operative Entfernung der Gelenkschleimhaut durch­geführt wird, desto besser sind die Ergebnisse der Schmerzreduktion und Gelenkfunktion und der Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf. Oftmals kann dann auch die Medikamentendosis reduziert werden3“, berichtete der Experte weiter.

Besonderheit Sehnen

Eine Besonderheit stellen Seitz ­zufolge die Sehnen dar, „weil sie ein etwas schlechteres Ansprechen auf die Biologika-Therapie haben, sodass bei Entzündung der Sehnenschleimhäute es frühzeitig zu einer Druchwanderung der Sehne kommen kann, die dann in der Folge rupturiert, was danach nur durch aufwendige Rekonstruktionsverfahren oft mit Sehnenplastiken wieder zu beheben ist und für den Patienten letztendlich aber eine eingeschänkten Funktion bedeutet“, erklärte der Experte. Er forderte daher rechtzeitige orthopädisch-rheumatologische Kontrollien, um bei Sehnenscheidenentzündungen so früh wie möglich – am besten innerhalb der ersten sechs Wochen – die entzündeten Schleimhäute operativ zu entfernen6.

Endoprothetische Versorgung

Ist es bereits zu einer arthritischen Gelenkdestruktion gekommen, besteht nach Angaben des Experten keine Indikation zur Entfernung der Gelenkschleimhaut mehr. „In diesen Fällen kommen dann der endoprothetische Gelenkersatz beziehungsweise Arthrodesen oder Resektionsarthoplastiken infrage, wobei die beiden letztgenannten eher in den Hintergrund geraten, weil nahezu fast jedes Gelenk endoprothetisch versorgt werden kann mit Ausnahme der Hand- und Fußwurzelgelenke“, betonte Seitz.
„In den letzten Jahren ist es durch ein verändertes Prothesendesign zu kleinen knochensparenden Prothesen aber auch durch Verbesserung der Materialeigenschaften zu geringeren Abriebsraten gekommen, was letztendlich die Standzeiten der Prothesen verlängert und einen Prothesen­wechels erleichtert, falls es doch einmal zu einer Lockerung kommt“, berichtete der DGORh-Präsident weiter.
Dies und verbesserte Operationstechniken mit weichteilschonenden minimalinvasiven Zugängen, hätten laut Seitz dazu geführt, dass auch jüngere Patienten mit sehr guten, langfristigen Ergebnissen endoprothetisch versorgt werden können7.

Fazit: Aufgrund der prä-, peri- und postoperativen Besonderheiten rheumatisch erkrankter Patienten sollte deren Behandlung Seitz zufolge idealerweise an einem Rheumatologischen Zentrum stattfinden, „am besten mit einem internistischen Rheumatologen als Partner“, zog der Experte das Fazit. (hr)