Long-COVID: Weitaus höhere Wahrscheinlichkeit bei Frauen als bei Männern – Dringende Notwendigkeit für nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten

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Eine neue Studie zeigt, dass Frauen signifikant häufiger an Long-COVID leiden als Männer und dabei auch deutlich andere Symptome aufweisen.

In der Analyse der Daten von rund 1,3 Millionen Patienten beobachteten die Forschenden, dass Frauen mit Long-COVID eine Vielzahl von Symptomen aufweisen, darunter Ohren-, Nasen- und Rachenprobleme sowie affektive, neurologische, gastrointestinale beziehungsweise rheumatologische Störungen und Hautprobleme sowie Müdigkeit. Bei männlichen Patienten traten jedoch häufiger endokrine Störungen wie Diabetes und Nierenerkrankungen auf.

„Das Wissen um grundlegende Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die die klinischen Manifestationen, den Krankheitsverlauf und die gesundheitlichen Folgen von COVID-19 untermauern, ist entscheidend für die Identifizierung und rationale Gestaltung wirksamer Therapien und Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die den potenziellen unterschiedlichen Behandlungsbedarf beider Geschlechter einschließen und berücksichtigen“, erklären die Autoren.

„Unterschiede in der Funktion des Immunsystems zwischen Frauen und Männern könnten ein wichtiger Faktor für Geschlechtsunterschiede beim Long-COVID-Syndrom sein“, heißt es weiter. „Frauen entwickeln raschere und robustere angeborene und adaptive Immunantworten, die sie vor einer initialen Infektion und einem hohen Schweregrad einer solchen schützen können. Derselbe Unterschied kann Frauen jedoch anfälliger für anhaltende Autoimmunerkrankungen machen.“

Bei der Untersuchung beschränkten die Forschenden ihre Suche auf wissenschaftliche Arbeiten, die zwischen Dezember 2019 und August 2020 zu COVID-19 beziehungsweise zwischen Januar 2020 und Juni 2021 zu Long-COVID veröffentlicht worden waren. Die gesamte Stichprobengröße der überprüften Artikel belief sich auf 1.393.355 Einzelpersonen. Während dies zunächst viel erscheint, lieferten aber nur 35 der insgesamt 640.634 Artikel in der Literatur nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten mit ausreichenden Details zu Symptomen und Folgen der COVID-19-Erkrankung, um zu verstehen, wie Frauen und Männer die Krankheit unterschiedlich erleben.

Wenn man sich die Frühphase von COVID-19 ansieht, zeigen die Ergebnisse, dass weibliche Patienten viel häufiger an Stimmungsstörungen wie Depressionen sowie an Hals-, Nasen- und Ohrensymptomen, Schmerzen des Bewegungsapparates und Atembeschwerden litten. Männliche Patienten hingegen wiesen eher Nierenerkrankungen auf.

Die Autoren betonen, dass diese Zusammenfassung der verfügbaren Literatur zu den wenigen gehört, die die spezifischen gesundheitlichen Manifestationen, die als Folge von COVID-bedingten Erkrankungen auftreten, nach Geschlecht aufschlüsselt. In zahlreichen Studien seien die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Krankenhausaufenthalt, Aufnahme auf eine Intensivstation, Beatmungsunterstützung und Sterblichkeit untersucht worden, sagen sie. Die spezifischen Leiden aber, die durch SARS-CoV-2 verursacht werden sowie die langfristigen körperlichen Schäden seien in Bezug auf die Geschlechter noch zu wenig erforscht.

„Bei früheren Coronavirus-Ausbrüchen wurde über geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Outcomes berichtet“, fügen die Autoren hinzu. „Daher hätten Unterschiede in den Ergebnissen zwischen Frauen und Männern, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, erwartet werden können. Leider wurden in den meisten Studien keine detaillierten Daten nach Geschlecht ausgewertet oder dokumentiert, was geschlechtsspezifische klinische Erkenntnisse, die sich auf die Behandlung auswirken könnten, einschränkte.“ Idealerweise sollten nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten auch dann verfügbar gemacht werden, auch wenn sie nicht primär im Fokus von Studien stehen. So könnten andere interessierte Forschende die Daten verwenden, um wichtige Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Bezug auf verschiedene Erkrankungen zu untersuchen.