Lungenfibrose: Häufig verwendetes Antitussivum könnte vielversprechend sein

Narbengewebe in einer Mäuselunge (li.), das nach der Behandlung mit Dextromethorphan abnahm (re.). (Abbildung: © Muzamil Khan und Kreativteam/EMBL)

Heidelberger Wissenschaftler haben gemeinsam mit Schweizer Kollegen entdeckt, dass ein rezeptfreier Hustensaftbestandteil das Potenzial zur Behandlung fibrotischer Lungenerkrankungen besitzt.

Laut den Autoren einer gerade in „Science Translational Medicine“ veröffentlichten Studie kann Dextromethorphan Kollagen hemmen und so eine Lungenfibrose reduzieren.

Seit 2019 leiden nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrer europäischen Region 761.000 Menschen an Lungenfibrose. Darüber hinaus schätzt die WHO, dass 25.000 Patienten in diesem Zeitraum daran verstarben und 496.000 gesunde Jahre aufgrund von Lungenfibrose verloren gegangen sind.

„Nachdem ich erfahren hatte, dass es für Lungenfibrose keine Heilung gibt, wollte ich neue Medikamente für diese Krankheit entdecken“, sagte Muzamil Majid Khan, wissenschaftlicher Mitarbeiter des European Molecular Biology Laboratory (EBML) in Heidelberg und Erstautor der Publikation. Angesichts der Herausforderungen bei der Entwicklung neuer Medikamente beschlossen die Forschenden um Khan, bereits zugelassene und leicht erhältliche Medikamente zu untersuchen. Die Wissenschaftler des EMBL durchsuchten eine Bibliothek von durch die US-amerikanische Federal Drug Administration (FDA) zugelassenen Wirkstoffen, darunter Dextromethorphan. In Zusammenarbeit mit dem Translational Lung Research Center (TLRC) Heidelberg und dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) arbeiteten die Forscher mit menschlichen Lungenzellen und wandten eine Vielzahl hochmoderner Technologien an, die es bei der Erstzulassung vieler dieser Medikamente noch gar nicht gegeben hatte.

Einsatz eines optimierten ‚Scar-in-a-jar‘-Tests

„Um nach einem potenziellen antifibrotischen Medikament zu suchen, verwendeten wir zunächst eine Hochdurchsatzmikroskopie eines optimierten ‚Scar-in-a-jar‘-Tests, um potenzielle Medikamente zu identifizieren, die den Kollagentransport hemmen“, berichtet Khan. „Anschließend verwendeten wir verschiedene Techniken wie Proteomik, Transkriptomik und Mikroskopie, mit denen wir die Wirkungsmechanismen des Medikaments bestimmen konnten.“ Der „Scar-in-a-jar“-Test erhielt seinen Namen von einem In-vitro-System zur Untersuchung von Lungenfibrose, mit dem die Wissenschaftler den gesamten Prozess der Kollagenbildung untersuchen und ihn so als Modell zur Prüfung der Wirksamkeit antifibrotischer Medikamente verwenden konnten.

Diese Experimente führten dazu, dass Dextromethorphan in Mausmodellen der Lungenfibrose, aber auch in lebendem 3-D-organotypischem menschlichem Lungengewebe getestet werden konnte, das im Labor kultiviert wurde. Dabei arbeiteten die Forschenden mit der Thoraxklinik Heidelberg zusammen. Rainer Pepperkok, EMBL-Gruppenleiter und Hauptautor dieses Artikels, ergänzt: „Wir sind jetzt dabei, klinische Studien der Phase II zu planen, in denen untersucht werden soll, ob diese Erkenntnisse auch auf menschliche Patienten übertragbar sind.“

Pläne für die Zukunft

Zusammen mit weiterer Unterstützung durch die Proteomic-Core-Einrichtung des EMBL, Chemcore und Vertreter der Medizinischen Chemie planen die Studienautoren, den Wirkstoff weiter zu untersuchen und herauszufinden, warum und wie es wirkt. Dadurch, so die Hoffnung der Wissenschaftler, sollten sich die Zielmoleküle identifizieren lassen, auf die Dextromethorphan in Zellen im Kontext der Erkrankung wirkt – um letztlich bessere Varianten entwickeln zu können.

„Die Untersuchung des Kollagentransports war aus zellbiologischer Sicht an sich schon interessant, aber sie ist jetzt auch aus krankheitsbezogener Sicht potenziell von Bedeutung“, sagte Pepperkok. „Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass dies immer noch Grundlagenforschung ist und nur ein allererster Schritt zum Verständnis der Auswirkungen von Dextromethorphan auf Lungenfibrose. Dennoch scheint diese grundlegende Entdeckung ein vielversprechendes therapeutisches Potenzial zu bieten.“