Lungenfunktion nach SARS-CoV-2-Infektion: Daten vom ERS-Kongress zu Kindern und Jugendlichen8. September 2021 Schmuckbild: © mjowra/stock.adobe.com Eine COVID-19-Infektion scheint die Lungenfunktion junger Erwachsener nicht zu beeinträchtigen. Das geht aus Forschungsergebnissen hervor, die gerade beim virtuellen Internationalen Kongress der European Respiratory Society (ERS) präsentiert worden sind. In der ersten Studie zur Untersuchung der Auswirkungen einer COVID-19-Infektion auf die Lungenfunktion stellten Forschende um Dr. Ida Mogensen, Postdoc am Karolinska-Institut in Stockholm (Schweden) fest, dass selbst Asthmapatientinnen und -patienten keine statistisch signifikante Verschlechterung der Lungenfunktion zeigten. Gleichwohl beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Trend hin zu einer etwas geringeren Einsekundenkapazität (FEV1). Eine zweite auf dem ERS-Kongress vorgestellte Studie zeigte, dass die Lungenfunktion bei Kindern und Jugendlichen nach einer COVID-19-Infektion ebenfalls nicht beeinträchtig war. Eine Ausnahme bildeten allerdings Patientinnen und Patienten mit einer schweren Infektion. Lungenfunktion nach COVID-19-Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen Mogensen erklärte: „Die COVID-19-Pandemie hat Fragen dazu aufgeworfen, ob und wie die Lunge nach Abklingen der Coronavirus-Infektion betroffen ist, insbesondere bei jungen Menschen aus der Allgemeinbevölkerung mit weniger schweren Erkrankungen. Das war bisher nicht bekannt.“ Mogensen und ihre Kolleginnen und Kollegen sammelten Informationen von 661 jungen Menschen mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren – alles Teilnehmende an einer großen Studie mit zwischen 1994 und 1996 in Stockholm geborenen Kindern, die seitdem nachbeobachtet werden. Die letzte klinische Untersuchung vor der Pandemie wurde zwischen 2016 und 2019 durchgeführt. Die Untersuchungen bei der COVID-19-Nachsorge fanden zwischen Oktober 2020 und Mai 2021 statt. Von den 661 Teilnehmern besaßen 178 (27%) Antikörper gegen SARS-CoV-2, die auf eine Infektion hindeuteten. Die Forscher maßen die FEV1, die forcierte Vitalkapazität (FVC) und das FEV1/FVC-Verhältnis. Sie berechneten die Veränderungen der Lungenfunktion zwischen der Zeit vor der Pandemie und während der Pandemie. Dann verglichen sie die prozentuale Veränderung mit Teilnehmenden, die sich nicht infiziert hatten. „Unsere Analyse zeigte unabhängig von der COVID-19-Anamnese eine ähnliche Lungenfunktion“, berichtete Mogensen. „Als wir 123 Teilnehmende mit Asthma in die Analyse einschlossen, neigten die 24 Prozent, die an COVID-19 erkrankt waren, zu einer etwas geringeren Lungenfunktion, aber dies war statistisch nicht signifikant.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten keinen Unterschied in der Lungenfunktion bei COVID-19-Patientinnen und Patienten in Bezug auf Eosinophile, Entzündungsindikatoren, allergische Reaktionen oder die Verwendung von inhalativen Corticosteroiden. „Diese Ergebnisse sind für junge Erwachsene beruhigend. Wir werden jedoch weiterhin Daten von mehr Personen analysieren. Insbesondere möchten wir Menschen mit Asthma genauer untersuchen, da die Gruppe in dieser Studie relativ klein war. Wir sind auch gespannt, ob die Dauer des Zeitraumes nach der Infektion wichtig ist, sowie die Schwere der Erkrankung und der Symptome.“ Studie zu Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen mit COVID-19 In der zweiten Studie, die von Dr. Anne Schlegtendal, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Pädiatrische Pneumologie an der Universitäts-Kinderklinik der Ruhr-Universität Bochum vorgestellt wurde, untersuchten die Forschenden die Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion bei 73 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und 18 Jahren. Der Untersuchungszeitraum lag zwischen August 2020 und März 21. Schlegtendal berichtete: „Obwohl Kinder und Jugendliche tendenziell weniger schwere Symptome einer COVID-19-Infektion aufweisen als Erwachsene, gibt es bisher nur vorläufige Hinweise auf langfristige Auswirkungen von COVID-19 auf die Lungenfunktion bei Kindern und Jugendlichen. Es ist wichtig, dies zu untersuchen, da sich Kinder weltweit potenziell mit SARS-CoV-2 infizieren werden, solange Impfstoffe überwiegend Erwachsenen und Hochrisikogruppen vorbehalten sind.” Schlegtendal und ihre Kolleginnen und Kollegen führten zwischen zwei Wochen und sechs Monaten nach der COVID-19-Infektion Lungenfunktionstests bei den Teilnehmenden durch und verglichen die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe von 45 Kindern, die nicht mit dem SARS-CoV-2-infiziert waren, aber möglicherweise eine andere Infektion hatten. Die Teilnehmenden wiesen unterschiedliche Schweregrade der Erkrankung auf. Als schwer galt eine Infektion, wenn die Patientinnen und Patienten an Atemnot litten, mehr als fünf Tagen Fieber über 38,5 Grad Celsius sowie eine Bronchitis oder Lungenentzündung hatten oder länger als einen Tag im Krankenhaus bleiben mussten. Wie die Forschenden berichten, hatten 19 Kinder und Jugendliche in der COVID-19-Gruppe anhaltende oder neue Symptome; acht berichteten von mindestens einem Atemwegssymptom, sechs von ihnen litten an anhaltenden Atemproblemen und zwei hatten anhaltenden Husten. Zwei dieser acht Patientinnen und Patienten zeigten eine anomale Lungenfunktion. „Als wir die COVID-19-Patientinnen und Patienten mit der Kontrollgruppe verglichen, fanden wir keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit einer anomalen Lungenfunktion. Sie trat bei 16 Prozent der COVID-19-Gruppe und bei 28 Prozent der Kontrollgruppe auf. Weitere Analysen ergaben jedoch eine Verringerung der FVC bei Patientinnen und Patienten, die eine schwere Infektion erlitten hatten, sei es COVID-19 oder eine andere Infektion“, berichtete Schlegtendal. „Diese Ergebnisse sollten Kindern, Jugendlichen und deren Familien eine gewisse Sicherheit geben. Die Schwere einer Infektion erwies sich als einziger Prädiktor für leichte Lungenfunktionsveränderungen, und dies ist unabhängig von einer COVID-19-Infektion. Die Diskrepanz zwischen anhaltenden Atemproblemen und normaler Lungenfunktion deutet darauf hin, dass eine andere zugrunde liegende Ursache vorliegen kann, wie beispielsweise eine dysfunktionale Atmung, die auch bei Erwachsenen festgestellt wurde.“ Zu den Einschränkungen der Studie gehören die geringe Teilnehmerzahl, die Tatsache, dass sie in einem einzigen Krankenhaus rekrutiert wurden sowie dass die Patientinnen und Patienten selbst Angaben zu ihren Symptome machten und der Mangel an Informationen über die Langzeitergebnisse in der Kontrollgruppe. Darüber hinaus umfasste die COVID-19-Gruppe keine Personen mit schweren Atemproblemen während der akuten Phase der Infektion. Die Präsidentin der ERS, Prof. Anita Simonds vom Royal Brompton Hospital und dem National Heart and Lung Institute am Imperial College London (beide Großbritannien), kommentierte: „Die Ergebnisse dieser beiden Studien liefern eine wichtige Bestätigung der Auswirkungen einer COVID-Infektion auf die Lungenfunktion bei Kindern und jungen Erwachsenen. Wir wissen bereits, dass diese Gruppe weniger wahrscheinlich an schweren Erkrankungen leidet, wenn sie sich mit dem Virus infiziert, und diese Studien, die vor allem Vergleichsgruppen ohne COVID-19 umfassen, zeigen, dass sie auch weniger wahrscheinlich an langfristigen Folgen in Bezug auf die Lungenfunktion leiden.“ Simonds ergänzte: „Weitere Forschungen könnten jedoch mehr Licht auf die Auswirkungen auf Menschen mit Asthma oder einer schweren Atemwegsinfektion werfen, sei es durch COVID-19 oder durch eine andere infektiöse Ursache. Diese Personen sind möglicherweise anfälliger für langfristige Auswirkungen auf die Lungenfunktion und unterstreicht, wie wichtig es ist, dass jede infrage kommende Person gegen COVID-19 geimpft wird, um die Ausbreitung der Krankheit insgesamt zu reduzieren.“
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