Lungenkrebs bei Nichtrauchern: Luftverschmutzung kann laut neuer Studie dazu beitragen9. Juli 2025 Während Lungenkrebs lange als klassischer Rauchererkrankung galt, häufen sich inzwischen auch die Fälle unter Nichtrauchern. (Abbildung: © Anastasiia/stock.adobe.com) Eine neue Studie zeigt, dass Luftverschmutzung, traditionelle Kräutermedizin und andere Umweltfaktoren mit genetischen Mutationen in Zusammenhang stehen, die zur Entstehung von Lungenkrebs bei Menschen beitragen können, die (fast) nie geraucht haben. Lungenkrebs galt lange Zeit als Raucherkrankheit. Doch mit dem Rückgang des Tabakkonsums in vielen Teilen der Welt zeichnet sich ein beunruhigender Trend ab: Lungenkrebs bei Menschen, die nie geraucht haben, nimmt proportional zu. Darüber hinaus betrifft diese Krebserkrankung überproportional häufig Frauen – vor allem solche asiatischer Abstammung. In Ostasien tritt Lungenkrebs bei Nichtrauchern häufiger auf als in westlichen Ländern. Eine kürzlich in „Nature“ veröffentlichte Studie liefert nun überzeugende genomische Belege dafür, dass Luftverschmutzung – und andere Umweltbelastungen – ein potenzieller Hauptfaktor für dieses wachsende Gesundheitsproblem sind. Die Studie wurde gemeinsam von Forschenden der University of California San Diego und des National Cancer Institute (NCI) in den USA, einem Teil der National Institutes of Health (NIH), geleitet. Weltweit zunehmendes Problem „Wir beobachten den problematischen Trend, dass Nichtraucher zunehmend an Lungenkrebs erkranken, aber wir haben die Ursache noch nicht verstanden“, erläutert Ludmil Alexandrov, Co-Autor der Studie und Professor für Bioingenieurwesen sowie Zell- und Molekularmedizin an der University of California San Diego und Mitglied des dort angesiedelten Moores Cancer Center. „Unsere Studie zeigt, dass Luftverschmutzung stark mit denselben DNA-Mutationen assoziiert ist, die wir typischerweise mit Rauchen in Verbindung bringen.“ Maria Teresa Landi, Epidemiologin in der Abteilung für Krebsepidemiologie und -genetik am NCI und Co-Autorin der Studie, ergänzt: „Dies ist ein dringendes und wachsendes globales Problem, das wir im Hinblick auf Nichtraucher zu verstehen versuchen. Die meisten bisherigen Lungenkrebsstudien haben die Daten von Rauchern und Nichtrauchern nicht getrennt, was die Erkenntnisse über mögliche Ursachen bei diesen Patienten begrenzt. Wir haben eine Studie konzipiert, um Daten von Nichtrauchern weltweit zu sammeln und mithilfe der Genomik herauszufinden, welche Belastungen diese Krebsarten verursachen könnten.“ Während ältere veröffentlichte Arbeiten einen epidemiologischen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Lungenkrebs bei Nichtrauchern gezeigt haben, geht die neue Studie noch weiter und zeigt einen genomischen Zusammenhang auf. Auswirkungen von Luftverschmutzung auf Mutationen Das Team analysierte Lungentumoren von 871 Nichtrauchern aus 28 Regionen mit unterschiedlichen Graden der Luftverschmutzung in Afrika, Asien, Europa und Nordamerika. Mittels Gesamtgenomsequenzierung identifizierten die Forschenden unterschiedliche Mutationssignaturen, die sich als molekulare Fingerabdrücke von Expositionen in der Vergangenheit lesen lassen. Durch die Kombination dieser genomischen Daten mit Schätzungen zu Schadstoffbelastungen auf Basis von Satelliten- und Bodenmessungen von Feinstaub konnten die Wissenschaftler berechnen, wie stark die Patienten langfristig durch Luftverschmutzung belastet gewesen waren. Es stellte sich heraus, dass die Lungentumore von Nichtrauchern, die in stärker belasteten Regionen lebten, deutlich mehr Mutationen aufwiesen. Dies traf insbesondere auf Treibermutationen und krebsassoziierte Mutationssignaturen zu. Beispielsweise zeigten diese Personen eine 3,9-fache Zunahme einer mit Tabakrauchen verbundenen Mutationssignatur. Eine mit dem Altern verbundene Mutationssignatur war in dieser Gruppe um 76 Prozent erhöht. Dies bedeute nicht, dass eine Umweltbelastung per se eine spezifische „Luftverschmutzungs-Mutationssignatur“ verursache, macht Marcos Díaz-Gay, Co-Erstautor der Studie und ehemaliger Postdoktorand in Alexandrovs Labor, deutlich. Er ist inzwischen Nachwuchsgruppenleiter am Nationalen Krebsforschungszentrum (CNIO) in Madrid (Spanien). Vielmehr erhöhe sie die Gesamtzahl der Mutationen, insbesondere in bekannten Pfaden der DNA-Schädigung. „Wir sehen, dass Luftverschmutzung mit einer Zunahme somatischer Mutationen einhergeht, einschließlich solcher, die bekannten Mutationssignaturen entsprechen, die auf Tabakrauchen und Alterung zurückzuführen sind“, erklärt Díaz-Gay. Die Forschenden beobachteten außerdem eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je mehr Schadstoffen jemand ausgesetzt war, desto mehr Mutationen fanden sich in seinem Lungentumor. Diese Tumoren wiesen zudem kürzere Telomere auf – ein Zeichen für beschleunigte Zellalterung. Überraschende Entdeckung in Bezug auf Passivrauchen Im Gegensatz dazu fand das Forscherteam keine starke genetische Korrelation mit Passivrauchen. Lungentumore von Nichtrauchern, die Passivrauch ausgesetzt waren, zeigten nur einen geringen Anstieg der Mutationen und kürzere Telomere, jedoch keine ausgeprägten Mutationssignaturen oder Treibermutationen. Obwohl Passivrauchen ein bekanntes Krebsrisiko darstellt, war sein mutationsfördernder Effekt weitaus geringer als der von Luftverschmutzung. „Sollte Passivrauchen eine mutagene Wirkung haben, könnte diese für unsere derzeitigen Tools zu schwach sein, um sie zu erkennen“, sagt Tongwu Zhang, Co-Erstautor der Studie und Earl Stadtman Investigator in der Abteilung für Biostatistik des NCI. „Die biologischen Effekte zeigen sich jedoch weiterhin in der signifikanten Verkürzung der Telomere.“ Die Forschenden räumen ein, dass ihre Analyse durch die Komplexität der Messung der Passivrauchbelastung zusätzlich eingeschränkt sein könnte. „Es ist schwierig, solche Informationen zu gewinnen, da sie von verschiedenen Faktoren abhängen, wie beispielsweise der Dauer der Belastung, der Entfernung zur Belastung und der Häufigkeit, mit der man sich in einem Raum mit einem Raucher befindet“, sagt Díaz-Gay. Risiko durch Kräutermedizin Neben der Luftverschmutzung identifizierten die Forscher einen weiteren, das Risiko für Lungenkrebs erhöhenden Umweltfaktor: Aristolochiasäure. Die Substanz, die als karzinogen gilt, kommt in bestimmten Präparaten der traditionellen chinesischen Kräutermedizin vor. Eine spezifische Mutationssignatur, die mit Aristolochiasäure in Verbindung gebracht wird, wurde fast ausschließlich bei Lungenkrebsfällen von Nichtrauchern aus Taiwan gefunden. In der Vergangenheit wurde Aristolochiasäure mit Blasen-, Magen-Darm-, Nieren- und Leberkrebs in Verbindung gebracht. Dies ist nun laut den Forschenden die erste Studie, die Hinweise darauf liefert, dass die Substanz zu Lungenkrebs beitragen kann. Die Forschenden vermuten, dass diese Fälle durch die Inhalation traditioneller chinesischer Kräutermedizin verursacht werden könnten. Es seien jedoch weitere Daten nötig, um diese Hypothese zu untermauern. „Dies wirft neue Bedenken darüber auf, wie traditionelle Heilmittel das Krebsrisiko unbeabsichtigt erhöhen könnten“, sagt Landi. „Es bietet auch eine Chance für die öffentliche Gesundheit zur Krebsprävention – insbesondere in Asien.“ Neue Signatur, neue Fragen Das Team konnte außerdem eine neue Mutationssignatur entdecken, die bei Lungenkrebserkrankungen der meisten Nichtraucher auftritt, bei Rauchern jedoch nicht vorkommt. Die Ursache dieser Mutation kennt man nicht – sie korrelierte nicht mit Luftverschmutzung oder anderen bekannten Umwelteinflüssen. „Wir beobachteten sie in den meisten Fällen dieser Studie, wissen aber noch nicht, was sie verursacht“, verdeutlicht Alexandrov. „Das ist etwas völlig anderes und eröffnet ein völlig neues Forschungsgebiet.“ Untersuchung in weiteren Regionen, Fokus auf Marihuana und E-Zigaretten Die Forscher erweitern ihre Studie nun auf Lungenkrebsfälle von Nichtrauchern aus Lateinamerika, dem Nahen Osten und weiteren Regionen Afrikas. Darüber hinaus wollen sie ihr Augenmerk auf weitere potenzielle Risiken richten. Ein Schwerpunkt soll auf dem Konsum von Marihuana und E-Zigaretten liegen – insbesondere bei jüngeren Menschen, die nie Tabak geraucht haben. Das Team untersucht, ob diese Belastungen ebenfalls zu Mutationen im Lungengewebe beitragen können. Darüber hinaus wollen sie weitere Umweltrisiken – wie Radon und Asbest – erforschen und detailliertere Daten zur Schadstoffbelastung auf lokaler und individueller Ebene erheben.
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