Lungenkrebs: Höhere Strahlendosis ist sicher und vielversprechend

Pneumonitis: Die Aufnahme zeigt eine Thorax-Computertomographie im Querschnitt mit deutlich sichtbaren Veränderungen in beiden Lungenflügeln. Besonders im linken Lungenflügel (rechts im Bild) sind großflächige Verschattungen und inhomogene Areale erkennbar, die auf eine entzündliche Veränderung hinweisen können – typisch für eine Pneumonitis. Die rechte Lunge zeigt ebenfalls fleckige Veränderungen. Die zentralen Gefäße und Bronchien sind gut abgrenzbar. (Aufnahme: © Universitätsklinikum Krems)

Eine Studie von Forschenden der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems (Österreich) zeigt, dass eine intensivere Strahlentherapie bei Lungenkrebs das Risiko für entzündliche Reaktionen nicht erhöht, aber möglicherweise die Überlebenschancen verbessert.

Höhere Strahlendosen bei Standardbehandlungen des nichtoperablen Lungenkrebses können demnach mit einer Immuntherapie kombiniert werden, ohne dass das Pneumonitisrisiko ansteigt. Betroffene, die vor der Gabe des Immuncheckpoint-Inhibitors Durvalumab eine Strahlendosis von 70 Gy erhielten – also mehr als im Standardprotokoll vorgesehen – litten in der Untersuchung an der Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems (KL Krems) nicht häufiger an einer Pneumonitis als bei Behandlungen mit geringerer Strahlendosis. Gleichzeitig zeigte sich aber eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens. Die Studie basiert auf retrospektiv ausgewerteten Daten von knapp 40 Patienten und legt nahe, dass eine intensivere Strahlentherapie in bestimmten Fällen Vorteile bei gleicher Sicherheit bringt.

Für Patienten mit nichtoperablem Nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) im Stadium III gilt die Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung (CCRT), gefolgt von einer Immuntherapie mit Durvalumab, als etablierter Behandlungsstandard – insbesondere bei positiver PD-L1-Expression. Um das Risiko für eine Strahlenpneumonitis zu mindern, wurde bisher meist eine Gesamt-Strahlendosis von 60 Gy nicht überschritte. Das Forschungsteam an der KL Krems setzte sich zum Ziel herauszufinden, ob eine höhere Dosis – und damit möglicherweise eine stärkere Tumorkontrolle – ohne zusätzliches Risiko möglich ist.

Mehr Dosis ohne Mehrbelastung

„Im Rahmen einer retrospektiven klinischen Studie prüften wir, ob eine Erhöhung der Strahlendosis auf 70 Gy zu einem Anstieg der Pneumonitisfälle führt – und das war nicht der Fall“, erklärt Dr. Felix Schragel, Oberarzt an der Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum Krems, einem Lehr- und Forschungsstandort der KL Krems. „Stattdessen zeigte sich sogar ein tendenzieller Vorteil beim Gesamtüberleben.“ 29 Betroffene in der Studie hatten eine höhere Dosis erhalten und zehn weitere waren mit einer individuell reduzierten Dosis behandelt worden. Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren vergleichbar, was eine saubere Auswertung ermöglichte. In beiden Gruppen zeigte die Auswertung eine vergleichbare Rate an Pneumonitisfällen, die auch auf dem Niveau bisheriger Studien lag. Dazu handelte es sich bei den meisten Fällen nur um moderat ausgeprägte Symptome.

Insgesamt entwickelten 38,5 Prozent der an der Studie teilnehmenden eine Pneumonitis, doch im 70-Gy-Kollektiv lag die Rate bei 34,5 Prozent, im Vergleich zu 50 Prozent in der Gruppe mit geringerer Dosis. Nur ein Fall einer schwerwiegenderen Pneumonitis (Grad 3) wurde beobachtet – und zwar in der niedrig dosierten Gruppe. Besonders deutlich zeigten sich Unterschiede beim Gesamtüberleben: In der Hochdosis-Gruppe lebten nach einem Jahr noch über 93 Prozent der Patienten – diese Rate blieb auch nach vier Jahren nahezu unverändert. Im Vergleich dazu lag das mediane Überleben in der Gruppe mit weniger als 70 Gy bei 31 Monaten, zudem traten dort häufiger Tumorprogressionen auf.

Sicherheit durch präzise Planung

Strahlenbedingte Lungenschäden wurden vermieden, da die behandelnden Teams besonders auf eine exakte Planung geachtet hatten: Die mittlere Lungendosis (MLD) wurde in beiden Gruppen unter dem kritischen Wert von 20 Gy gehalten. „Solange man sich an die vorgegebenen Grenzwerte, vor allem im Niedrig-Dosis Volumen hält, sind keine höheren Pneumonitis Raten zu erwarten“, erklärt Schragel. „Die Ergebnisse zeigen: Eine höhere Dosis für den Tumor bedeutet nicht automatisch ein höheres Risiko für entzündliche Reaktionen der Lunge – wenn man richtig plant.“

Die Studie legt nahe, dass Betroffene mit inoperablem NSCLC künftig stärker von individuell abgestimmten Therapien profitieren könnten. „Gerade für ausgewählte Patientinnen und Patienten mit stabiler Lungenfunktion könnte eine intensivere Strahlentherapie das Gesamtüberleben verbessern“, betont Schragel. Gleichzeitig machen die Ergebnisse deutlich, wie wichtig es ist, etablierte Grenzwerte im Lichte neuer Therapieformen wie der Immuntherapie regelmäßig neu zu bewerten.