Lungenkrebs: Verschlechterung von Depressionen verkürzt das Überleben

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Lungenkrebspatientinnen und -patienten mit Symptomen einer Depression, die sich nach der Krebsdiagnose verstärkt haben, versterben einer neuen Studie zufolge möglicherweise signifikant früher als solche mit stabilen oder sich verbessernden Depressionssymptomen. 

In der aktuellen Untersuchung zeigten sogar solche Betroffene, die mit neuartigen Krebstherapien behandelt wurden, die das Überleben vieler dramatisch verbessern, eine verkürzte Lebensspanne, wenn sich ihre Depressionssymptome verstärkten.

Dies sei die erste Studie, in der man untersucht habe, wie sich der Verlauf depressiver Symptome auf das Überleben von Lungenkrebspatienten auswirkt, erklärt Hauptautorin Barbara Andersen, Professorin für Psychologie an der Ohio State University (USA). „In früheren Studien wurden nur Depressionen zum Zeitpunkt der Diagnose und kurz danach untersucht, um das Überleben vorherzusagen“, berichtet sie. „Diese Studie zeigt jedoch, dass das, was nach der Diagnose und in den Monaten danach mit dem Schweregrad der Depression geschieht, wichtig ist, um zu verstehen, wie Depressionen mit vorzeitigem Tod zusammenhängen.“

An der Untersuchung hatten 157 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs (Stadium IV) teilgenommen, die am Comprehensive Cancer Center der Ohio State University behandelt wurden. Bei Eintritt der Probandinnen und Probanden in die Studie wurden Symptome einer Major Depression und einer generalisierten Angststörung gemessen. Man befragte die Betroffenen über einen Zeitraum von acht Monaten monatlich, danach jeden zweiten Monat für bis zu zwei Jahre.

Neben Depressionen und Ängsten berücksichtigten die Forschenden in ihrer Analyse auch eine Vielzahl anderer Faktoren, die das Überleben beeinflussen können: Alter, ethnische Zugehörigkeit beziehungsweise Abstammung, Beschäftigungsstatus, Einkommensniveau und etwaigen Tabakkonsum. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bewerteten zudem wichtige Faktoren, die in den meisten anderen Studien zum Zusammenhang zwischen psychischen Symptomen und dem Überleben bei Lungenkrebspatienten nicht berücksichtigt wurden – so auch die Art der Krebstherapie, den Familienstand und den Bildungsstand der Betroffenen. Nach Einberechnung dieser Faktoren stellten die Forschenden fest, dass der Verlauf von Angsterkrankungen ab dem Zeitpunkt der Krebsdiagnose keinen Einfluss auf das nachfolgende Überleben hatte, der Verlauf von Depressionen aber schon.

Zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose litten etwa 28 Prozent der untersuchten Patientinnen und Patienten an einer mittelschweren Depression, während acht Prozent eine mittelschwere bis schwere Depression hatten. Die übrigen Probandinnen und Probandinnen litten an einer geringfügigeren Depression.

Die gute Nachricht ist Andersen zufolge, dass die meisten Betroffenen bei der Untersuchung, die alle ein bis zwei Monate stattfand, eine Abnahme der Depressionssymptome zeigten. Diejenigen aber, bei denen dies nicht der Fall war und die die stärksten Symptome aufwiesen, verstarben mit höherer Wahrscheinlichkeit früher.

So besaßen Personen, die drei Monate nach der Lungenkrebsdiagnose keine oder eine nur leichte Depression hatten, eine Überlebenschance von mehr als 50 Prozent bis zu 15 Monate zu überleben. Die Überlebensraten derjenigen mit mittelschweren oder schweren Symptomen lagen eher bei 30 Prozent.

Die Studienautorinnen und -autoren stellten zudem Vergleiche zwischen zwei Personen an, die bei der Diagnose ähnliche Depressionswerte aufwiesen und in allen anderen Punkten ähnlich waren – allerdings nahmen die Symptome im Zeitraum von fünf Monaten bei einer Person ab, während sie sich bei der anderen verstärkt hatten. Für die Person mit sich verbessernden Depressionssymptomen betrug das prognostizierte Ein-Jahres-Überleben 64 Prozent, verglichen mit 42 Prozent für die Person mit stärker werdenden Depressionssymptomen.

Die Forschenden betonen, dass die Aussichten für Lungenkrebspatientinnen und -patienten nie besser waren als heute: Die Einführung von Immuntherapien und der zunehmende Einsatz zielgerichteter Therapien haben das Gesamtüberleben dramatisch verbessert – mit Fünf-Jahres-Überlebensraten von bis zu 23 Prozent in frühen Studien, was in einem starken Gegensatz zu Schätzungen von 4,2 Prozent aus den vorangegangenen Jahrzehnten der Chemotherapie steht. „Wir haben aber in dieser Studie zum ersten Mal festgestellt, dass selbst, wenn beeindruckende neue Behandlungen zur Verfügung stehen, deren Wirksamkeit für Patientinnen und Patienten, die zudem mit Depressionen zu kämpfen haben, eingeschränkt sein kann“, betont Andersen. „Diese Daten sind neu, weil sie auf eine anhaltende Depression als signifikanten limitierenden Faktor hindeuten, selbst wenn die besten Therapien, die wir gegen Lungenkrebs haben, zum Einsatz kommen.“

Die Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass Lungenkrebspatientinnen und -patienten auf Depressionen hin untersucht werden sollten. Würden dabei mindestens mittelschwere Symptome festgestellt, sollte die oder der Betreffende zur psychologischen Behandlung überwiesen werden, unterstreicht Andersen.