Lungentransplantation: Erste S3-Leitlinie zur Nachsorge bietet klare Orientierung

Abbildung, KI-generiert: © Nurunnahar/stock.adobe.com

Mit jährlich nur etwa 300 Eingriffen bundesweit zählt die Lungentransplantation in Deutschland zu den seltenen medizinischen Verfahren. Umso bedeutsamer ist die nun veröffentlichte erste S3-Leitlinie zur Nachsorge bei erwachsenen Lungentransplantierten.

Das neue Werk bietet eine evidenzbasierte und praxisorientierte Orientierung für alle an einer Lungentransplantation ärztlich Beteiligten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Federführend bei der Erstellung war die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

„Es ist weltweit die erste Leitlinie, die sich strukturiert und evidenzgestützt mit der Nachsorge von Lungentransplantierten beschäftigt“, erklärt Prof. Jens Gottlieb. Er ist stellvertretender Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Zusammen mit dem Österreicher Prof. Nikolaus Kneidinger hat er die Leitlinie koordiniert. Kneidinger leitet die Klinische Abteilung für Pneumologie der Medizinischen Universität Graz (Österreich). Gottliebe betont anlässlich der Publikation der Leitlinie: „Wir schließen damit eine erhebliche Lücke in der klinischen Versorgung.“

Beteiligt an der Erstellung waren insgesamt 15 Fachgesellschaften und Organisationen, auch aus Österreich und der Schweiz*.

Haben die neue Leitlinie der DGP koordiniert: Jens Gottlieb (Hannover; li.) und Nikolaus Kneidinger (Graz; re.). Fotos: © Tom Figiel, Mike Auerbach

Im Mittelpunkt steht ein strukturierter Nachsorgeplan

Im Fokus der Leitlinie steht ein strukturierter Nachsorgeplan. Dieser basiert auf den Erfahrungen der größten Transplantationszentren im deutschsprachigen Raum. Dazu gehören München, Wien (Österreich) und Hannover. Der Plan legt detailliert fest, welche Kontrolluntersuchungen in welchen zeitlichen Abständen erfolgen sollten. Er reicht von wöchentlichen Untersuchungen unmittelbar nach der Transplantation bis zu jährlichen Checks ab dem zweiten Jahr.

„Bisher gab es so einen strukturierten Plan nur für andere Organtransplantationen, etwa für das Herz“, erläutert Gottlieb. Der Plan sieht unter anderem regelmäßige Lungenfunktionsprüfungen, Bronchoskopien, Schulungen und Screenings auf Komplikationen wie Diabetes oder Hautkrebs vor. Selbst der Umgang mit dem Risiko für einen Rückfall in alte Gewohnheiten bei ehemaligen Rauchern ist Teil der Nachsorgestrategie.

Zwölf Empfehlungen auf wissenschaftlicher Evidenzbasis

Neben Tipps für die Praxis basierend auf Expertenmeinungen enthält die Leitlinie auch zwölf evidenzbasierte Empfehlungen. Sie betreffen zentrale Aspekte der medizinischen Versorgung. Dazu gehören beispielsweise die Auswahl und Steuerung der Immunsuppression und die Prophylaxe gegen das Zytomegalievirus und Pneumocystis-Pneumonien. Auch Strategien zur Vorbeugung eines chronischen Transplantatversagen sind Teil der Empfehlungen.

Ebenso werden ausgewählte begleitende Erkrankungen wie Osteoporose berücksichtigt. „Das ist in dieser Breite und Tiefe bislang einzigartig für die Lungentransplantation“, erklären die Koordinatoren.

Ziel ist eine Verbesserung der Langzeitergebnisse

Hintergrund für das Leitlinienprojekt ist auch der medizinische Handlungsbedarf: Im Vergleich zu anderen Organtransplantationen sind die Überlebensraten nach Lungentransplantation laut der DGP niedrig. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liege laut internationalen Erhebungen bei rund 60 Prozent – deutlich niedriger als bei Transplantationen von Herz (75%), Leber (65%) oder Nieren (90%).

„Unser Ziel ist klar: Wir wollen die langfristigen Ergebnisse nach Lungentransplantation verbessern“, unterstreicht Gottlieb. „Eine strukturierte Nachsorge ist dabei ein zentraler Hebel. Und weil es sich hierbei um ein sehr komplexes Verfahren handelt, ist die enge Kooperation von Pneumologen und Transplantationsmedizinern unerlässlich.“

Leitlinie erfährt schon jetzt internationale Aufmerksamkeit

Obwohl die Leitlinie zunächst für den deutschsprachigen Raum entwickelt wurde, zeichnet sich laut der DGP bereits jetzt großes internationales Interesse ab. Eine englischsprachige Kurzfassung der neuen Empfehlungen ist in Vorbereitung und soll im Journal „Respiration“ eingereicht werden.

Die S3-Leitlinie D-A-CH-Leitlinie „Nachsorge von Erwachsenen nach Lungentransplantation“ ist ab sofort im AWMF-Leitlinienregister online verfügbar.

Beteiligt an der Erstellung der Leitlinie waren neben der DGP:

  • Deutsche Gesellschaft Thoraxchirurgie
  • Deutsche Gesellschaft für Infektiologie
  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
  • Deutsche Gesellschaft für Nephrologie
  • Bundesverband der Organtransplantierten
  • Deutsche Transplantationsgesellschaft
  • Bundesverband der Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
  • Österreichische Gesellschaft für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
  • Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie

(DGP/ac)