Lyse, Thrombektomie oder beides?

Zeit ist nicht nur ein wichtiger Faktor bei der Schlaganfalltherapie insgesamt, sondern auch für die Wahl der Behandlungsmethode. (Foto: © Min Chiu – stock.adobe.com)

Die Behandlung von Schlaganfallpatienten mit einer medikamentösen, gerinnselauflösenden Therapie ist seit 25 Jahren gängige Praxis. Seit einigen Jahren hat sich auch die endovaskuläre Thrombektomie in der Routine-Versorgung von Schlaganfall-Patienten etabliert. Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) stellten auf einer Online-Pressekonferenz nun neueste Erkenntnisse zur Kombination beider Behandlungsformen vor.

In Deutschland wird etwa jede vierte Schlaganfallpatient mittels systemischer Thrombolyse und jeder
zehnte mit einer endovaskulären Schlaganfalltherapie behandelt. Bisher war nicht klar, unter welchen
Umständen beide Verfahren in Kombination angewendet werden sollten, das heißt auch, wann im
Rahmen einer endvaskulären Schlaganfalltherapie auf die medikamentöse Thrombolyse verzichtet
werden kann. „Doch nun kennen wir sechs Studien mit insgesamt 2332 Patienten, denen zufolge –
zumindest wenn diese recht zeitnah nach dem Schlaganfall zum Einsatz kommt – eine
Kombinationstherapie effektiver ist als die alleinige Thrombektomie“, erklärte Prof. Peter A. Ringleb, Sektionsleiter Vaskuläre Neurologie der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg. Bei Erkrankten, die die Kombinationstherapie später erhalten, sei die Datenlage weniger eindeutig.

Die DSG empfiehlt deshalb folgendes Vorgehen: Patienten, die im 4,5-Stunden-Zeitfenster behandelt
werden können, sollen möglichst eine Kombinationstherapie erhalten. Für das spätere Zeitfenster von
4,5 bis neun Stunden erscheint die alleinige Thrombektomie ohne vorherige medikamentöse Thrombolyse vertretbar. „Wenn ein Schlagfanfallpatient jedoch erst nach mehr als neun Stunden Symptomdauer zur Therapie kommt, rät die DSG von einer systemischen Thrombolyse mit Alteplase ab“, so der Heidelberger Neurologe. „Das kann auch helfen, um möglichen Versorgungsengpässen bei dem
Medikament vorzubeugen.“

„Als Experte der DSG möchte ich abschließend betonen, dass ein Schlaganfall immer ein absoluter
medizinischer Notfall ist. Für jeden Patienten und für alle therapeutischen Möglichkeiten gilt: Je früher
wir eine Therapie beginnen können, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg und desto geringer ist das
Risiko für die Patienten“, so Ringleb. Die DSG fordere deshalb von allen Beteiligten – auch den Aufsichtsbehörden und der Politik – die permanente Verfügbarkeit von Alteplase sicherzustellen und
weitere Studien, die die Kombination von beiden Verfahren belegen, zu fördern.”