Magnetisches Jamming eröffnet neue Möglichkeiten für die Mikrorobotik21. Oktober 2025 Bild: Magnetisches Jamming eröffnet neue Möglichkeiten für die Mikrorobotik (MPI-IS) Könnten winzige magnetische Objekte, die sich schnell zusammenballen und sofort wieder auseinanderfallen, eines Tages filigrane Eingriffe im menschlichen Körper durchführen? Eine neue Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart und der ETH Zürich stellt diese drahtlose Methode vor. In der Musik bezeichnet „Jamming” das spontane Zusammentreffen von Musikern, die oft improvisieren, ohne ein vordefiniertes Ergebnis anzustreben. In der Physik beschreibt Jamming den Übergang eines Materials von einem flüssigkeitsähnlichen zu einem feststoffähnlichen Zustand – so wie bei einem Stau, bei dem der Verkehrsfluss plötzlich zum Stillstand kommt. Diese Umwandlung kann auch auf Wunsch ausgelöst werden und bietet eine leistungsstarke und vielseitige Möglichkeit, die Steifigkeit von Robotersystemen zu steuern. In den meisten Roboteranwendungen wird Jamming mit Vakuumsystemen erreicht, die Luft aus flexiblen Gehäusen absaugen, die mit Materialien in Form von Partikeln, Fasern oder Körnern gefüllt sind. Diese Systeme erfordern jedoch Pumpen, Ventile und Schläuche, was es schwierig macht, sie sehr klein zu bauen. Zusammenhalt ohne Schläuche und Pumpen Hier setzt die Arbeit von Buse Aktaş an. Sie ist Leiterin der „Robotic Composites and Compositions (RoCoCo)” Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. Zusammen mit Kolleg*innen der ETH Zürich entwickelte Aktaş eine Methode, um magnetische Partikel nur mit Hilfe von Magnetfeldern zusammenzuballen und wieder zu lösen – ohne Schläuche oder Pumpen. „Wir haben magnetische und nichtmagnetische Materialien zu Verbundpartikeln kombiniert, die sich bei Bedarf anziehen und aneinander haften können”, erklärt Aktaş. „Wenn das Magnetfeld ausgeschaltet wird, fallen die Partikel leicht auseinander. Diese reversible und programmierbare Verklumpung ermöglicht es uns, die mechanischen Eigenschaften von Materialien aus der Ferne einzustellen.” In dem am 30. September im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlichten Artikel stellte das Team millimetergroße, würfelförmige magnetische Verbundpartikel vor, welche die Wissenschaftle auf einer von Magnetspulen umgebenen Plattform platzierte. Je nach Verbunddesign und Konfiguration des Magnetfeldes ziehen sich die Partikel gegenseitig an und bilden Aggregate – entlang von Linien, Oberflächen oder im gesamten Volumen. Das resultierende System ermöglicht es, Strukturen durch magnetische Steuerung zusammenzusetzen, zu versteifen, zu entspannen oder auseinanderzubrechen. Während die aktuellen Prototypen nur wenige Millimeter groß sind, haben die Forschenden nun vor, das System auf den Mikrometerbereich zu verkleinern – beginnend mit einem tieferen Verständnis der grundlegenden Physik hinter magnetischem Jamming. „Vakuumbasierte oder andere kabelgebundene Antriebsmethoden, wie beispielsweise elektrostatische Systeme, lassen sich nicht ohne Weiteres skalieren“, erklärt Aktaş. „Mit Magnetismus können wir jedoch die Bausteine immer kleiner gestalten und gleichzeitig die Kontrolle über ihr Verhalten behalten. Das stellt eine neue Strategie dar für die drahtlose, reversible mechanische Steuerung im kleinen Maßstab. Es bietet eine Grundlage für zukünftige Werkzeuge in den Bereichen Mikrorobotik, intelligente Materialien, biomedizinische Systeme und Mikromanipulation.“
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