Makaken gebären intuitiv: keine Müttersterblichkeit bei Geburten8. Oktober 2024 Ein Japanmakaken-Weibchen stillt ihr wenige Tage altes Jungtier. Japanmakaken, auch Schneeaffen genannt, gebären im Frühjahr bis Frühsommer. Foto: © Angela Stojan Bei Japanmakaken treten trotz gleichem Becken-Kopf-Verhältnis keine Geburtskomplikationen wie bei Menschen auf. Dies führt zu der Frage, ob mehr Bewegungsfreiheit bei einer physiologischen Geburt für Mütter von Vorteil sein könnte. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien konnte anhand demografischer Langzeitdaten von Japanmakaken – einer Affenart innerhalb der Familie der Meerkatzenverwandten – zeigen, dass es bei diesen Primaten im Gegensatz zum Menschen keine geburtsbedingte Müttersterblichkeit gibt. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlicht.Die evolutionäre Entwicklung des Gehirns und die damit verbundene Kopfgröße des Fötus sind entscheidende Faktoren für die Müttersterblichkeit von Primaten im Rahmen der Geburt. Für Frauen kann der im Verhältnis zum mütterlichen Geburtskanal große Kopf des Babys schwerwiegende Konsequenzen zur Folge haben, und in Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung sterben aus diesem Grund bis zu 1,5% der Mütter bei der Geburt. Makaken weisen ein ähnliches Becken-Kopf-Verhältnis auf wie der Mensch. Daher würde man vermuten, dass bei ihnen auch ähnlich Geburtskomplikationen und dadurch bedingte Müttersterblichkeiten auftreten.Ob das tatsächlich so ist, untersuchten nun Biologen und Hebammen der Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien, dem Konrad-Lorenz-Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung (Klosterneuburg) und der Kyoto Universität (Japan). Als Grundlage ihrer Forschung dienten dabei Langzeitdaten von Geburts- und Sterbeereignissen aus mehreren Jahrzehnten einer semi-freilebenden Japanmakakenpopulation am Affenberg in Landskron, Kärnten, Österreich. Die semi-freien und naturnahen Haltungsbedingungen am Affenberg bieten Wissenschaftern optimale Bedingungen, um das Verhalten und die Reproduktion der Japanmakaken zu studieren. Seit 2019 ist der Affenberg auch Außenstelle der Universität Wien (Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie), und im Studienzeitraum von 27 Jahren wurden dort 281 Jungtiere von 112 Weibchen geboren.Keine Müttersterblichkeit bei Makaken„Wir konnten für diese Population zeigen, dass kein einziges Weibchen innerhalb der letzten 27 Jahre im Zusammenhang mit der Geburt ihres Jungtieres gestorben ist“, sagt Hebamme und evolutionäre Anthropologin Katharina Pink von der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin der Medizinischen Universität Wien und Co-Erstautorin der Studie. Dieses Ergebnis zeigt, dass Japanmakaken trotz eines ähnlich engen Becken-Schädel-Verhältnisses wie Menschen keine mit der Geburt in Zusammenhang stehende Müttersterblichkeit aufweisen.Warum die Geburt bei Makaken im Vergleich zum Menschen weniger riskant zu sein scheint, bleibt allerdings weiterhin eine offene Frage. Das Forschungsteam liefert jedoch mögliche Erklärungen für dieses überraschende Ergebnis: „Wir vermuten, dass der Beckengürtel und die Beckenbodenmuskulatur bei Makaken im Vergleich zu Frauen während der Geburt eine größere Flexibilität aufweisen und dass die Geburtsdynamik aufgrund der unterschiedlichen Beckenmorphologie weniger stark eingeschränkt ist“, so Barbara Fischer, ebenfalls Co-Erstautorin und Wissenschafterin am Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien sowie am Konrad-Lorenz-Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung.Intuitives Gebären und BewegungsfreiheitWissenschaftliche Beschreibungen von Geburten freilebender, nichtmenschlicher Primaten gibt es nur wenige, da die meisten dieser Geburten während der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden stattfinden und daher nur schwer zu beobachten sind. Diese beschriebenen Geburten zeigen jedoch, dass nichtmenschliche Primaten intuitiv vor allem stehende oder hockende Geburtspositionen wählen und damit vermutlich die Flexibilität des Beckens ideal ausnutzen. „Diese Beobachtungen könnten künftige Studien inspirieren, um besser zu verstehen, wie die Bewegungsfreiheit bei einer physiologischen Geburt zu einer individuelleren und weniger invasiven Betreuung der Mütter führen kann“, so Hebamme Katharina Pink.
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