Maligne periphere Nervenscheidentumore: Experimentelle Medikamentenkombination erweist sich als vielversprechend

Dr. Kathryn Lemberg. Bildnachweis: Norm Barker

Die Kombination zweier experimenteller Medikamente könnte dazu beitragen, bösartige Tumoren der peripheren Nervenscheide (MPNST) mit weniger schädlichen Nebenwirkungen zu behandeln. Dafür sprechen vorläufige Untersuchungen an Mäusen, die von Forschern des Johns Hopkins Kimmel Cancer Center und der Johns Hopkins Drug Discovery durchgeführt wurden.

Die Studie dazu wurde am 1. Dezember in der Fachzeitschrift „Molecular Cancer Therapeutics“ veröffentlicht. Demnach kann die Kombination eines experimentellen Arzneimittels, das den Metabolismus von Glutamin blockiert, mit einem zweiten experimentellen Arzneimittel, welches das Recycling von Purinen blockiert, die Größe von MPNST bei Mäusen reduzieren und ihre Überlebensraten erhöhen. Die Kombination war weniger toxisch als zuvor getestete Arzneimittelkombinationen.

„Der Einsatz dieser breit wirksamen Stoffwechselhemmer kann uns helfen, besser zu verstehen, wie diese Tumore Nährstoffe nutzen, um das aufzubauen, was sie zur Bildung weiterer Tumorzellen brauchen“, sagt die leitende Studienautorin Dr. Kathryn Lemberg, Assistenzprofessorin für Onkologie an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA.

Personen mit dem Krebsprädispositionssyndrom Neurofibromatose Typ 1 (NF1) haben ein erhöhtes Risiko für diese Krebsarten. MPNST seien die häufigste Todesursache bei Menschen mit NF1 unter 40 Jahren, erklärt Lemberg.

„Wenn Patienten mit NF1 diese Tumoren entwickeln, besteht leider das Risiko eines schlechten Ergebnisses, je nachdem, ob der Tumor vollständig chirurgisch entfernt werden kann, ob er auf konventionelle Chemotherapie anspricht und wie sich der Krebs ausgebreitet hat“, sagt Lemberg. „Wir brauchen bessere Behandlungen für diese Tumoren.“

Dr. Barbara Slusher, Direktorin von Johns Hopkins Drug Discovery und leitende Autorin der Studie, und ihre Kollegen haben den Glutaminantagonisten JHU395 entwickelt, der sich besonders gut zur Blockierung des Glutaminstoffwechsels in mit Nerven assoziierten Geweben eignet.

„Glutamin ist ein Baustein für Proteine und viele andere große Moleküle, die Krebszellen zum Wachstum, zur Vermehrung, zum Überleben und möglicherweise zur Ausbreitung benötigen“, sagt Lemberg.

Frühere Studien von Lemberg, Slusher und ihren Kollegen zeigten, dass die Behandlung von MPNST bei Mäusen mit JHU395 zu einer teilweisen Tumorreduktion führt. Das Medikament wirkt, indem es einen Arm der Purinproduktion, den „De-novo“-Weg, beeinträchtigt. Mit der JHU395-Behandlung können die Tumore jedoch weiterhin über einen Recycling- oder Salvage-Weg auf Purin zugreifen. Die Kombination von JHU395 mit dem klassischen Purin-Antimetaboliten 6-Mercaptopurin (6-MP) führt zu einem besseren Ansprechen des Tumors, da 6-MP selbst aufgrund der Art und Weise, wie der Körper es in die aktive Form umwandelt, Leber- und Magen-Darm-Toxizität verursachen kann.

Lemberg, Slusher und Kollegen vom Institut für Organische Chemie und Biochemie (IOCB) der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag entwickelten ein alternativesm die Purin-Salvage blockierendes Prodrug namens Pro-905. In Experimenten, die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Northwestern University durchgeführt wurden, zeigten sie, dass JHU395 und Pro-905 die Purinsynthese in menschlichen MPNST-Zellen durch unterschiedliche Mechanismen hemmen, was zu einer verminderten Synthese neuer DNA und RNA führt. In Mausmodellen dieser Erkrankung stellten sie fest, dass Pro-905 in Kombination mit JHU395 das Tumorwachstum wirksamer als 6-MP und mit geringerer Toxizität reduzierte.

„Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Fortschritt in der Wissenschaft, insbesondere bei Studien zu seltenen Tumorarten, die das Fachwissen mehrerer Forscher erfordern“, unterstreicht Lemberg.

Nun wollen Lemberg und Kollegen herausfinden, ob diese experimentelle Medikamentenkombination auch bei anderen Tumorarten wirksam ist, die ähnliche Wachstumswege nutzen. Sie wollen auch testen, ob diese Kombination bei Patienten mit MPNST wirksam sein könnte oder ob Pro-905 wie 6-MP als Erhaltungstherapie zur Verhinderung eines erneuten Tumorwachstums eingesetzt werden könnte. Lemberg plant außerdem, mit anderen Johns-Hopkins-Forschern zusammenzuarbeiten, um herauszufinden, ob das Aushungern von Glutamin und Purinen in den Tumoren es dem Immunsystem auch ermöglichen könnte, einzugreifen und den Tumor zu bekämpfen.

Frühere Untersuchungen zu JHU395 zeigten, dass Krebszellen Nährstoffe, einschließlich Glutamin, stehlen, um ihr Überleben aufrechtzuerhalten, und umliegende Zellen wie Immunzellen verhungern lassen. Die Verwendung von JHU395, um Krebszellen von ihrer Glutaminversorgung zu trennen, stärke die Immunzellen und stärkt ihre Reaktion auf Krebs, sagt Slusher.

„Auf den Beobachtungen einer Studie aufzubauen und die Wissenschaft weiter voranzutreiben, kann viele mögliche Wege für künftige Therapien für Krankheiten, die bessere Behandlungsmöglichkeiten erfordern, eröffnen“, unterstreicht Lemberg.

Co-Autoren der Studie waren Joanna Marie H. Aguilar, Jesse Alt, Diane E. Peters, Liang Zhao, Ying Wu, Naziba Nuha, Verena Staedtke, Christine A. Pratilas und Rana Rais von Johns Hopkins. Weitere Forscher waren von der Feinberg School of Medicine der Northwestern University in Chicago, dem Institut für Organische Chemie und Biochemie (IOCB) der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag und dem Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston.

Die Studie wurde durch einen CureSearch for Children’s Cancer Young Investigator Award, einen Maryland Innovation Initiative Award, einen Allegheny Health Network Award und die National Institutes of Health (Zuschuss R01CA229451) unterstützt.

Lemberg und Slusher halten ein Patent auf Prodrugs von 6-Mercaptopurin. Slusher und Rais sind Miterfinder von Patenten der Johns Hopkins University, die neuartige Glutamin-Antagonisten-Prodrugs und deren Nutzen abdecken. Diese Patente wurden an Dracen Pharmaceuticals, Inc. lizenziert. Slusher und Rais sind außerdem Mitbegründer von Dracen Pharmaceuticals und halten Anteile daran. Diese Vereinbarungen wurden von der Johns Hopkins University im Einklang mit ihren Richtlinien zu Interessenkonflikten überprüft und genehmigt.