Mechanismus entdeckt: Cadmium-induzierte Inflammation erhöht Schweregrad pulmonaler Infekte

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US-Wissenschaftler beschreiben in einer neuen Studie einen Schlüsselmechanismus von mit Cadmium-Exposition in Verbindung stehenden Entzündungsprozessen, die den Schweregrad von und die Mortalität aufgrund pulmonaler Infektionen verstärkt.

Für ihre Arbeit untersuchten Forschende unter der Leitung von Jennifer L Larson-Casey und Dr. A. Brent Carter von der University of Alabama at Birmingham einen als medizinisch unterversorgten, vor allem aus Afro-Amerikanern bestehenden Teil der Bevölkerung im Norden Birminghams. Bei dem von diesen Personen bewohnten Stadtteil handelt es sich um ein von der United States Environmental Protection Agency auf die National Priorities List gesetztes Gebiet, was vor allem an den dort vorkommenden hohen Konzentrationen von Schwermetallen – vor allem Cadmium – im Erdboden und in der Luft liegt, die in der Bevölkerung zu Lungenerkrankungen geführt haben. Historisch begründet leben dort in Nord-Birmingham Menschen, die im Bergbau, in der Produktion von Steinkohlekoks und in der Schwerindustrie arbeiten.

Feinstaub (PM2,5), der auch mit pulmonalen Infektionen in Verbindung gebracht wird, ist häufig auch mit Cadmium belastet. Das giftige Schwermetall gelangt beispielsweise durch Schmelzöfen, kohlebetriebene Industriestätten, die Steinkohlekoksproduktion und Waldbrände in die Umwelt. Eine Umweltbelastung durch Cadmium ist mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko bei Influenza und Pneumonien in Zusammenhang gebracht worden und verdoppelt die Wahrscheinlichkeit von Lungenerkrankungen allgemein. Welcher Mechanismus dahinter steckt, war jedoch bislang nicht klar.

Die Autoren der kürzlich publizierten Studie konzentrierten sich bei ihrer Untersuchung auf Makrophagen aus Knochenmark, die im Falle einer Infektion rekrutiert werden und in die Lunge gelangen, um dort gegen Pathogene vorzugehen. Diese Immunzellen besitzen zum Zwecke der Abwehr von Krankheitserregern zunächst inflammatorische Eigenschaften, sollten aber anti-inflammatorisch werden, wenn die Erkrankung erst einmal unter Kontrolle gebracht worden ist. Auf diese Weise kommt es nicht zu einer Schädigung von Lungengewebe durch eine fortgesetzte Inflammation. Forschende in Carters Labor hatten bereits zuvor gezeigt, durch Cadmium vermittelte Lungenschäden ein Persistieren der inflammatorischen, klassisch aktivierten Lungenmakrophagen zur Folge hatten, indem die nukleäre Lokalisation des Transkriptionsfaktors PPARγ blockiert wurde. Aktiver PPARγ reguliert die inflammatorische Antwort in negativer Art und Weise, indem die Produktion pro-inflammatorischer Zytokine und reaktiver Sauerstoffspezies gehemmt wird.

Es ist bekannt, dass durch extrazelluläre Signale regulierte Kinasen (ERK) eine entscheidende Rolle bei entzündlichen Prozessen in der Lunge und in Mausmodellen von Lungenschäden spielen, aber unklar war bisher, wie diese Enzyme wirken. In der vorliegenden Studie verwendeten die Wissenschaftler ein Mausmodell, um zu beschreiben, wie Cadmium oder eine Streptococcus-pneumoniae-Infektion die Aktivierung von PPARγ in Makrophagen beeinträchtigt, die in die Lunge rekrutiert wurden.

Die Exposition gegenüber Cadmium oder S. pneumoniae führte nur bei den rekrutierten Makrophagen zur ERK-Aktivierung, berichten die Forschenden. Aktiviertes ERK erhöhte die posttranslationale Phosphorylierung von PPARγ an seiner Aminosäure Serin 112. Diese Veränderung führte zu einem Abbau von PPARγ, wodurch seine entzündungshemmende Rolle aufgehoben wurde.

Die Arbeitsgruppe zeigte auch, dass das experimentelle Medikament BVD-523 – ein ERK-Inhibitor, der sich derzeit in klinischen Tests zur Behandlung von Krebserkrankungen befindet – Mäuse vor Lungenschäden nach Cadmium-Exposition oder nach Infektion schützte. Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass Menschen, die im industriellen Norden Birminghams leben, erhöhte Cadmiumwerte in ihrer Lungenflüssigkeit aufwiesen. Diese Personen zeigten im Vergleich zu anderswo lebenden Kontrollpersonen auch eine PPARγ-Blockade, die zumindest teilweise durch die ERK-Aktivierung vermittelt wurde.

„Obwohl eine Lungenschädigung nach einer Atemwegsinfektion oft unvermeidlich ist, besteht für die Identifizierung modifizierbarer Risikofaktoren, die Personen für eine schwere Pneumonie prädisponieren, ein bisher ungedeckter Bedarf“, unterstreicht Carter. „Unsere Beobachtungen legen nahe, dass die Regulierung von PPARγ in von Monozyten stammenden Makrophagen ein neues Ziel zum Schutz vor schweren Infektionen der unteren Atemwege als Folge von durch Luftverschmutzung verursachten Lungenschäden darstellt.“

Im Mausmodell verabreichten die Forschenden den Mäusen intratracheal Cadmiumchlorid oder Kochsalzlösung, eine Infektion mit S. pneumoniae wurde fünf Tage später herbeigeführt. Alle Mäuse, denen nur Kochsalzlösung oder Cadmium allein verabreicht wurde, waren 15 Tage später noch am Leben. Im Gegensatz dazu überlebten nur etwa 80 Prozent der Mäuse, denen Kochsalzlösung und S. pneumoniae zusammen verabreicht wurden, ebenso wie weniger als die Hälfte der Tiere, die sowohl Cadmium als auch S. pneumoniae ausgesetzt waren. Cadmium-exponierte Mäuse wiesen eine erhöhte Anzahl von Makrophagenzellen in der Lunge auf, und diese Zahl stieg weiter an, nachdem den Cadmium-exponierten Mäusen S. pneumoniae verabreicht worden war. Sowohl Cadmium- als auch S.-pneumoniae-exponierte Mäuse zeigten Lungenschäden, wobei diese bei Cadmium-exponierten Mäusen, die mit S. pneumoniae infiziert waren, signifikant stärker waren.

Mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung von Zellen aus der Lunge konnten die Forschenden zeigen, dass das PPARγ-Gen überwiegend in Makrophagenzellen exprimiert wurde und nicht in den 13 übrigen Zelltypen, die in der Lunge nachgewiesen wurden. Diese Genexpression war bei Makrophagen, die Cadmium oder S. pneumoniae allein oder Cadmium und S. pneumoniae zusammen ausgesetzt waren, ungefähr gleich.

Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass Cadmium und S. pneumoniae die Produktion von entzündungsförderndem TNF-alpha und Interleukin-6 erhöhten und die Produktion des entzündungshemmenden Interleukin-10 verringerten. Bekanntermaßen, so schreiben die Wissenschaftler, hemme aktiviertes PPARγ die Produktion von TNF-alpha und Interleukin-6 und erhöhe die Expression von Interleukin-10.