Mechanosensitive Zellen als Schlüssel zum Keloidwachstum entdeckt15. Oktober 2025 © Ninaveter – stock.adobe.com (Symbolbild) Keloide wachsen über die ursprüngliche Wundgrenze hinaus und sind therapeutisch schwer zu kontrollieren. Eine japanische Studie identifiziert nun mechanosensitive Fibroblasten als mögliche Schlüsselfaktoren der Keloidbildung. Keloide sind erhabene, überschießende Narben, die sich nach Hautverletzungen oder Operationen bilden und häufig über die ursprüngliche Wundgrenze hinauswachsen. Für viele Betroffene sind sie nicht nur ein kosmetisches Problem: Häufig treten chronische Schmerzen, Juckreiz und Bewegungseinschränkungen auf. Trotz zahlreicher Behandlungsoptionen sind Keloide schwer zu kontrollieren und die Rezidivraten liegen bei bis zu 30 Prozent. Anders als bei hypertrophen Narben ist bis heute unklar, warum Keloide ungebremst weiterwachsen. Bisher geht man davon aus, dass eine Überproduktion extrazellulärer Matrixbestandteile, insbesondere Kollagen, durch Fibroblasten beteiligt ist und dass wiederholte mechanische Hautspannung die Keloidbildung fördert. Welche Zellen jedoch den mechanischen Druck genau wahrnehmen und wie dieser in anormales Gewebewachstum übersetzt wird, war bislang unbekannt. Vergleichende Analyse fibrotischer Gewebe Eine im „Journal of Pathology“ erschienene Studie liefert nun neue Erkenntnisse. Ein Team um Prof. Yuzuru Ikehara von der Graduate School of Medicine der Chiba University (Japan) untersuchte histologische, genetische und molekulare Unterschiede zwischen Keloiden und anderen fibrotischen Erkrankungen. „Bei der Analyse fibrotischen Gewebes aus Lymphödemen in Zusammenarbeit mit plastischen Chirurgen entwickelte ich die Idee, es mit Keloidgewebe zu vergleichen, um pathologische Veränderungen zu identifizieren, die spezifisch für Keloid-Fibroblasten sind“, erläutert Ikehara. „Beide Krankheitsbilder gehen zwar mit Fibrose einher, unterscheiden sich aber deutlich in physiologischem Kontext und Ätiologie.“ Die Forschenden analysierten humane Gewebeproben von Keloiden, Lymphödemen und gesunder Haut mit modernsten Methoden, darunter globale Genexpressionsanalysen und Single-cell-RNA-Sequenzierung. Dies erlaubte die präzise Charakterisierung der Zelltypen sowie deren Genaktivität und die Identifizierung mechanosensitiver Zellen und Moleküle, die an der Pathogenese und dem Wiederauftreten von Keloiden beteiligt sind. Überexpression des Ionenkanals Piezo2 Ein zentrales Ergebnis war die deutlich erhöhte Expression des mechanosensitiven Ionenkanals Piezo2 in Keloidgewebe im Vergleich zu Lymphödemproben. Piezo2 fungiert als mikroskopischer Sensor, mit dem Zellen mechanische Kräfte wahrnehmen. Keloide mit postoperativem Rezidiv zeigten besonders hohe Piezo2-Levels. Die Einzelzell-Analysen führten zur Identifizierung einer bisher unbekannten Unterpopulation von Fibroblasten mit hoher Piezo2-Expression (FBPZ2+). Diese Zellen zeigten eine besonders ausgeprägte Syntheseleistung für Kollagen und weitere extrazelluläre Matrixkomponenten und fanden sich gehäuft um Blut- und Lymphgefäße in aktiv wachsenden Keloidarealen. „Bindegewebe besteht nicht nur aus Fibroblasten, sondern auch aus Immunzellen, Blutgefäßen und Nerven, die gemeinsam die Gewebehomöostase sichern“, erklärt Ikehara. „So wie die Erforschung von Immun- und Nervenzellen unser Verständnis neurodegenerativer und allergischer Erkrankungen verbessert hat, könnte die detaillierte Untersuchung von Fibroblasten helfen, die Mechanismen der Keloidbildung aufzuklären.“ Potenzielle Ansatzpunkte für neue Therapien Die Identifizierung dieser Piezo2-exprimierenden Fibroblasten hat wichtige Implikationen für Diagnostik und Therapie. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Keloide nicht einfach eine unspezifische Narbenhypertrophie darstellen, sondern durch spezifische, spannungssensitive Zellen getrieben werden. „Unsere Arbeit eröffnet neue Einblicke in die Pathogenese von Keloiden und potenziell neue diagnostische und therapeutische Ansätze“, so Ikehara. „Piezo2-Inhibitoren – Kalziumkanalblocker – könnten helfen, Schmerzen und Juckreiz bei Keloiden zu lindern. Sollten solche zielgerichteten Therapien klinisch verfügbar werden, könnten sie die Lebensqualität vieler betroffener Patienten deutlich verbessern.“ (ins)
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