Medikamentenbeschichteter Ballonkatheter kann Stents auch bei größeren Herzgefäßen ersetzen6. November 2025 Der medikamentenbeschichtete Ballon wird häufig zur Aufweitung von verengten Gefäßen eingesetzt. (Symbolbild: ©Crystal light/stock.adobe.com) Auch bei größeren verengten Blutgefäßen erzielt der mit Medikamenten beschichtete Ballonkatheter langanhaltend gute Therapieergebnisse. Er bietet somit auch hier eine wirksame Alternative zum Stent, wie neue Forschungsergebnisse bestätigen. Der mit Medikamenten beschichtete Ballonkatheter (drug coated balloon, kurz DCB) hat sich international als Therapieverfahren zur Behandlung von Gefäßverengungen durchgesetzt. „Weitet man ein Gefäß mit einem einfachen Ballonkatheter auf, verengt es sich oft wieder, weil die Stelle erneut überwuchert wird. Die Medikamente in der speziellen Beschichtung dagegen bleiben in der Gefäßwand. Sie wirken dort über Wochen und Monate und verhindern wirksam neue Ablagerungen“, erklärt Prof. Bruno Scheller von der Universität des Saarlandes. Der Kardiologe erfand und entwickelte das Verfahren zusammen mit dem inzwischen emeritierten Prof. Ulrich Speck von der Berliner Charité. Heute zählt es zu den wichtigsten Therapien bei Gefäßverengung. DCB und DES in kleinen Gefäßen mindestens gleichwertig Der DCB wurde bereits in Vielzahl klinischer Studien mit medikamentenbeschichteten Stents (DES) verglichen. Diese belegen, dass der DCB dem DES bei kleineren Gefäßen bis zu 2,75 Millimetern Durchmesser gleichwertig oder gar überlegen ist. Das Verfahren ist in der Praxis millionenfach im Einsatz. Vor allem in Asien hat die DCB-Therapie DES bereits fast zur Hälfte ersetzt. Die Ergebnisse zu kleinen Koronargefäßen wurden von Scheller und Kollegen in den vergangenen Jahren in Fachzeitschriften wie „The Lancet“ (2018 und 2020) und „European Heart Journal“ veröffentlicht. Das Academic Research Consortium gab in diesem Jahr Handlungsempfehlungen zur Therapie mit DCB im „European Heart Journal“ und im „Journal of the American College of Cardiology“. Auch Scheller war wesentlich an diesen beteiligt. DCB-Einsatz überzeugt auch bei größeren Gefäßen Jetzt hat eine neue internationale Studie mit mehr als 3300 Patienten gezeigt, dass das Verfahren auch bei Herzkranzgefäßen mit einem Durchmesser von mehr als 2,75 Millimetern eine wirksame und sichere Alternative zu den dort bislang üblichen DES bietet. Die Ergebnisse der Studie SELUTION DeNovo wurden auf dem TCT® präsentiert. Der TCT ist der größte Kongress für kathetergestützte Behandlung von Herzerkrankungen. Er fand vom 25. bis 28. Oktober in San Francisco (USA) statt. Demnach bringt der DCB-Einsatz auch bei größeren Gefäßen überzeugende Ergebnisse. Nach einem Jahr war die Häufigkeit schwerwiegender Ereignisse wie plötzlicher Herztod, Herzinfarkt oder eine erneut notwendige Behandlung der Engstelle vergleichbar mit der bei modernen DES. „Wir wissen, dass DES sehr sicher sind. Allerdings kommt es mittel- und längerfristig zu einem Risiko neuer Ereignisse, die dadurch bedingt sind, dass der Stent dauerhaft im Gefäß verbleibt“, sagt Scheller. „Der Vorteil beschichteter Ballonkatheter besteht darin, dass eine lokale Medikamentengabe ohne die Notwendigkeit eines im Gefäß verbleibenden Fremdkörpers möglich ist.“ Konträre Studienergebnisse Die neue Studie relativiert zugleich die Ergebnisse der chinesischen Studie Rec-Cagefree I zu DCBs aus dem Jahr 2024. Laut dieser Studie schnitten die Stents als Behandlungsmethode bei größeren Gefäßen und einfacher Verengung im Zeitraum von zwei Jahren besser ab. Die DCB seien in diesem Fall nicht dauerhaft wirksam, so diese Studie. Neben den SELUTION-DeNovo-Ergebnissen wurden im Rahmen des TCT-Kongresses in San Francisco auch die Drei-Jahres-Ergebnisse von Rec-Cagefree I vorgestellt. Scheller diskutierte in einer der Hauptsitzungen des Kongresses diese Ergebnisse zusammen mit weiteren weltweit führenden Expertinnen und Experten. „Die Studienergebnisse der Rec-Cagefree-I-Studie können nicht auf unser Verfahren übertragen werden“, hebt Scheller hervor. Nach Ablauf des Patents auf die DCB hatten die chinesischen Forscher in ihrer Studie eine selbst entwickelte Beschichtung erprobt – in Anlehnung an das ursprüngliche Charité-Patent von Scheller und Speck. „Diese Beschichtung ist unter anderem von Zusammensetzung und Partikelgröße der Medikamente her nicht mit unserer Beschichtung zu vergleichen. Die Wirkstoffe halten bei ihr nicht lange genug in der Gefäßwand, was im Rahmen der Rec-Cagefree-I-Studie zu einer nicht ausreichend lange anhaltenden Verhinderung einer Wiederverengung führte“, erklärt Scheller. Die Kritikpunkte zu der Studie fasst Scheller gemeinsam mit weiteren Autoren aktuell in einem Leserbrief in „The Lancet“ zusammen. Kombination als bestmögliche Therapie „Unabhängig von dem Vergleich unterschiedlicher Technologien zur Behandlung von Verengungen der Herzkranzgefäße geht es meinem Team und mir um neue Strategien, den individuellen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden“, betont Scheller. „So wird auch in Zukunft für viele Patienten eine Kombination aus beschichtetem Stent und Ballon die bestmögliche Therapie darstellen.“ Der DCB ermögliche es, lange Stentstrecken zu vermeiden. Diese würden mittel- und langfristig erhebliche Nachteile für den Patienten bedeuten „Die auf dem TCT-Kongress vorgestellten neuen Daten unterstützen das Konzept in der interventionellen Gefäßtherapie, die Patienten mit möglichst wenigen permanenten Implantaten zu behandeln, wofür wir uns seit vielen Jahren national und international einsetzen“, sagt Scheller. Seine Arbeitsgruppe in Homburg forscht experimentell und klinisch an diesem Konzept. Derzeit laufen in Homburg mehrere internationale klinische Studien zu beschichteten Ballonkathetern mit Partnern aus Europa, Asien und und den USA. (ah/BIERMANN)
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