Mehr Gesundheits-Apps, aber kaum bessere Qualität

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Seit 2020 gibt es in Deutschland Apps auf Rezept. Seitdem wurden deutlich mehr Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) zugelassen. Allerdings stieg die Zahl qualitativ hochwertiger Apps nicht. Das zeigt eine Analyse Mannheimer Wirtschaftswissenschaftler.

Deutschland war 2020 das erste Land weltweit, das einen strukturierten Erstattungsweg für DiGAs in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt hat. Damit wurde ein neues Geschäftsmodell für Gesundheits-Apps geschaffen. Für App-Entwickler ist eine solche Verschreibung finanziell attraktiv: Im ersten Jahr nach der Zulassung erhalten sie im Durchschnitt 135 Euro pro Verschreibung pro Monat.

Eine neue Studie vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung veröffentlichte Studie untersucht erstmals die Auswirkungen dieses Vergütungsmodells auf den Gesamtmarkt für Gesundheits-Apps, also nicht nur auf die zugelassenen DiGAs selbst.

Im Zentrum stand die Frage, ob seit der Einführung der Möglichkeit, Applikationen vom Arzt verschreiben zu lassen, mehr digitale Anwendungen gezielt für den deutschsprachigen Markt entwickelt wurden. Für die Analyse verwendeten die Autoren Daten zu allen Gesundheits-Apps im Apple App Store.

Vor allem mehr Apps, die Daten zu Werbezwecken nutzen

Die Studie zeigt zwar einen deutlichen Anstieg in der Zahl deutschsprachiger Gesundheits-Apps, allerdings nicht bei qualitativ hochwertigen Apps, die als DiGA zugelassen werden könnten.

„Seit bekannt geworden ist, dass es die Abrechnung von Apps auf Rezept in Deutschland geben wird, zeigen die Daten im Vergleich zu anderen Märkten einen deutlichen Anstieg bei Anwendungen, die für den deutschsprachigen Markt verfügbar sind“, erklärt Sabrina Schubert, Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW und Ko-Autorin der Studie.

„Die anfängliche Begeisterung hat aber nicht zu einer höheren Diversität an Apps oder einer Zunahme an Anwendungen geführt, die weniger Daten sammeln. Der Anstieg wurde außerdem fast ausschließlich von Apps getrieben, die Patientendaten für Werbezwecke nutzen“, so Schubert weiter.

Kein Anstieg bei Apps mit wissenschaftlicher Evidenz

„Auffällig ist auch, dass die Anzahl an Apps, zu denen es wissenschaftliche Publikationen gibt, kaum gestiegen ist. Genau das wäre aber das Qualitätssignal, das sicherstellt, dass Gesundheits-Apps auch tatsächlich einen Mehrwert bieten“, ergänzt Prof. Simon Reif, Leiter der Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW und Ko-Autor der Studie.

Für viele App-Entwickler scheinen die Hürden für eine Erstattung durch die Krankenversicherung immer noch zu hoch zu sein. Deswegen würden sie sich auf andere Geschäftsmodelle, wie die Nutzung von Daten zu Werbezwecken, fokussieren, so Reif weiter. Dadurch gebe es für die Versicherten weniger qualitativ hochwertige und datensparende digitale Gesundheitsangebote. Reifs Vorschlag um das zu ändern: „Das System könnte von niedrigeren Einstiegshürden – bei ebenfalls niedrigerer Vergütung – profitieren.“