Meilenstein der Herzchirurgie: Herz-Lungen-Maschine seit 70 Jahren erfolgreich im Einsatz

Herz-Operation unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine Quelle: ©DHZC

„Dank der Herz-Lungen-Maschine sind seit nunmehr 70 Jahren Herzoperationen durchführbar, die zuvor nahezu undenkbar waren“, erklärt Prof. Volkmar Falk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) zum Jubiläum der revolutionären Technologie.

Der amerikanische Herzchirurg John Gibbon wandte 1937 die erste Herz-Lungen-Maschine an, wobei es ihm gelang, das Blut aus einer ins Herz mündenden Hohlvene in einen sogenannten Oxygenator umzuleiten, dort das Blut mit Sauerstoff anzureichern und sauerstoffeiches Blut wieder in den Körper zurückzuführen. Als Durchbruch für die Herzchirurgie galt seine erstmals im Mai 1953 durchgeführte Herzoperation, bei der die Herz-Lungen-Maschine 45 Minuten lang die gesamte Herz-Kreislauf-Funktion der Patientin übernahm.

An der ersten offenen, in Deutschland durchgeführten Herzoperation 1958 in Marburg durch Prof. Rudolf Zenker war Prof. Hans Georg Borst, einer der Gründungsväter der DGTHG, maßgeblich beteiligt: er bediente damals als Assistenzarzt die Herz-Lungen-Maschine. In Ostdeutschland konnte 1962 Martin Herbst in Leipzig die erste erfolgreiche Herz-OP mit einer Herz-Lungen-Maschine durchführen. „Die Erfindung der Herz-Lungen-Maschine war ein entscheidender und revolutionärer Durchbruch für die Entwicklung der Herzmedizin“, betont der DGTHG-Präsident Falk.

DGTHG-Präsident Volkmar Falk. Foto: ©DGTHG

Laut ihm werden derzeit jährlich bundesweit ca. 90.000 Herzoperationen durchgeführt, davon rund 60.000 unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Dabei ersetzt das Medizingerät sowohl die Herzpumpfunktion als auch die lebensnotwendige Oxygenierung bzw. CO2-Elimination des Blutes. Nur durch diese Funktionalität sei es überhaupt erst möglich, Operationen von erworbenen und angeborenen Herzfehlern durchzuführen. Die Herz-Lungen-Maschine wird von speziell ausgebildeten Perfusionistinnen Perfusionisten bedient und überwacht. „Wir arbeiten hierbei Hand in Hand im Herzteam“, erklärt Dr. Frank Münch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiotechnik e.V. „Aktuell gibt es in Deutschland ca. 900 klinisch tätige Perfusionist:innen. Das Studium dauert 3 bis 3,5 Jahre – je nach Studienschwerpunkt – und schließt als Bachelor oder Master mit ECCP-Zertifikat ab.“

„Abgesehen von den genannten Hauptfunktionen, kann über die Herz-Lungen-Maschine die Körpertemperatur der Patienten kontrolliert beeinflusst werden, um das Herz, und alle übrigen Organe, vor Schäden zu bewahren“, führt Herzchirurg Falk aus. „Das Wesentliche ist, dass die für viele Eingriffe notwendige Eröffnung des Herzens nur möglich ist, wenn am stillgelegten Herzen operiert werden kann. Dazu wird das Herz vollständig aus dem Kreislauf ausgeschaltet.“

„Bis heute wurde die Herz-Lungen-Maschine stets weiterentwickelt und findet bei einer Vielzahl von Herzoperationen Anwendung. Zum Beispiel bei der Rekonstruktion oder dem Ersatz defekter Herzklappen, beim Anlegen aorto-koronarer Bypässe (ACB), bei Korrekturen angeborener Herzfehler, Hauptschlagaderrekonstruktionen oder -ersätzen oder bei Herz- und Lungentransplantationen.“ Für Kleinkinder und Neugeborene mit angeborenen Herzfehlern stehen hierzu spezielle minimierte Herz-Lungen-Maschinen zur Verfügung.