Melanom: Studie zeigt Nutzen molekularer Tumoranalyse

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Erstmals wurden neun molekularbiologische Verfahren kombiniert, um Tumoren detailliert zu analysieren. Die Studie zeigt: Innerhalb von vier Wochen lassen sich individualisierte Therapieempfehlungen mit klinischem Nutzen ableiten.

Jeder Tumor ist einzigartig. Das macht es schwierig, die wirksamste Therapie für eine Behandlung zu finden. Das Tumor Profiler Center des Universitätsspitals Zürich, der Universität Zürich, der ETH Zürich und des Universitätsspitals Basel in der Schweiz führte nun eine Studie durch, in der mit verschiedenen molekularbiologischen Technologien die Eigenschaften des Tumors vermessen wurden und eine präzise Therapieentscheidung ermöglicht wird.

Für die Wahl der geeigneten Therapie stützen sich die Ärzte auf etablierte Leitlinien. Dank dieser Leitlinien wurden gerade auch beim Melanom in den letzten Jahren signifikant bessere Behandlungserfolge erzielt. Allerdings gibt es selbst innerhalb dieser Standardtherapien oft mehrere Behandlungsoptionen, und es ist nicht immer eindeutig, welche für einen bestimmten Patienten die Therapie mit der größten Aussicht auf Erfolg ist. Noch schwieriger wird es, wenn die Standardtherapien ausgeschöpft sind und es kaum wissenschaftlich fundierte Hinweise gibt, wie die Behandlung fortgesetzt werden kann.

Jeden Tumor bis in die einzelne Zelle kennen

Bisher wurden Therapien gegen Krebs in erster Linie anhand des Ursprungsgewebes des Tumors sowie seiner genetischen Eigenschaften festgelegt. Im seit 2018 laufenden Tumor-Profiler-Projekt wird untersucht, wie neue molekularbiologische Methoden helfen können, die Therapiemöglichkeiten für Patienten über die Standardtherapien hinaus zu verbessern und zu erweitern. Dafür machen sich die Forschenden zunutze, dass jeder Tumor bis in die einzelnen Zellen hinein einzigartig ist.

Mit neun Technologien wird ein Tumor auf Einzelzellebene analysiert. Aus den so gewonnenen Informationen entsteht ein umfassendes Bild der biologischen Vorgänge im Tumor, von der DNA über die RNA bis hin zu den Proteinen. Dieses Wissen soll es dann möglich machen, aus den vorhandenen Therapieformen, vor allem Medikamenten, die individuell für den einzelnen Patienten wirksamste Behandlung zu bestimmen. Dieser datenbasierte Ansatz ermöglicht es zudem, Medikamente in die Evaluation einzubeziehen, die für die Behandlung anderer Krebsarten eingesetzt werden und so das Spektrum der Therapiemöglichkeiten fallweise zu erweitern.

In einer ersten Phase des Tumor-Profiler-Projekts wurde untersucht, welche molekularbiologischen Technologien für die Behandlung relevante Informationen liefern, und gezeigt, dass solche umfassenden Analysen machbar sind und die dafür notwendige Verarbeitung der enormen Datenmengen möglich ist. In einem weiteren Schritt ging es nun darum, zu prüfen, wie das Tumorprofiling in die Praxis umsetzbar ist.

Studie mit neun molekularbiologischen Verfahren

In einer prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie untersuchte eine Forschungsgruppe aus über 100 Wissenschaftlern, ob dieser Ansatz in der Klinik machbar ist und ob er Vorteile bietet. Im Fokus stand dabei, wie lange es dauert, bis die Tumoranalyse vorliegt und wie die behandelnden Ärzte die daraus resultierenden Empfehlungen beurteilen – zwei zentrale Faktoren für die erfolgreiche Anwendung des Tumorprofilings in der Praxis. Dafür wurden die Tumoren von 116 Patienten analysiert. Aus den resultierenden 43.000 Datenpunkten bzw. 0,5 Terabyte (TB) Daten pro Probe wurden individuelle Behandlungsempfehlungen abgeleitet. Zum ersten Mal wurden in einer Studie neun molekularbiologische Technologien für das Profiling parallel eingesetzt und die daraus erhobenen Daten in Behandlungsvorhersagen zugunsten der behandelnden Ärzte in der Klinik eingesetzt.

Schnelle Analyse und individuelle Behandlungsempfehlungen

Die Studie konnte zeigen, dass die aus dem Tumorprofiling gelieferten Empfehlungen nach vier Wochen vorlagen und in 75 Prozent der Fälle von den behandelnden Spezialisten als hilfreich für die Therapiewahl beurteilt wurden und ihnen dafür substanzielle Informationen lieferten. „Diese Werte und Informationen zeigen uns, dass die Empfehlungen aus dem Tumorprofiling innerhalb einer nützlichen Frist vorliegen und mit einem für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte konkreten und direkt umsetzbaren Nutzen“, so Nicola Miglino, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie des Universitätsspitals Zürich und Erstautor der Studie.

Das Tumorboard des Universitätsspitals Zürich beurteilte die Tumor Profiler-Daten und schlug den Studienteilnehmern basierend auf diesen Informationen spezifische, individuell auf sie ausgerichtete Therapien vor. Es zeigte sich, dass die Patienten, deren Behandlung auf Informationen aus den Profiler-Daten beruhte, häufiger auf die Therapie ansprachen als die Patienten, die nicht am Programm teilnahmen.

„Das ist ein über unser eigentliches Studienziel hinaus ermutigendes Resultat, das aber noch in prospektiven und randomisierten klinischen Studien mit mehr Patienten bestätigt werden muss“, fasst Andreas Wicki, Professor für Onkologie an der Universität Zürich die Resultate zusammen. Und ergänzt weiter: „Diese Studie ist ein großer Schritt in Richtung datenbasierte Medizin. Sie bereitet den Weg zu neuen klinischen Studien, die nicht einzelne Medikamente testen, sondern vielmehr die eigentliche Vorhersage der wirksamsten Therapie.“