Metastasierter Lungenkrebs: Wissen um bessere Patienten-Fitness kann hilfreich für die Behandlung sein6. November 2024 Einige der Patienten in der aktuellen Untersuchung hatten in den vorangegangenen sechs Monaten sehr stark an Gewicht verloren, wirkten geschwächt, absolvierten die körperlichen Tests aber dennoch mit ausreichender Ausdauer. Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Muskelmasse und Leistungsfähigkeit gibt. (Foto: © pornchan/stock.adobe.com) In einer Studie mit Patienten, die an metastasiertem Lungenkrebs und Kachexie litten, haben Forschende eine höhere Wahrscheinlichkeit für den Erfolg einer Therapie beobachtet, wenn die Patienten eine bessere körperliche Fitness besaßen. Die Wissenschaftler beziehen sich dabei auf einfache körperliche Tests wie Sitzen, Stehen und Gehen. Die Performance der Patienten bei solchen Tests könne bei der Erstellung der Prognose und der Entscheidung für einen Behandlungsansatz helfen, erklären sie. Zudem wurden in der Studie zwei Substanzen im Plasma der Betroffenen entdeckt – Serin und M22G –, die laut den Forschenden Biomarker für das Ansprechen auf eine Chemotherapie sein könnten. Wie Erstautor Willian das Neves Silva vom São Paulo Cancer Institute der Universität São Paulo (Brasilien) erklärt, ist das Anorexie-Kachexie-Syndrom, das durch den Verlust von Skelettmuskelmasse gekennzeichnet ist, ein häufiges Merkmal von Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium und wird mit Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Muskelschwäche in Verbindung gebracht. Im Fall von Lungenkrebs – und insbesondere von Nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) – zeigte die Studie, dass die Messung der Muskelmasse für eine Prognose nicht ausreicht und dass auch die Muskelfunktion berücksichtigt werden sollte. „Wir haben gesehen, dass die Funktion wichtiger ist“, erklärt das Neves Silva und erläutert, dass allein Muskeln zu haben nicht ausreicht. Von Bedeutung sei auch, was man damit zu tun in der Lage ist. „Die Studie hat gezeigt, dass körperliche Fitness wichtiger ist als Muskelmasse. Die meisten Patienten waren geschwächt und litten zu einem gewissen Grad an Kachexie. Patienten mit höherer körperlicher Leistungsfähigkeit leben länger, und das hat nichts mit ihrem Gesamtzustand zu tun.“ Laut den Autoren können die Ergebnisse der Studie dazu beitragen, eine Chemotherapie effektiver zu handhaben und Patienten bei Bedarf in die Palliativversorgung oder an Spezialisten in ergänzenden Disziplinen zu überweisen. „Wir haben gezeigt, dass Patienten, die bei den einfachen körperlichen Tests schlecht abschnitten, auch eine beeinträchtigte Sauerstoffaufnahme zeigten“, ergänzt Prof. Gilberto de Castro Junior von der Medizinischen Fakultät der Universität São Paulo (FM-USP). „Bei Patienten mit guten Leistungen wurde in diesem Punkt zufriedenstellende Ergebnisse erzielt. Wir glauben, dass der mit dem Tumor verbundene Entzündungsprozess dazu führt, dass eine Reihe von Metaboliten im Blutkreislauf zirkulieren, was möglicherweise negative Auswirkungen auf den Muskelzellstoffwechsel hat. Irgendwie werden diese Zellen durch Toxine geschädigt, die den Sauerstoffverbrauch verringern, was ihren Gesamtzustand verschlechtert.“ Kein direkter Zusammenhang zwischen Muskelmasse und Leistungsfähigkeit Die Studienstichprobe umfasste 55 NSCLC-Patienten, die am São Paulo State Cancer Institute (ICESP) behandelt wurden. Bei den meisten handelte es sich um Männer, alle Patienten waren Raucher. Sie wurden zwischen April 2017 und September 2020 behandelt und während der Chemotherapie im Krankenhaus durchschnittlich etwa drei Monate lang nachbeobachtet. Vor Beginn der Therapie absolvierten die Patienten körperliche Tests, um ihre Leistungsfähigkeit zu beurteilen: drei Meter Hin- und Hergehen und Hinsetzen sowie ein Sit-to-Stand-Test (10 Wiederholungen) und der Sechs-Minuten-Gehtest. Eine Gruppe von 23 Patienten unterzog sich einem Ausdauertest auf einem Fahrradergometer, wobei sie eine Sauerstoffmaske trugen und die Geschwindigkeit ständig steigerten. Neben den körperlichen Tests wurden Blutproben genommen und Computertomographien durchgeführt. „Einige dieser Patienten hatten in den vorangegangenen sechs Monaten 30 Kilo abgenommen und wirkten geschwächt, zeigten aber dennoch ausreichend Ausdauer. Daraus schlossen wir, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Muskelmasse und Leistungsfähigkeit gibt und dass die Betreffenden auch eine Chemotherapie durchstehen würden. Körperliche Aktivität ist unserer Ansicht nach wichtig, auch wenn sie entsprechend der Leistungsfähigkeit des Einzelnen erfolgt, und kann sich während der Behandlung positiv auswirken“, berichtet das Neves Silva. An der Harvard Medical School in Boston (USA) wurden die in Brasilien gesammelten Blutproben und Muskelzellen einer metabolomischen Analyse unterzogen, um die Zwischen- oder Endprodukte des Stoffwechsels und die Moleküle zu identifizieren, die als Marker der Krankheit angesehen werden könnten. Serin und M22G als potenzielle Biomarker für Ansprechen auf Chemotherapie Wie bereits erwähnt, wurden Serin und M22G als potenzielle Biomarker für eine positive Reaktion auf die Chemotherapie identifiziert. Bei Serin handelt es sich um eine nichtessenzielle Aminosäure, die an mehreren Stoffwechselprozessen wie der Proteinsynthese beteiligt und auch für die Funktion der Muskelzellen notwendig ist. Ein Überschuss an Serin in Zellen wird mit Tumorwachstum in Verbindung gebracht. Die Hemmung von Serin kann zur Reduzierung von Tumoren beitragen und wurde als potenzieller Bestandteil der Krebsbehandlung vorgeschlagen. „Wir haben gezeigt, dass beide Substanzen mit der Leistungsfähigkeit dieser Patienten in Zusammenhang stehen und in Zukunft als Marker dafür dienen könnten. Dies muss jedoch noch weiter erforscht werden“, erklärt das Neves Silva. Eine der nächsten Schritten wird es sein, alle Daten aller Patienten mithilfe Künstlicher Intelligenz zu analysieren, um nach Biomarkern zu suchen, die zum Verständnis des Krankheitsmechanismus beitragen können. Auch soll erforscht werden, ob körperliche Betätigung während der Chemotherapie den allgemeinen Gesundheitszustand von NSCLC-Patienten verbessern kann. Geringe Muskelqualität, weniger Leistung Neuere Erkenntnisse derselben Forschungsgruppe, zeigen, dass Entzündungen, Nahrungsmittelaversion und intramuskuläres Fett allesamt als Prognoseindikatoren für Patienten mit metastasiertem NSCLC eingesetzt werden können. „In diese neue Analyse haben wir eine weitere Gruppe von Patienten einbezogen, deren Leistung bei körperlichen Tests noch schlechter war als in der vorherigen Studie. Wir haben sie als einzelne Gruppe analysiert und festgestellt, dass die Patienten mit den stärksten Entzündungen und Nahrungsmittelaversionen sowie mehr intramuskulärem Fett eine kürzere Überlebenszeit hatten. Intramuskuläres Fett war ein Hinweis auf eine schlechte Muskelqualität, was zu suboptimalen Leistungen bei körperlichen Tests führte“, führt das Neves Silva aus. Als ihr langfristiges Forschungsziel nennen die Forschenden, dass sie verstehen möchten, wie körperliches Training als eine Art „Heilmittel“ wirken und die Behandlung ergänzen kann. „Wir wissen, dass Patienten mit schlechter Muskelfunktion weniger Überlebenszeit haben“, sagt Castro Junior. „Könnten wir diesen Prozess irgendwie umkehren, indem wir die Muskelfunktion durch Training verbessern, diese Zellen widerstandsfähiger gegen Entzündungen machen, den Teufelskreis aus Kachexie und Muskelschwund durchbrechen und die Antitumorwirkung der Behandlung verstärken? Das wollen wir jetzt herausfinden.“
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