„Meteor“-Expedition will Jagdverhalten von Zahnwalen im Atlantik besser verstehen29. Juli 2024 Zweieinhalb Wochen werden die Forschenden mit der METEOR im Nordatlantik unterwegs sein, um die Beutetiere der Zahnwale mit modernster Technik zu untersuchen. Foto: © Véronique Merten, GEOMAR Am Sonntag ist das Forschungsschiff „Meteor“ zu einer Expedition rund um die Insel Terceira im Azoren-Archipel gestartet. Modernste Technologien werden eingesetzt, um zu verstehen, warum so viele Walarten in einem relativ kleinen Gebiet vorkommen können. Unter der Leitung von Meeresbiologin Dr. Véronique Merten vom „Geomar” Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel untersucht ein internationales Team die Vielfalt, Biomasse, Verteilung und Häufigkeit von Beutetieren in den Jagdgründen von Zahnwalen, die in unterschiedlichen Tiefen jagen. Die Erkenntnisse werden zum Schutz der gefährdeten Meeressäuger beitragen. Sie können von allen Säugetieren am längsten und am tiefsten tauchen, und doch gehören sie nicht zu den bekanntesten Walarten: Gänse-Schnabelwale (Ziphius cavirostris) kommen weltweit in gemäßigten, subtropischen und tropischen Breiten vor, werden etwa sieben Meter lang, und ihr kurzer Schnabel ähnelt tatsächlich dem einer Gans. Sie ernähren sich bevorzugt von Tintenfischen, die sie in Tiefen bis zu 3000 Metern jagen und dabei bis zu zwei Stunden lang die Luft anhalten. „Um die Tiere besser schützen zu können, müssen wir mehr über ihre Nahrungsaufnahme, ihre Beute, und über ihre Jagdgründe wissen“, sagt Meeresbiologin Dr. Véronique Merten, Postdoktorandin in der Arbeitsgruppe Tiefsee-Biologie am „Geomar” Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Sie leitet die internationale Expedition M202 mit dem deutschen Forschungsschiff „Meteor”, die jetzt zur Insel Terceira im Azoren-Archipel aufgebrochen ist. Unter dem Titel „Interactions between whales and cephalopods in the Atlantic Ocean“ (Interaktionen zwischen Walen und Tintenfischen im Atlantischen Ozean, ISAAC) wollen die Forschenden das Jagdverhalten und die Beuteauswahl von drei Arten tief tauchender Zahnwale – dem Gänse- und dem Sowerby-Schnabelwal (Mesoplodon bidens) sowie dem Risso-Delfin (Grampus griseus) – untersuchen. Umfangreiche Untersuchungen an sechs Tiefseestationen Die genauen Wechselwirkungen zwischen diesen schwer fassbaren, tief tauchenden Walen und ihrer schwer zu untersuchenden Beute, den Kopffüßern, sind das Thema einer Zusammenarbeit eines internationalen Teams von Forschenden, die jeweils ihr Fachwissen über Wale und Walbeute einbringen. Geleitet werden diese Forschungsarbeiten von der Walspezialistin Dr. Fleur Visser vom Königlich-Niederländischen Institut für Meeresforschung (Koninklijk Nederlands Instituut voor Onderzoek der Zee, NIOZ), die ein langfristiges Forschungsprogramm zur Biologie der Wale vor der Insel Terceira durchführt, und dem Tintenfisch- und Tiefseebiologen Dr. Henk-Jan Hoving vom „Geomar”. Auf dem Programm der Expedition M202 stehen umfangreiche Untersuchungen an sechs Tiefseestationen vor der Azoren-Insel Terceira. Gleichzeitig führt das Team von Dr. Fleur Visser Operationen an Land und mit Hilfe kleinerer Boote durch, um die Wale zu untersuchen. Der Schwerpunkt liegt weniger auf den Walen selbst als auf ihrer potenziellen Beute. Dr. Visser: „Die drei Walarten jagen in unterschiedlichen Gebieten und Tiefen. Wir wollen herausfinden, welche biologischen und ozeanografischen Faktoren die jeweiligen besonderen Jagdgründe definieren.“ Im Falle der Gänse-Schnabelwale gibt es eine konkrete Hypothese: Diese Art jagt am weitesten von der Insel entfernt in Tiefen zwischen 900 Metern und dem Meeresboden, der hier etwa 1400 Meter tief ist. „Wir denken, dass dort größere, erwachsene, sich fortpflanzende Tiefseekalmare vorkommen. Für größere, kalorienreichere Individuen könnte sich die energieintensivere Jagd in der Tiefe lohnen.“ Echolote bestimmen die Biomasse im Wasser Um diese Hypothese zu überprüfen, versucht das Team, Tiefseekalmare in ihrer natürlichen Umgebung mit Tiefseekameras und akustischen Sensoren zu dokumentieren, um Arten und Biomasse in bestimmten Tiefen zu erfassen. Zu den Kameras gehört das pelagische In-situ-Beobachtungssystem „Pelagios”, das vom Schiff geschleppt wird und Videos von den Bewohnern des Freiwassers aufnimmt. An „Pelagios” angebrachte Echolote bestimmen gleichzeitig die Biomasse im Wasser. Das Ozeanboden-Beobachtungssystem OFOS (Ocean Floor Observation System) wird Videos und Fotos vom Meeresboden aufnehmen. Nautilus-Kamerasysteme mit optischen Ködern werden in der Wassersäule treiben gelassen und auf dem Meeresboden abgesetzt, um schwer zu entdeckende Tiefsee-Tintenfische anzulocken und zu beobachten. „Um Tintenfische zu dokumentieren, ist eine Vielzahl von Instrumenten erforderlich, da viele von ihnen ozeanografische Geräte meiden“, sagt Dr. Henk-Jan Hoving. Um das Tauchverhalten der Wale, die Kommunikation und die Biomasse der Tintenfische über die Dauer der Fahrt hinaus während eines ganzen Jahres zu messen, wird das Team eine Verankerung mit Echoloten und Hydrophonen (Unterwasser-Mikrophone) einholen und ausbringen. Die Arbeiten am Nautilus-Kamerasystem und der Verankerung werden vom US-amerikanischen Ozeanographischen Institut Scripps Institution of Oceanography in La Jolla, Kalifornien, geleitet. Umwelt-DNA aus Wasserproben Um den potenziellen Beutetieren wie Tintenfischen und Fischen auf die Spur zu kommen, ohne diese fangen oder beobachten zu müssen, werden die Wissenschaftler Umwelt-DNA aus Wasserproben gewinnen. Diese DNA-Proben werden für molekulare Analysen der genetischen Vielfalt der Beutetiere und der Populationsstruktur der Zahnwale verwendet. Außerdem wird das Team Umwelt-DNA nutzen, um die Beutegemeinschaften vor den Azoren mit anderen Regionen zu vergleichen, in denen Gänse-Schnabelwal-Populationen vorkommen. Dr. Merten: „Dieselbe Walart kann in verschiedenen Regionen ein unterschiedliches Tauch- und Jagdverhalten an den Tag legen. Wir möchten wissen, ob sich auch die Beutegemeinschaften zwischen diesen Regionen unterscheiden.“ „Wale spielen eine Schlüsselrolle für das Ökosystem Tiefsee. Deshalb ist es so wichtig, ihr Verhalten und die komplexen ökologischen Beziehungen zwischen ihnen und ihrer Beute besser zu verstehen“, sagt Expeditionsleiterin Dr. Merten. „Darüber hinaus haben unsere wiederholten Bemühungen in der Region in den vergangenen sechs Jahren zu einer einzigartigen Bestandsaufnahme der Artenvielfalt von Tintenfischen und Fischen in den Gewässern vor den Azoren geführt, die uns helfen wird, Veränderungen im Laufe der Zeit zu erkennen.“
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