MFA-Personalmangel: 50 Prozent der HNO-Arztpraxen fehlt Praxispersonal4. Juli 2024 Foto: ISO K Medien GmbH/stock.adobe.com Eine aktuelle Mitgliederbefragung des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte belegt Fachkräftemangel, der für Probleme in den Praxen sorgt. 50 Prozent aller HNO-Arztpraxen ist aktuell auf der Suche nach Medizinischen Fachangestellten. Fast zwei Drittel der Praxen hat in den letzten zwölf Monaten Mitarbeiter verloren – an Praxen anderer Fachrichtungen, an Krankenhäuser sowie an den Öffentlichen Gesundheitsdienst oder Krankenkassen. Als Hauptgründe für den Jobwechsel wurden eine zu hohe Arbeitsbelastung bei zu geringem Gehalt sowie aggressive und unfreundliche Patienten genannt. Dies sind die Kernergebnisse einer aktuellen Mitgliederbefragung des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. zur Personalsituation in der Praxis. „Die Ergebnisse belegen den Fachkräftemangel, unter dem die Kolleginnen und Kollegen seit Jahren leiden. Der anspruchsvolle MFA-Beruf und die desolate Honorarsituation in der Gesetzlichen Krankenversicherung passen nicht zusammen“, hebt Verbandspräsident Prof. Jan Löhler hervor. Für mehr Wertschätzung brauche es zudem die Unterstützung aller Beteiligten. Gut ein Drittel der MFA wechselt den Beruf Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie in den letzten zwölf Monaten Personal verloren haben: 47,2 Prozent durch Kündigung des Arbeitnehmers, 9,6 Prozent durch Kündigung des Arbeitgebers, 7,3 Prozent traten in die Rente ein. Ihre berufliche Laufbahn setzten die kündigenden Mitarbeiter bei einer Arztpraxis einer anderen Fachrichtung (41,9 %), einem Krankenhaus (33,1 %) sowie dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (9,1 %) oder einer Krankenkasse (5,9 %) fort. Immerhin 37,9 Prozent wechselten in einen gänzlich anderen Beruf. Als Gründe für die Kündigung auf Wunsch des Arbeitnehmers wurden ein zu geringes Gehalt (35,5 %), zu viel Arbeit (35,2 %) und aggressive oder unfreundliche Patienten (28,2 %) genannt. Die Hälfte der Praxen zahlt über Tarif Auch nach der Höhe des Gehaltsniveaus wurde gefragt. Hierbei gaben 88,1 Prozent der HNO-Ärztinnen und -Ärzte an, dass sie nach Tarif (37,7 %) oder sogar über Tarif (50,4 %) bezahlen. Als Folge des Personalmangels können bereits heute weniger Untersuchungen angeboten werden, zum Beispiel Allergiediagnostik oder Schwindeluntersuchungen (67,2 %). Darüber hinaus steigen die Wartezeiten, weil weniger Patienten behandelt werden können (47,7 %). 42,3 Prozent der Befragten gaben an, durch den Personalmangel Probleme bei der Umsetzung des Qualitätsmanagements und der behördlichen Vorgaben zu haben. Die Online-Befragung fand vom 21. bis 28. Juni 2024 unter den berufstätigen Mitgliedern des HNO-Berufsverbandes statt. 790 Ärztinnen und Ärzten nahmen teil, was einer Rücklaufquote von 21,7 Prozent entspricht. Um Verzerrungseffekte zu vermeiden, wurde darum gebeten, dass nur ein Arzt pro Praxis an der Befragung teilnimmt. Bei einigen Fragen waren Mehrfachnennungen zugelassen. Die Befragten sind überwiegend in Einzelpraxis (53,9 %) sowie in Gemeinschaftspraxis (43,0 %) tätig. Die meisten Praxen beschäftigen zwei bis fünf Praxismitarbeiter, wobei nach Personen und nicht Vollzeitäquivalenten gefragt wurde. 58,9 Prozent haben Auszubildende im Team. In den Praxen mit Personalnot sind hauptsächlich ein bis drei Stellen unbesetzt. Löhler: Gründe für desolate Personalsituation liegen in der Gesundheitspolitik „Die Umfrage belegt die desolate Personalsituation in der ambulanten HNO-Heilkunde. Die wesentlichen Gründe dafür liegen in der Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte. Budgetierung, die Ungleichbehandlung von ambulantem und stationärem Bereich sowie ungeduldige oder aggressive Patienten belasten unsere Medizinischen Fachangestellten. Sie sind in der Regel die erste Anlaufstelle und nicht selten auch Blitzableiter für die immer größere Menge an Patienten, die in HNO-Facharztpraxen versorgt werden“, erläutert HNO-Präsident Löhler. Selbst bei ordentlicher Bezahlung, können viele HNO-Ärzte den Konkurrenzkampf um Fachpersonal mit anderen Einrichtungen oder Berufszweigen nicht bestehen: „Selbst von den Praxen, die über Tarif bezahlen, haben mehr als die Hälfte im letzten Jahr Mitarbeiter durch Kündigung des Arbeitnehmers verloren.“ Solange die Verdienstmöglichkeiten im Krankenhaus oder bei einer Krankenkasse deutlich über dem Gehalt in der Arztpraxis liegen, komme man als Niedergelassener einfach nicht mehr mit. Gerade in den Ballungszentren mit hoher Klinikdichte sei der Kampf um qualifiziertes Personal besonders dramatisch, berichtet Löhler weiter. Für eine nachhaltige Lösung des Personalproblems müsse neben einem konsequenten Bürokratieabbau in erster Linie der Personalkostenanteil in der ärztlichen Vergütung neu berechnet werden. „Grundlage für die Kalkulation sollte das Durchschnittsgehalt von Sozialversicherungsfachangestellten werden. Dies muss im Vorfeld zwischen den Tarifparteien vereinbart und anschließend von den Krankenkassen bei der jährlichen Honorarrunde eingefordert werden: „Verwaltung darf nicht mehr kosten als Versorgung.“ Darüber hinaus brauche es flankierende Maßnahmen, wie eine breit angelegte Imagekampagne, die für mehr Wertschätzung des MFA-Berufs sorgen. Laut Bundesagentur für Arbeit verdienen MFA in Arztpraxen durchschnittlich 2.778 Euro pro Monat. Der Durchschnittslohn in Krankenhäusern liegt bei 3.944 Euro. Der mittlere Lohn von MFA, die bei gleicher Qualifikation als Sozialversicherungsfachangestellte bei einer Krankenkasse arbeiten, beträgt sogar 4.282 Euro – also 54 Prozent über dem Verdienst in der Arztpraxis.
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