Mikroplastik kann bösartige Veränderungen in Lungenzellen auslösen

Mikro- und Nanoplastik können vor allem in gesunden Lungenzellen Veränderungen auslösen, die mit der Entstehung von Krebs in Verbindung stehen (Abbildung: © cris-pywork/stock.adobe.com)

Obwohl das Atmungssystem eine der Haupteintrittspforten für Mikro- und Nanoplastik (MNPs) aus der Luft in den Körper ist, weiß man bisher wenig über die Auswirkungen der winzigen Partikel auf die Lunge. Eine neue Studie liefert nun mehr Einblicke.

Forschende der Medizinischen Universität (MedUni) Wien (Österreich) haben nun erstmals nachgewiesen, dass MNPs Veränderungen in Lungenzellen auslösen können, die mit der Entstehung von Krebs in Verbindung stehen.

Im Rahmen der Studie untersuchte das Forschungsteam, wie Polystyrol-Mikro- und -Nanoplastik (PS-MNPs) mit verschiedenen Lungenzelltypen interagieren. Das überraschende Ergebnis der Wissenschaftler: Gesunde (nichtmaligne) Lungenzellen nehmen besonders kleine Partikel (0,00025 mm) von PS-MNPs deutlich stärker auf als bereits bösartige Krebszellen – und reagieren mit biologischen Veränderungen, die einmal mehr die Gefahr durch MNP für die Gesundheit verdeutlichen.

Verminderte Fähigkeit zur Reparatur von DNA-Schäden

Konkret kam es in den gesunden Zellen nach Kontakt mit den Partikeln zu verstärkter Zellmigration, zu DNA-Schäden, oxidativem Stress sowie zur Aktivierung von Signalwegen, die das Zellwachstum und -überleben fördern – alles Prozesse, die als frühe Hinweise für die Entstehung von Krebs gesehen werden. „Auffällig waren vor allem die reduzierte Fähigkeit der gesunden Zellen, DNA-Schäden zu reparieren, und die gleichzeitige Aktivierung bestimmter Signalwege, die normalerweise das Zellwachstum begünstigen“, berichten die Forschenden.

Während bösartige Lungenzellen unter denselben Bedingungen vergleichsweise unbeeinträchtigt blieben, könnte bei gesunden Lungenzellen schon eine kurzfristige MNP-Exposition ausreichen, um sie in eine Richtung zu beeinflussen, die mit malignen Veränderungen assoziiert ist. Auch Abwehrmechanismen der Zellen wurden den aktuellen Forschungsergebnissen nach unter dem Einfluss von Polystyrol-Partikeln angestoßen. „Wir konnten eine Aktivierung von antioxidativen Schutzsystemen beobachten – ein Hinweis darauf, dass sich die Zellen aktiv gegen den Stress durch Plastikpartikel zur Wehr setzen“, erläutert Erstautorin Büsra Ernhofer von der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie und dem Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien.

Beunruhigend: Vor allem gesunde Zellen sind anfällig

Die Lunge gilt als einer der Hauptaufnahmewege für luftgetragenes Mikroplastik. Bislang war jedoch kaum bekannt, wie diese Partikel mit Zellen des Lungengewebes interagieren. Die nun vorliegenden Daten lieferten nun erste Hinweise darauf, dass insbesondere gesunde Lungenzellen in einer Weise reagieren, die Anlass zur Sorge gibt. Dies eröffnet neue Fragestellungen zur möglichen Verbindung zwischen Plastikbelastung, chronischen Lungenerkrankungen und Krebsentstehung – und unterstreicht sowohl die Notwendigkeit interdisziplinärer Forschung als auch den Handlungsbedarf zur Reduzierung von Plastikmüll.

Zudem blieben die langfristigen Auswirkungen der MNP-Belastung auf die Lunge weiterhin ungeklärt und müssen, so unterstreicht das Forschungsteam, dringend untersucht werden.