Mikroplastik: Neuartige Filter im Labor entwickelt

Das Ergebnis der Experimente ist gut zu sehen: Im linken Behälter befindet sich der Waste, also das Wasser mit Mikroplastikpartikeln. Rechts: sauberes, klares Wasser. P. Pollmeier/HSBI

Forscher der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld haben im gemeinsamen Projekt InCamS@BI ein neuartiges Filtersystem für die kleinen Partikel entwickelt.

Filtersysteme von Tieren wie dem Riesenmanta sei aus biophysikalischer Sicht spannend für die Separation von Mikroplastik aus Flüssigkeiten, erklärt Tim Robertino Baumann, Doktorand an der Universität Bielefeld. Er beschäftigt sich jetzt seit fast zwei Jahren damit, diese Methode zu übertragen. Der Biophysiker ist zusätzlich Technologiescout im Transferprojekt InCamS@BI, dem Innovation Campus for Sustainable Solutions der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld. Die Idee für seine Forschung habe er aus einer wissenschaftlichen Publikation aus den USA, doch die Forscher dort hätten ihren Ansatz bisher nicht weiter verfolgt. Baumann sah hier mehr Potenzial. In seinem Projekt „Bluewater“, wie er seine Masterarbeit nannte, konnte er nach eigenen Angaben zeigen, dass die Methode funktioniert. Jetzt will er „seine“ Filter optimieren.

Sekundäres Mikroplastik ist eine Gefahr

Das Projekt InCamS@BI ist interdisziplinär und hat sich auf die Optimierung der zirkulären Wertschöpfungskette – insbesondere im Hinblick auf Kunststoffe – spezialisiert. Mikroplastikfilter passen thematisch dazu, da Mikroplastik oft ein Enderzeugnis von Kunststoffen ist – und dessen Wiederbeschaffung ist nicht trivial: Werden Kunststoffprodukte nicht fachgerecht entsorgt, enden die Produkte schlimmstenfalls in der Umwelt und degradieren hier zu Mikroplastik. So entstehende Partikel werden als sekundäres Mikroplastik bezeichnet. Im Gegensatz dazu wird primäres Mikroplastik schon so klein hergestellt und beispielsweise in Kosmetika oder Scheuermitteln eingesetzt, heißt es in der Pressemitteilung der HSBI.

„Ohne gezielte Versuche der Rückgewinnung bleibt Mikroplastik im Wasser und stellt ein totes Ende im Kunststoffkreislauf dar“, verdeutlicht Tim Robertino Baumann. „Mit zielgerichteter Grundlagenforschung jedoch kann dieser Teil des Kreislaufs geschlossen und durch den anschließenden Transfer von der Forschung in die Industrie übertragen werden. So können wir Probleme direkt am Ansatz lösen“, fügt er hinzu.

Ein Filtersystem aus Kanälen und Lamellen

Die Filter, die Baumann hergestellt hat, ähneln einem Kanalsystem: Zwischen einem eigens hergestellten und geformten Silikon und einer Glasplatte befindet sich der Strömungskanal, durch den das mit Mikroplastik versetzte Wasser von einer Seite mit zehn bar Druck – vier bis fünf Mal so viel wie in einem Autoreifen – gepumpt wird. Die Partikel wandern geradeaus durch den Kanal und landen zusammen mit etwas Wasser im „Waste“-Behälter. Das restliche, reine Wasser, sucht sich einen anderen Weg und zwar links und rechts der Mitte um eine Art Lamellen herum. Aufgrund des Drucks fließt es nicht wieder zurück, sondern in ein zweites Gefäß, den „Filtrat“-Behälter.

Am PC fertigt Baumann zunächst ein Modell an und simuliert den Wasserdurchfluss. Wenn am Computer alles funktioniert, startet er die reale Produktion. Das bedeutet, er erstellt zunächst eine Maske, mit der er einen Masterwafer mittels Photolithographie erzeugt. Dadurch entsteht ein negatives Relief der Struktur, das mit weichem Silikon abgeformt wird, Das Material mischt Baumann selbst an. Anschließend wird das Silikon zurechtgeschnitten, gestanzt und mit einem speziellen Verfahren auf ein Glas geklebt, das Plasmaoxidation genannt wird. Danach kann das eigentliche Experiment losgehen: Mit hohem Druck wird die Probe durch den Filter getrieben. Sie besteht aus Wasser, das mit Mikroplastikpartikeln versetzte ist. Zum Schluss wird die Partikelkonzentration der Filterausgänge, also der „Waste“ und das „Filtrat“, miteinander verglichen.

Auswirkungen nicht unter Kontrolle

Aktuell können mit der Methode etwa 81 Prozent der Partikel aus der Probe gefiltert werden. Die beiden Behälter (sauber und verunreinigt) sind nach den Versuchen stets ungefähr gleich voll. 25 Milliliter Flüssigkeiten werden pro Minute durch den Filter „gejagt“. In Zukunft möchte Baumann zeigen, dass die Technik auch mit einem geringeren Wasserdruck funktioniert. Denn: Im Haushalt fließt das Wasser in der Regel mit etwa 2,5 Bar, also nur einem Viertel dessen, was er aktuell in den Experimenten nutzt. Sein zusätzliches Ziel ist es, noch mehr sauberes Wasser zu erhalten.