Milzbrand: Eine schlummernde Gefahr für Mensch und Tier10. März 2025 Bodenprobenahme mittels Handbohrer Foto: © Mayerhofer-Rochel/ARWT Ein Forschungsteam hat im Rahmen eines One Health-Projekts historische Milzbrand-Vorkommen untersucht. Das Ergebnis: Selbst nach 80 Jahren bleiben Sporen des Bakteriums lebensfähig und stellen eine potenzielle Gesundheitsgefahr dar. Das Ziel des interdisziplinären Teams der Veterinärmedizinischen Universität Wien, in Zusammenarbeit mit dem Amt für Rüstung und Wehrtechnik des österreichischen Bundesheeres und der deutschen Bundeswehr, war es, die Persistenz und genetische Vielfalt von Bacillus anthracis, dem Erreger der gefährlichen Zoonose Anthrax (Milzbrand), besser zu verstehen. Anthrax (Milzbrand) ist primär eine Erkrankung von Huftieren wie Rindern oder Schafen, kann aber auch den Menschen betreffen und tödlich verlaufen. Bekanntheit erlangte Anthrax als biologischer Kampfstoff. Die Studie konnte nun durch Archivarbeit historische B. anthracis-Bodenreservoirs in Österreich identifizieren und lebensfähige Sporen isolieren – unter anderem an einer stillgelegten Gerberei. Archivarbeit als Schlüssel zur Spurensuche Die Identifizierung und Analyse historischer Anthrax-Ausbrüche kann eine Fundgrube sein, um die Lücken in der zeitlichen Persistenz und genetischen Vielfalt von Bacillus anthracis zu schließen. „Wir analysierten archivierte Aufzeichnungen über Milzbrandvorfälle in Österreich, um historische B. anthracis-Bodenreservoirs zu lokalisieren. Parallel dazu testeten wir Bodenverarbeitungsprotokolle, um ein effektives Screening für historische Anthrax-Funde zu entwickeln“, erklärt Studien-Erstautor Maximilian F. Mayerhofer-Rochel, Offizier im Amt für Rüstung und Wehrtechnik des Bundesheeres und PhD-Student am Institut für Mikrobiologie des Zentrums für Pathobiologie der Vetmeduni. Mit einem optimierten Arbeitsablauf gelang es den Wissenschaftern, 80 Jahre nach dem letzten dokumentierten Auftreten von Milzbrand in einer stillgelegten Gerberei, lebensfähige B. anthracis-Sporen zu isolieren. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, solche Orte systematisch zu überwachen, um Rückschlüsse über natürliches Vorkommen und etwaige absichtliche Ausbringung zu ziehen“, erklärt Mayerhofer-Rochel. Gesundheitsbedrohung durch klimatische und menschliche Einflüsse Die Genomanalyse der isolierten Stämme liefert wertvolle Erkenntnisse zur genetischen Vielfalt des Erregers und verbessert die phylogeografische Auflösung innerhalb der bisher nur unzureichend erfassten A.Br.064 (V770) canSNP-Gruppe, indem historische Aufzeichnungen mit genetischen Informationen verknüpft wurden. „Unsere Ergebnisse zeigen eindrücklich, dass B. anthracis jahrzehntelang an historischen Stätten überleben und eine Gesundheitsbedrohung darstellen kann, wenn solche Stätten durch klimatische Faktoren oder menschliche Eingriffe reaktiviert werden“, betont Studien-Letztautorin Monika Ehling-Schulz, Leiterin des Zentrums für Pathobiologie der Vetmeduni. Anthrax: Anhaltende Bedrohung aus einer One Health-Perspektive Bacillus anthracis stellt aus Sicht von One Health eine anhaltende Bedrohung dar, da er zu schweren Infektionen bei Tieren und Menschen führt. Insbesondere der fortschreitende Klimawandel und menschliche Aktivitäten können historische B. anthracis-Vorkommen reaktivieren. Kenntnisse über historische Milzbrandvorfälle in stillgelegten Tierverarbeitungsanlagen, Gerbereien oder Bauernhöfen und robuste Nachweisprotokolle sind deshalb von größtem Interesse bei der Überwachung dieser wichtigen Zoonose. Wie die vorliegende Studie zeigt, sind Archivaufzeichnungen wertvolle Quellen und unterstützen diese Bemühungen. One Health: Prävention durch besseres Wissen Dieses verbesserte Wissen kann die Sicherheit erhöhen, unterstreicht Monika Ehling-Schulz: „Die Untersuchung auf lebensfähige Sporen an solchen historischen Orten könnte nicht nur neue Erkenntnisse über die frühere genetische Vielfalt und Populationsstruktur von B. anthracis liefern. Sie könnte darüber hinaus auch wichtige Informationen für die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung künftiger Ausbrüche geben, die von diesen Orten ausgehen.“ Insbesondere das dokumentierte Wissen aus staatlichen Archiven und Archivmaterial zu Gerbereien und Tierverarbeitungsbetrieben sollte laut den Wissenschafter:innen in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden.
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