Mini-3D-Druck im Körper

Andrea Toulouse und ihr Team erforschen den hochauflösenden 3D-Druck mithilfe lichtbasierter Verfahren. Die Vision: winzige 3D-Drucker, die eines Tages biologisches Gewebe direkt im Körper aufbauen können. (Bild: Uli Regenscheit, Universität Stuttgart)

Eine neue Nachwuchsgruppe an der Universität Stuttgart erforscht den Aufbau von biologischem Gewebe mit endoskopischer Mikrooptik.

Dr. Andrea Toulouse vom Institut für Technische Optik erhält von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Programms CZS Nexus eine mit 1,8 Millionen Euro dotierte Förderung für den Aufbau einer neuen Nachwuchsgruppe. Die Wissenschaftlerin forscht im Bereich der Mikrooptik und des faserbasierten 3D-Drucks. Ihre Vision sind 3D-Drucker, die eines Tages biologisches Gewebe direkt im Körper aufbauen können.

„Eine eigene, unabhängige Nachwuchsgruppe gibt mir die Chance, den endoskopischen 3D-Druck in eigener Verantwortung und in großer Freiheit weiter voranzubringen“, freut sich Toulouse. „Mit zwei Doktoranden aus den Ingenieurswissenschaften und einem aus der Biotechnologie wird die Gruppe zudem interdisziplinär ausgerichtet sein. Das ist wichtig, da die Entwicklung eines sinnvoll einsetzbaren Bio-3D-Druckers eine Forschungsaufgabe darstellt, die nur fachübergreifend gelöst werden kann.”

3D-Druckverfahren mit Hilfe von Licht sind heute schon recht verbreitet, um im Labor zum Beispiel Knorpel-, Muskel-, oder Lungengewebe herzustellen. Im zweiten Schritt muss dann jedoch immer eine komplikationsanfällige Implantation folgen, da typische Drucker viel zu groß für den Einsatz an Ort und Stelle sind. Praktischer wäre ein dünner, endoskopischer 3D-Drucker, der in den Körper eingeführt werden kann und Gewebe nahtlos dort druckt, wo es später seinen Dienst verrichten soll.

3D-gedruckte Mikrooptik, „so klein wie ein Salzkorn“

Diese Lücke will die neue Forschungsgruppe mit dem Namen „3D Endoscopic Microfabrication“ (3DEndoFab) schließen. Die zentralen Bausteine sind dabei die Miniaturisierung, der Einsatz lichtbasierter Verfahren mit einer hohen Auflösung sowie der Ersatz der bisher verwendeten biologisch nicht abbaubaren Fotolacke durch Biotinten, erläutert die Universität Stuttgart.

„In unserer Gruppe wollen wir eine 3D-gedruckte Mikrooptik entwickeln, die so klein ist wie ein Salzkorn und auf der Spitze einer Glasfaser sitzt. Dort soll sie Licht so formen, dass auch komplexe Gewebestrukturen in 3D gedruckt werden können, und zwar mit Mikrometer-Auflösung und damit im Maßstab von Körperzellen“, erklärt Toulouse. Mit ihrer Nachwuchsgruppe möchte sie zunächst die Technologie schaffen.

Ein enger interdisziplinärer Austausch mit Prof. Michael Heymann vom Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme soll darüber hinaus auch grundsätzliche biologische Fragen adressieren: Könnten etwa kleine Klettergerüste den körpereigenen Zellen genau vorgeben, wie sie wachsen sollen? Und ließe sich so ein Regenerationsprozess in Gang setzen, der vom Körper selbstständig vervollständigt werden kann?

Dass 3D-Druck durch eine optische Faser prinzipiell möglich ist, konnte bereits im Rahmen des Vorgängerprojekts „EndoPrint3D“ gezeigt werden, in dem Toulouse als Sprecherin gemeinsam mit Prof. Alois Herkommer (Institut für Technische Optik), Prof. Michael Heymann und Prof. Harald Giessen (4. Physikalisches Institut), ebenfalls mit Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung, den endoskopischen 3D-Druck mit ultrakurzen Femtosekundenpulsen testen konnte. Darauf aufbauend lauten die zentralen Forschungsfragen für die neue Gruppe 3DEndoFab nun: Welche Methoden des lichtbasierten 3D-Drucks sind für den endoskopischen Einsatz im biomedizinischen Kontext am besten geeignet? Und wie lässt sich der faserbasierte 3D-Druck minimalinvasiv, effizient und sicher umsetzen?

Ganzheitlicher Ansatz

Wichtig ist es Toulouse dabei, „die Dinge zu Ende zu denken“ und den Bogen zur Medizin zu schlagen. Um den Transfer in die klinische Anwendung zu fördern, wird sie ihre Gruppe in den neuen Forschungsverbund Bionic Intelligence Tübingen Stuttgart (BITS) unter dem Dach des Cyber Valley einbringen, dessen Co-Sprecher Prof. Syn Schmitt bereits den Förderantrag unterstützt hat, so die Universität Stuttgart. Auch der Profilbereich Biomedical Systems and Robotics for Health der Universität Stuttgart werde durch die Nachwuchsgruppe gestärkt und es könnten sich vielfältige Chancen für interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern im Profilbereich ergeben.